Eine große Herausforderung für die Luxemburger Politik ist der komplexe Themenbereich der Jugend in Not. In seinem Bericht über das nationale Justizwesen beleuchtete Lucien Weiler 1998 detailliert die Probleme jener Heranwachsenden, die nicht das Glück haben in einem behüteten und geordneten familiären Umfeld aufzuwachsen. Die diesbezüglich vom CSV-Fraktionspräsidenten formulierten Schwerpunkte und Handlungsansätze wurden von Jean-Claude Juncker in der Erklärung zur Lage der Nation von 1998 aufgegriffen.
Um was geht es genau? Viele Kinder und Jugendliche sehen sich in ihrem direkten Umfeld mit gravierenden Problemen konfrontiert, wie Langzeitarbeitslosigkeit, Überschuldung und Scheidung. Auch Alkoholismus und Drogenabhängigkeit können zu diesen Problemen gehören. Und am schlimmsten ist wohl, wenn Kinder misshandelt werden.
Die Zerrüttung des familiären Umfeldes lässt Herananwachsende in einer bedrückenden Sprachlosigkeit vereinsamen. Sie haben niemanden, an den sie sich mit ihren Problemen und Sorgen wenden können.
Oft hat das als unmittelbare Folge schwere Verhaltensstörungen, die sich in der Unfähigkeit ausdrücken, sich in einer Gruppe einzuordnen oder konsequent die Verwirklichung der eigenen Wünsche und Hoffnungen anzugehen. Die Zerstörung der persönlichen Lebenschancen und das Ohnmachtsgefühl das damit einhergeht, bewirken oft eine zunehmende Agressivität, die schlimmstenfalls in kriminellem Verhalten mündet.
Angesichts einer “Jugend in Not”, die selbst nicht auf ihre Probleme aufmerksam machen kann, stellt es also für die Politik eine ebenso noble wie notwendige Aufgabe dar, entschlossen zu handeln. Ein entsprechender Konsens müsste folglich in unserer politischen Landschaft außer Frage stehen. Doch dem ist nicht so! Der Vorschlag der CSV, eine Spezialkommission zur Vorbereitung einer Orientierungsdebatte einzusetzen, stieß auf die Ablehnung von LSAP und Déi Gréng. Die LSAP, deren Fraktionspräsident ständig Maßnahmen zur Aufwertung des Parlaments einfordert, klagte über die zunehmende Arbeitsbelastung in den Kommissionen. Déi Gréng indes befanden, dass das Gefängniswesen in der parlamentarischen Rechtskommission vernachlässigt würde. Für sie war die Schaffung einer Sonderkommission über das Gefängniswesen dringlicher als die Einsetzung einer Spezialkommission zum Thema Jugend in Not.
Das Verhalten beider Parteien muss den politisch interessierten Beobachter in Erstaunen versetzen.
Schließlich sind es diese zwei Parteien, die den anderen Parteien ständig vorwerfen, die Gefahren der sozialen Ausgrenzung nur ungenügend zu beachten.
Das drängende Thema Jugend in Not im Hintergrund zu belassen, verwundert allemal bei Parteien, deren Vertreter lauthals beanspruchen, für eine Politik zu stehen, die niemanden am Strassenrand zurückläßt.
Erna Hennicot-Schoepges CSV-Parteipräsidentin