Zusätzliche Informationen zu den Vorstellungen der EVP-Gruppe im EuropäIschen Konvent betreffend die europäische Verfassung.
Lesen Sie an dieser Stelle zusätzliche Informationen zum Diskussionsentwurf der EVP-Gruppe im Europäischen Konvent, betreffend die Verfassung der Europäischen Union. Es soll der Weg sein für ein Europa der Transparenz und der Bürger.
Charta der Grundrechte
Eröffnet wird die Verfassung durch die Charta der Grundrechte mit ihren 54 Artikeln, sowie sie der Grundrechte-Konvent formuliert hat. Die Charta wird damit europäisches Verfassungsrecht und kann von jedem Bürger beim Europäischen Gerichtshof eingeklagt werden. Vorgesehen ist die Definierung eines speziellen Klageverfahrens.
Grundlage der Union sind die Bürger und die Mitgliedstaaten, heißt es im Dokument. Ausgehend von den bisherigen Verträgen fasst die europäische Verfassung diese in einer Rechtsgemeinschaft zusammen, in der Union und Mitgliedstaaten gegenseitig zu Loyalität verpflichtet sind. Auch sollen sie Rücksicht nehmen auf ihre jeweiligen Zuständigkeiten.
Rechtsperson namens Europäische Union
Das bisherige verzweigte und komplizierte Nebeneinander von EU und Europäischen Gemeinschaften sowie die Drei-Säulen-Struktur der EU wird im Interesse größerer Transparenz und einem Mehr an Bürgernähe durch eine vereinfachte Struktur ersetzt. “Es gibt nur noch eine Rechtsperson namens Europäische Union. An die Stelle intergouvernementaler Zusammenarbeit tritt ein supranationales Entscheidungsverfahren, das vor den Augen der Öffentlichkeit nach demokratischen Grundregeln stattfindet”, so der Kommentar der Autoren.
Kompetenzen der Union
Die Kompetenzen der Union werden im zweiten Teil des Entwurfs in einem eigenen Kapitel dargestellt und definiert. Gesetzgebung und Verwaltung in der Union sind danach den Mitgliedstaaten vorbehalten, soweit nicht die Verfassung der Union selbst eine Zuständigkeit zuweist. Die Zuständigkeiten der Union sind im Text der Verfassung aufgeführt. Die Kompetenzen sind dabei entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil zur Tabakwerberichtlinie präziser, klarer und schärfer gefasst worden.
Im Mittelpunkt des Kompetenzkapitels, steht das Subsidiaritätsprinzip, wo drei neue Elemente vorgesehen sind:
Eine klare Definition: Eine Tätigkeit der Union ist nur dann zulässig, wenn erstens, eine Maßnahme auf nationaler Ebene nicht ausreichend ist und zweitens, deutlich nachgewiesen ist, dass diese Maßnahme tatsächlich wirksamer von der Union realisiert werden kann.
Eine gestärkte politische Kontrolle: Die Kommission wird verpflichtet, ihr Jahresgesetzgebungsprogramm umgehend den nationalen Parlamenten zuzuleiten, die gegebenenfalls – auch das ist neu – die Kommission zu einer begründeten Stellungnahme auffordern können.
Die intensivere rechtliche Kontrolle: Die Institutionen der Union, jedoch ebenfalls jede Regierung und jedes nationale Parlament haben das Recht, vor Erlass einer Maßnahme ein Gutachterverfahren beim EuGH einzuleiten, wobei während des Gesetzgebungsverfahrens die Einhaltung der Kompetenzregeln der Verfassung überprüft wird. Nach Erlass einer Maßnahme soll eine Nichtigkeitsklage wegen Kompetenzverletzung beim EuGH erhoben werden können. Solche Kompetenzstreitigkeiten sollen stets von einer spezialisierten Kompetenzkammer des EuGH entschieden werden.
Weitere wesentliche Neuerungen sieht der Verfassungsentwurf ebenfalls bei den Institutionen der Union vor.
So wird erstmals festgeschrieben, dass Parlament und Rat gemeinsam die Legislative der Union bilden, die in einem einheitlichen Gesetzgebungsverfahren Unionsgesetze und Unionsrahmengesetze erlässt.
Der Rat wird verpflichtet als Mitgesetzgeber der Union, seine Sitzungen stets öffentlich zu halten. Bisher waren eigentlich nur die Sitzungen des Parlamentes öffentlich. Die bisherige Praxis, wesentliche gesetzgeberische Entscheidungen an Fachministerräte zu delegieren, wird somit ebenfalls beseitigt!
Die Kommission wird als Exekutive der Union gestärkt. So überträgt der Verfassungsentwurf vor allem die Außenvertretung der Union der Kommission. Ein Kommissar für Auswärtige Beziehungen tritt an die Stelle des bisher beim Rat angesiedelten Hohen Vertreters.
Für die Ernennung des Kommissionspräsidenten ist im Verfassungsentwurf eine Wahl durch das Europäische Parlament vorgesehen, die allerdings vom Rat bestätigt werden muss. Die übrigen Mitglieder der Kommission werden vom Kommissionspräsidenten im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten benannt und nach individueller Anhörung des Parlaments auch gewählt. Auch diese Wahl bedarf dann noch der Bestätigung durch den Rat.