Abgeordnete sind keine Richter
von Lucien Weiler, CSV-Fraktionspräsident
Das parlamentarische Nachspiel der so genannten Telephonaffäre ist vorbei. Mehr als vier Stunden beschäftigten sich die Abgeordneten am Mittwoch (11.10.2000) mit Fragen betreffend den Schutz der Privatsphäre, die Bürgerrechte, den Quellenschutz im Pressewesen sowie den Umgang mit Berufsgeheimnissen im öffentlichen Dienst. Parallel dazu wurden die Befugnisse der einzelnen Justizbehörden und das Verhältnis zwischen diesen Behörden und dem Justizminister angesprochen.
Die Debatte – und das war gut so – verlief über weite Strecken fair und betont sachlich. Gleichermaßen positiv
ist das, was im Endeffekt die Sprecher der einzelnen Fraktionen zum Ausdruck brachten, nämlich die Deckungsgleichheit der jeweiligen Positionen in wesentlichen Fragen der Rechtsstaatlichkeit. Es gibt sicherlich unterschiedliche Meinungen, wenn es ums Detail geht. Doch an den Fundamenten unseres rechtsstaatlichen Systems wurde in der Kammer nicht gerüttelt. In diesem Kontext wurde ausdrücklich festgehalten, dass der Justizminister dem Untersuchungsrichter keine Anweisungen zu geben hat und kein Recht besitzt, in laufende Gerichtsverfahren einzugreifen.
Im Parlament wurde kritisch analysiert, mehr oder weniger vehement hinterfragt und mit Nachdruck auf mögliche Verbesserungen hingewiesen. Dabei wurde ausnahmslos und mit Vehemenz für das Prinzip der Gewaltentrennung und für einen starken und effizienten Schutz der Privatsphäre der Bürger eingetreten.
Alles in allem eine konstruktive Debatte. Doch man kommt nicht umhin, einige Momente der Diskussionen nochmals hervor zu streichen und zu kommentieren. Zum Beispiel den groben Schnitzer des LSAP- Interpellanten gleich zu Beginn der Diskussionen. Er ließ sich dazu verleiten als Vertreter der Legislative ziemlich ungestüm in ein laufendes Verfahren einzugreifen, dies als er das prozedurale Vorgehen der Ermittlungsbehörden als Zauber qualifizierte.
Ebenso ungestüm wie unvorsichtig agierte der LSAP-Präsident. Herr Asselborn, der noch vor einigen Tagen, den Justizminister quasi dazu aufgefordert hatte, sich in die LSAP-Telephonaffäre einzumischen, schickte sich nun an den Beweis dafür zu erbringen, dass die CSV den Justizapparat am Gängelband führe. Dabei scheute der Frontmann der LSAP nicht davor zurück, die Grenzen des guten Geschmacks und des politischen Anstands punktuell zu überschreiten.
Die Herren Bodry und Asselborn, und mit ihnen die LSAP, haben durch einige zum Teil peinliche Pannen mit dem Versuch, politisches Kapital aus einer Prinzipiendiskussion zu schlagen, Schiffbruch erlitten. Als pikanter Begleitumstand kommt hinzu, dass sich beide Redner nicht gerade durch eine einheitliche Positionierung auszeichneten. Mit dem Resultat, dass nun vor allem der LSAP-Parteipräsident sprichwörtlich im Regen steht.
Eins wurde an diesem Mittwoch am Krautmarkt wiederum klar: Politiker sollen und müssen sich an die verfassungsmäßige Rollenverteilung halten. Demnach muß das Parlament, wenn es in der Tat zu ungesunden Entwicklungen oder Unregelmäßigkeiten kommt, prinzipielle Diskussionen führen und danach Verantwortung als gesetzgebende Kraft übernehmen. Das Parlament ist aber kein Gerichtssaal und die Abgeordneten sind keine Richter.
Lucien Weiler CSV-Fraktionspräsident