Innenminister Michel Wolter im Revue-Interview zur Fusion der Gemeinden!
Revue: Warum unterstützt der Staat die Fusion der Gemeinden?
Michel Wolter: Die ursprüngliche Rolle der Gemeinden, für das Wohlergehen ihrer Einwohner zu sorgen, können kleine Gemeinden allein nicht bewältigen. In den 70er Jahren versuchte die Regierung Fusionen von oben herab zu dekretieren. Dies war ein Fehlschlag – es gab vier Fusionen und das war es. Um klarzukommen, kooperieren die Gemeinden seitdem im Rahmen von Syndikaten. Dort wird die meiste Arbeit erledigt. Wir wollen, dass die Gemeinden ihrer ursprünglichen Rolle wieder gerecht werden können. Es ist ja so – und manchmal sollte man sich den Aufbau des Staates in Erinnerung rufen – dass die Gemeinden bestehen, weil der Gesetzgeber es so will. Die Legislative definiert auch ihre Kompetenzen. Und solange der Gesetzgeber der Meinung ist, dass der Staat, im Sinne der Subsidiarität, die Gemeinden braucht, müssen wir auch dafür sorgen, dass sie fähig sind die nötigen Strukturen aufzubauen und den anwachsenden Forderungen gerecht zu werden.
Revue: Was bedeutet die Prämie von 2.500 Euro pro Einwohner, die der Staat den Gemeinden Bastendorf und Fouhren in Aussicht gestellt hat?
Michel Wolter: Es handelt sich nicht um eine Prämie, sondern um eine einmalige Unterstützung zugunsten der fusionierten Gemeinde. Das wird aber kein Blankoscheck. Mit dieser Summe hilft der Staat zunächst bei der Schuldentilgung. Dann müssen die Gemeinden uns konkrete Projekte vorlegen und uns über ihre Vorhaben informieren. Übrigens ist der Betrag von 2.500 Euro nicht aus der Luft gegriffen, sondern ergibt sich aus einer Hochrechnung von den Summen, die den fusionierten Gemeinden in den 70er Jahren gezahlt wurden.
Revue: Gibt es noch andere fusionsbereite Gemeinden?
Michel Wolter: Wilwerwiltz, Kautenbach und Eschweiler sind diesbezüglich bereits sehr weit fortgeschritten. Clerf, Munshausen und Heinerscheid sind ebenfalls in Richtung Fusion unterwegs. Allgemein sind Gemeinden, die Schulen gemeinsam betreiben, am ehesten an Fusionen interessiert.
Revue: Gibt es auch Südgemeinden, die Fusionswünsche an Sie herangetragen haben?
Michel Wolter: Nein. Es gibt Gemeinden im Osten, die an mich herangetreten sind. Aber ich musste versprechen, keine Namen zu nennen.
Revue: In den 70er Jahren gab es Bestrebungen, die Zahl der Gemeinden auf 30 zu reduzieren. Erlebt dieser Gedanke jetzt eine Wiedergeburt?
Michel Wolter: Im Gegensatz zu den 70 er jahren verordnen wir nichts. Wenn Gemeinden sich melden, schauen wir, ob sie zueinander passen. Falls dies der Fall ist, unterstützen wir die Fusionsbestrebungen. Niemand wird gezwungen. Obwohl eine Volksbefragung nicht obligatorisch ist, finde ich es sehr wichtig, dass die betroffenen Einwohner jeweils um ihre Meinung gefragt werden.
Aus “Lëtzebuerger Revue” am 23.10.2002