Entwurf der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
August 2000
PRÄAMBEL 1. Die Völker Europas haben untereinander eine immer engere Union begründet und beschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zuteilen.
2. Die Union gründet sich auf die unteilbaren und universellen Grundsätze der Würde der Männer und der Frauen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität; sie beruht auf dem Grundsatz der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit.
3. Die Union trägt zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei; sie stellt durch den freien Personen-, Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung sicher.
4. Mit der Annahme dieser Charta möchte die Union die Grundrechte sichtbarer machen und dadurch ihren Schutz angesichts der Entwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen verstärken.
5. Diese Charta bekräftigt unter Achtung der Befugnisse und Aufgaben der Gemeinschaft und der Union und des Subsidiaritätsprinzips die Rechte, die sich vor allem aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten, aus dem Vertrag über die Europäische Union und aus den Gemeinschaftsverträgen, aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus den von der Gemeinschaft und dem Europarat beschlossenen Sozialchartas sowie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben.
6. Die Inanspruchnahme dieser Rechte ist mit Verantwortlichkeiten und Pflichten sowohl gegenüber den Mitmenschen als auch gegenüber der menschlichen Gemeinschaft und den künftigen Generationen verbunden.
7. Daher sind jeder Person die nachstehend aufgeführten Rechte und Freiheiten garantiert.
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Kapitel 1: Würde des Menschen
Artikel 1 Würde des Menschen
Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.
Artikel 2 Recht auf Leben
(1) Jede Person hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.
Artikel 3 Recht auf Unversehrtheit
(1) Jede Person hat das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
(2) Im Rahmen der Medizin und der Biologie müssen insbesondere folgende Grundsätze eingehalten werden:
– freie Einwilligung der betroffenen Person nach vorheriger Aufklärung;
– Verbot eugenischer Praktiken, insbesondere derjenigen, welche die Auswahl von Personen zum Ziel haben;
– Verbot, den menschlichen Körper und Teile davon zur Erzielung von Gewinnen zu nutzen;
– Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen.
Artikel 4 Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Artikel 5 Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
(1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden
(2) Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
(3) Menschenhandel ist verboten.
? Kapitel II: Freiheiten
Artikel 6 Recht auf Freiheit und Sicherheit
Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.
Artikel 7 Achtung des Privat- und Familienlebens
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.
Artikel 8 Schutz personenbezogener Daten
Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Personen oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.
Artikel 9 Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen
Das Recht, eine Ehe einzugehen, und das Recht, eine Familie zu gründen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen gewährleistet, welche die Ausübung dieser Rechte regeln.
Artikel 10 Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit an deren öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht, Bräuche und Riten zu bekennen.
Artikel 11 Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
(2) Die Medien und die Informationsfreiheit werden unter Achtung des Pluralismus und der Transparenz gewährleistet.
Artikel 12 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht, sich insbesondere im politischen, gewerkschaftlichen und staatsbürgerlichen Bereich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen.
2) Politische Parteien auf europäischer Ebene tragen dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.
Artikel 13 Freiheit der Forschung
Die Forschung ist frei.
Artikel 14 Recht auf Bildung
(1) Jede Person hat das Recht auf Bildung sowie auf Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung. Dieses Recht umfasst die Möglichkeit, unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen. `
(2) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Regeln für ihre Ausübung gewährleistet.
Artikel 15 Berufsfreiheit
(1) Jede Person hat das Recht, einen frei gewählten Beruf auszuüben, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
(2) Alle Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen oder in Anspruch zu nehmen.
(3) Die Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen, die denen der Unionsbürger entsprechen.
Artikel 16 Unternehmerische Freiheit
Die unternehmerische Freiheit wird anerkannt.
Artikel 17 Eigentumsrecht
(1) Jede Person hat das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen; zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Interesses und nur in den Fällen und unter den Bedingungen, die in einem Gesetz vorgesehen sind, sowie gegen eine angemessene Entschädigung. Die Nutzung des Eigentums darf geregelt werden, soweit dies im Allgemeininteresse erforderlich ist.
(2) Geistiges Eigentum wird geschützt.
Artikel 18 Asylrecht
Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet.
Artikel 19 Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung
(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.
(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem ihm die Todesstrafe, Folter oder andere unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung droht.
? Kapitel III: Gleichheit
Artikel 20 Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Menschen, Männer und Frauen, sind vor dem Gesetz gleich.
Artikel 21 Gleichheit und Nichtdiskriminierung
(1) Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe; der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.
(2) Im Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union ist unbeschadet der besonderen Bestimmungen dieser Verträge jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
Artikel 22 Gleichheit von Männern und Frauen
(1) Die Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den Bereichen Arbeit und Beschäftigung, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit, sind sicherzustellen.
(2) Der Grundsatz der Gleichbehandlung steht der Beibehaltung oder der Einführung spezifischer Vergünstigungen zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung oder zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn nicht entgegen.
Artikel 23 Schutz der Kinder
(1) Kinder haben Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für ihr Wohlergehen notwendig sind. Sie können ihre Meinung frei äußern. Ihre Meinung wird in den Angelegenheiten, die sie betreffen, in einer ihrem Alter und ihrem Reifegrad entsprechenden Weise berücksichtigt.
(2) Bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher oder privater Einrichtungen muss das übergeordnete Interesse des Kindes eine vorrangige Erwägung sein.
Artikel 24 Integration von behinderten Menschen
Behinderte Menschen haben Anspruch darauf, dass für sie Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft getroffen werden.
? Kapitel IV: Solidarität
Artikel 25 Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im Unternehmen
Für die Arbeitnehmer und ihre Vertreter muss eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung zu den sie betreffenden Fragen im Unternehmen nach dem Gemeinschaftsrecht und nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten gewährleistet sein.
Artikel 26 Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmassnahmen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben das Recht, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen zu ergreifen.
Artikel 27 Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst
Jede Person hat das Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst.
Artikel 28 Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung
Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.
Artikel 29 Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
(2) Jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
Artikel 30 Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz
(1) Kinderarbeit ist verboten. Unbeschadet günstigerer Vorschriften für Jugendliche und abgesehen von begrenzten Ausnahmen darf das Mindestalter für den Eintritt in das Arbeitsleben das Alter, in dem die Schulpflicht endet, nicht unterschreiten.
(2) Zur Arbeit zugelassene Jugendliche müssen ihrem Alter angepasste Arbeitsbedingungen erhalten und vor wirtschaftlicher Ausbeutung und vor jeder Arbeit geschützt werden, die ihre Sicherheit, ihre Gesundheit, ihre körperliche, geistige, sittliche oder soziale Entwicklung beeinträchtigen oder ihre Erziehung gefährden könnte.
Artikel 31 Einklang voll Familien- und Berufsleben
(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Jede Person muss Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen können.
Dies umfasst insbesondere das Recht auf Schutz vor Entlassung bei Mutterschaft sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.
Artikel 32 Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die bei Mutterschaft, bei Krankheit, bei einem Arbeitsunfall, bei Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
(2) Arbeitnehmer, die Angehörige eines Mitgliedstaats sind und ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, sowie ihre Familienangehörigen haben Anspruch auf die gleichen Leistungen der sozialen Sicherheit, auf die gleichen sozialen Vergünstigungen und auf den gleichen Zugang zur Gesundheitsfürsorge wie die Angehörigen dieses Mitgliedstaats.
(3) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Wohnungsbeihilfe, die für jede Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, ein menschenwürdiges Dasein sicherstellen sollen, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Artikel 33 Gesundheitsschutz
Jede Person hat das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge und Inanspruchnahme von ärztlicher Versorgung nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Artikel 34 Zugang zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
Die Union achtet den Zugang zu den Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.
Artikel 35 Umweltschutz
Der Schutz und die Erhaltung einer Umwelt mit guter Lebensqualität sowie die Verbesserung der Umweltqualität unter Berücksichtigung des Grundsatzes der nachhaltigen Entwicklung werden durch alle Politiken der Union sichergestellt.
Artikel 36 Verbraucherschatz
Die Politiken der Union stellen ein hohes Niveau des Schutzes der Gesundheit, Sicherheit und Interessen der Verbraucher sicher.
? Kapitel V Bürgerrechte
Artikel 37 Aktives und passives Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament
(1) Jeder Unionsbürger besitzt in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
(2) Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl gewählt.
Artikel 38 Aktives und passives Wahlrecht bei den Kommunalwahlen
Jeder Unionsbürger besitzt in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.
Artikel 39 Recht auf eine gute Verwaltung
(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.
(2) Dieses Recht umfasst insbesondere
– das Recht einer jeden Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige, individuelle Maßnahme getroffen wird,
– das Recht einer jeden Person auf Zugang zu den sie betreffenden Akten unter Wahrung des legitimen Interesses der Vertraulichkeit und des Geschäftsgeheimnisses,
– die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.
(3) Jede Person hat Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ersetzt, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
(4) Jede Person kann sich in einer der Amtssprachen der Organe der Union an diese wenden und eine Antwort in derselben Sprache erhalten.
Artikel 40 Recht auf Zugang zu Dokumenten
Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission.
Artikel 41 Der Bürgerbeauftragte
Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht, den Bürgerbeauftragten der Union im Falle von, Mißständen in der Verwaltung der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, mit Ausnahme- des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.
Artikel 42 Petitionsrecht
Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht, eine Petition an das Europäische Parlament zu richten.
Artikel 43 Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2) Staatsangehörigen dritter Länder, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union aufhalten, kann gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Freizügigkeit gewährt werden.
Artikel 44 Diplomatischer und konsularischer Schutz
Jeder Unionsbürger genießt im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht vertreten ist, den Schutz der diplomatischen und konsularischen Stellen eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates.
? Kapitel VI: Justitielle Rechte
Artikel 45 Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
(1) Jede Person, deren Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
(2) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person hat die Möglichkeit, sich beraten, verteidigen und vertreten zu lassen.
(3) Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Artikel 46 Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte
(1) Jede angeklagte Person gilt bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
(2) Jeder angeklagten Person wird die Achtung der Verteidigungsrechte gewährleistet.
Artikel 47 Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit in Zusammenhang mit Straftaten und Strafen
(1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihre Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere Strafe als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach Begehung dieser Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist diese zu verhängen.
(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass jemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt oder bestraft wird, die zur Zeit ihrer Begehung nach internationalem Recht strafbar war.
(3) Das Strafmaß muss im Verhältnis zur Schwere der Straftat stellen.
Artikel 48 Recht, wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft zu werden
Niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits nach dem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraft werden.
? Kapitel VII: Allgemeine Bestimmungen
Artikel 49 Anwendungsbereich
(1) Diese Charta gilt für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten.
(2) Diese Charta begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Gemeinschaft und für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.
Artikel 50 Tragweite der garantiertes Rechte
(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muß durch das zuständige Gesetzgebungsorgan vorgesehen werden. Einschränkungen dürfen – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismüßigkeit nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind. und den von der Union verfolgten Zielsetzungen von allgemeinem Interesse, anderen legitimen Interessen in einer demokratischen Gesellschaft oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in den Gemeinschaftsverträgen oder im Vertrag über die Europäische Union begründet sind, erfolgt im Rahmen der darin festgelegten Bedingungen und Grenzen.
(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie eine den in der genannten Konvention eingeräumten Rechten entsprechende Bedeutung und Tragweite, sofern diese Charta nicht einen höheren oder umfassenderen Schutz gewährleistet.
Artikel 51 Schutzniveau
Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Völkerrecht und die internationalen Übereinkommen, bei denen die Union, die Gemeinschaft oder alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie die Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden.
Artikel 52 Verbot des Missbrauchs der Rechte
Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist.