Von der Minettmetropole zum Anziehungs- und Entwicklungszentrum

Ein Beitrag des CSV-Deputierten und Bezirkspräsidenten Norbert Haupert zum Südkongress.

Der Süden unseres Landes hat sich während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorwiegend um die Standorte der Eisenhütten (Esch-Alzette, Beles, Schifflingen, Düdelingen, Differdingen, Rümelingen und Rodingen) sowie an den Knotenpunkten der Eisenbahnlinien (Bettemburg und Petingen) entwickelt.

Schnell hatten die Gemeindeverantwortlichen der Minettgegend verstanden, dass eine leichtere und flexiblere Infrastruktur als die Eisenbahn die Mobilität ihrer Bürger ortschaftsübergreifend sowie zwischen Wohnung und Arbeitsplatz besser sichern könnte, und gründeten das interkommunale Straßenbahnsyndikat. So beförderte während einem halben Jahrhundert die gute alte Straßenbahn, über die Schiene, die Leute von Esch nach Schifflingen, über den “Kayler Poteau” nach Kayl und von da aus nach Düdelingen bzw. nach Rümelingen sowie über Beles nach Differdingen und bis nach Rodingen.

Tiefgreifende Veränderungen

Heute hat der Busbetrieb die Straßenbahn ersetzt. Esch-Alzette war Mittelpunkt und Drehscheibe dieses sozio-ökonomischen Gebildes, Sitz einer Reihe von Verwaltungen und verfügte als einzige Ortschaft des Südens über sekundäre Lehranstalten, was der Stadt zu Recht den Titel “Minettmetropole” einbrachte.

Die zweite Hälfte des Jahrhunderts brachte tiefgreifende Veränderungen für unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft, die den Süden unseres Landes besonders prägten. Die Krise in der Stahlindustrie, die einen drastischen Abbau der Arbeitsplätze in den Hüttenwerken bewirkte, hatte ebenfalls eine tiefgreifende Änderung der Bewegungsströme unserer aktiven Bevölkerung zur Folge. Neue Arbeitsplätze wurden durch junge Betriebe, welche sich nicht immer an den öffentlichen Verkehrsanbindungen niederließen, geschaffen.

Diversifikation der Wirtschaft

Die Diversifikation unserer Wirtschaft, und der sich daraus ergebende Aufschwung unseres Wohlstands zog viele Arbeiter aus der Fremde und dem nahen Grenzgebiet nach Luxemburg. Grosseinkaufsflächen ließen sich auf der grünen Wiese nieder und die Zahl der innerortschaftlichen Geschäfte nahm zusehends ab. Handwerksbetriebe wurden wegen ihrer Unbequemlichkeit aus dem Innern der Ortschaften in Aktivitätszonen verdrängt.

Kleinere Landgemeinden wie Mamer, Monnerich, Niederkerschen und Steinfort um nur einige zu erwähnen, entwickelten sich zu größeren Geschäftszentern. Düdelingen und Petingen bekamen eine postprimäre Lehranstalt. Die Mobilität unserer Bürger benötigte eine größere Flexibilität, welche der öffentliche Transport nicht bieten konnte. Der schnelle Anstieg der Zahl der privaten Autos, Folge eines zunehmenden Wohlstands, konnte diesem Trend zu größerer Flexibilität im Transportwesen entgegenkommen.

Mobilität und Flexibilität

Der Personentransport verlagerte sich vom öffentlichen Schienen- und Busverkehr auf den privaten Autoverkehr. Autobahnen und Umgehungsstrassen mussten gebaut werden mit dem Resultat eines immer zunehmenden Straßenverkehrs und den Folgen die sich daraus ergeben: unbequeme Staus, unnütziger Stress und zunehmende Unfälle.

Die Entwicklung unseres Landes konnte nicht weiterhin unkoordinierten Beschlüssen lokaler Behörden und Ressortminister überlassen werden. Ein nationales Programm musste erstellt werden, welches die zukünftige Gestaltung unseres Landes auf den wichtigsten Gebieten der Landesentwicklung koordinieren soll. Wohnen, Arbeit und Freizeitgestaltung sollen näher zusammengebracht werden und auf lokaler Ebene weitgehend organisiert werden. Dadurch könnten eine Reihe von Bewegungsbedürfnissen abgebaut werden. Regionale Zentern und besonders die Anziehungs- und Entwicklungszentern sollen das lokale Angebot auf den Gebieten der Kultur, des Sports, der Erziehung, der Verwaltung, der Gesundheit und der Altersversorgung in der Region ergänzen bzw. erweitern.

Der öffentliche Transport soll so ausgerichtet werden, dass man sich schnell von den einzelnen Ortschaften aus über die regionalen und superregionalen Zentern in alle Himmelsrichtungen bewegen kann.

Landesentwicklungsplan

Der Stadt Luxemburg fällt in dieser Konstellation eine übergeordnete Rolle zu. Zwei Anziehungs- und Entwicklungszentern, einer im Süden und einer im Norden, sollen Dreh- und Angelpunkt dieser beiden Regionen werden. Im Süden des Landes soll Esch/Alzette die Position eines Anziehungs- und Entwicklungszentrums einnehmen. Differdingen, Düdelingen und Steinfort sollen die Rolle eines regionalen Zentrums übernehmen. Dadurch wird Esch/Alzette vom Dreh- und Angelpunkt der Minettgegend zum Zentrum des gesamten Südens aufgewertet.

Das Landesentwicklungsprogramm scheint verlockend auf dem Papier. Seine Umsetzung erfordert jedoch viel Verständnis der einzelnen Behörden und eine faire Zusammenarbeit der betroffenen Gemeinden.

Norbert Haupert

Abgeordneter

CSV Bezirkspräsident