Es kommt Schwung in die Sache mit den Industriebrachen, Herr Wolter. Wie weit sind die Vorarbeiten fortgeschritten?
Michel Wolter: Die Nutzung der Industriebrachen ist ein aufwendiges Projekt, das nicht im Hauruck-Verfahren umgesetzt werden kann. Immerhin geht es, global gesehen, um 1200 Hektar Land. In einer ersten Phase werden etwa 650 Hektar einer neuen Zweckbestimmung zugeführt. Als Grundlage dient immer noch die Agiplan-Studie, in der vier Kerngebiete ausgewiesen werden: Belval- West, das ,,Terre-Rouge-Areal”, die Schlackenhalde in Ehleringen und der Westteil von Rodange. Was die Vorarbeiten anbelangt, so steht das Konzept, das nach eingehenden Gesprächen mit allen Betroffenen, erstellt worden ist.
Und wie sieht dieses Konzept aus?
Michel Wolter: Der Staat und die Arbed, als Eigentümer der brachliegenden Gelände, werden im Rahmen einer privatrechtlichen Entwicklungsgesellschaft Verantwortung übernehmen. Jeder Partner bringt sozusagen seine Mittel in diese Gesellschaft mit ein. Die Arbed die Grundstücke, wir das nötige Kapital zur Schaffung adäquater Rahmenbedingungen.
Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die betroffenen Gemeinden?
Michel Wolter: Die Gemeinden werden in der Entwicklungsgesellschaft vertreten sein. Aber damit nicht genug. Für jedes zu sanierende Areal werden individuelle Komitees eingesetzt. Auf diese Art und Weise wird das Mitspracherecht der lokalen Verantwortlichen garantiert. Nicht zu vergessen auch die Möglichkeit der Einflußnahme, die die kommunalen Autoritäten im Rahmen des Entwicklungsplans Süden haben. Darüber hinaus sind die Gemeinden bei der Verwirklichung aller möglichen Projekte im Rahmen der normalen Genehmigungsprozedur nicht zu umgehen.
Bleiben wir bei der Einbeziehung der Gemeinden. Einige kommunale Größen haben bedauert, daß sie nicht genügend über die Regierungspläne informiert wurden?
Michel Wolter: Jeder ist dafür verantwortlich was er sagt. In diesem präzisen Fall sieht die Welt allerdings ein bißchen anders aus, als es LSAP-Kommunalpolitiker beschreiben. Wie gesagt fanden mehr als 50 Gespräche und Anhörungen statt. Niemand wurde überrumpelt oder gar vor vollendete Tatsachen gestellt. Und das soll auch in Zukunft nicht der Fall sein. Ich bin jedenfalls gewillt, mit den Gemeinden und mit dem Parlament zu dialogieren und gezielt auf Information zu setzen.
Nun zu den Inhalten. Welche neuen Infrastrukturen werden auf den ehemaligen Industriestandorten entstehen?
Michel Wolter: Eins vorweg: Die Nutzung der Industriebrachen wird breit gefächert. Die Palette möglicher Projekte reicht vom Wohnungsbau über die Schaffung neuer Kulturinfrastrukturen bis hin zur Einrichtung neuer Verwaltungen und Ansiedlung moderner Betriebe. Es ist jedoch zu früh, genau zu sagen, was beispielsweise nach Esch/Belval kommen wird. Die Zweckbestimmung der Industriebrachen darf nicht von oben herab dekretiert werden.
Sie sprachen von insgesamt 1200 Hektar Land. Das ist kein Pappenstiel.
Michel Wolter: Das stimmt, deshalb darf die Nutzung der Industriebrachen nicht von einem landesplanerischen Gesamtkonzept losgelöst werden.
Ein Konzept für das ganze Land, für alle Regionen.
Michel Wolter: Ja, das ist es, was wir wollen. Unser Ziel ist es nicht, Regionen gegeneinander auszuspielen. Die Nutzung der Industriebrachen ist ein Teil, wenn auch kein unwesentlicher, eines Ganzen. Ich nenne in diesem Zusammenhang die Dezentralisierung der Verwaltung, die in Sachen Industriebrachen eine Rolle spielen wird. Aber die Dezentralisierung darf nicht auf das Projekt Industriebrachen beschränkt werden.
Im Rahmen einer Pressekonferenz wird Minister Michel Wolter am Mittwoch, den 31. Mai weitere Schwerpunkte, Initiativen und Aspekte in Sachen Industriebrachen darlegen und erörtern.