Zurück aus dem Straßburger Exil?
Rückblick: Der 13. Juni 1999 ist ein bitterer Tag für die Sozialistische Arbeiterpartei. Vier Sitze gehen verloren. Spitzenkandidat Goebbels gesteht die herbe Niederlage ein. Er zieht Parallelen mit 1979, übernimmt Verantwortung für die Abwahl der LSAP und kündigt den Gang in die Opposition an. Er wird seiner Rolle als Spitzenkandidat gerecht.
Um den streitbaren sozialistischen Spitzenkandidaten und Liebhaber kantiger Sprüche wird es nach dem 13. Juni 1999 allerdings ruhig. In der LSAP proben derweil die jungen Wilden den Aufstand. Das Tandem Bodry/Krecké nutzt die Gunst der Stunde. Selbstbewußt wollen die beiden selbsternannten Erneuerer die Partei reformieren, das inhaltliche Profil der Sozialisten schärfen und diese aus der Opposition herausführen.
Ein politischer Leader solls richten. Doch dieser heißt nicht Goebbels. Nein, der abgekämpfte Minister und gescheiterte Spitzenkandidat geht (freiwillig?) nach Straßburg. Es scheint, als wolle er nicht mehr wissen von all dem, was in Luxemburg war. Er agiert lustlos, er , der ansonsten Wortgewaltige. Er wirkt teilnahmslos. Sogar das Rennen um den Präsidentenstuhl bringt ihn nicht sonderlich aus der Ruhe. Der Tatendrang des einst für seinen Dynamismus geschätzten und ebenso gefürchteten Politikers hält sich in sehr engen Grenzen.
Robert Goebbels und der Neuanfang in der LSAP, das sind zwei verschiedene Kapitel. Oder etwa doch nicht? – Knapp 300 Tage (!) nach dem Debakel vom 13. Juni meldet sich Robert Goebbels zurück und das genau an dieser Stelle, als Gastkommentator im ,,Luxemburger Wort” (siehe LW vom vergangenen Freitag). Er kann es also doch nicht lassen und rechnet in gewohnt demagogischer Manier mit dem neuen Kabinett von Premier Juncker ab. Besonders schweres Geschütz fährt er gegen die Liberalen auf, die als Juniorpartner der CSV nun den Part übernommen haben, den die LSAP 15 Jahre spielen durfte.
Im sozialistischen Lager dürfte die nationalpolitische Rückkehr von Robert Goebbels aus dem Straßburger Exil manch einem Kopfzerbrechen bereiten. Hatte man es nach dem Theatercoup von Rümelingen mit viel Not und Müh endlich wieder geschafft, Ruhe herzustellen und ansatzweise Ordnung in den internen Krabbenkorb zu bringen, sieht die Welt wieder ganz anders aus. Neben den Herren Asselborn, Bodry, Di Bartolomeo und Krecké ist Robert Goebbels nunmehr der fünfte ambitiöse Kandidat für das Leadership der LSAP im Hinblick auf die Wahlen im Jahr 2004. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg, besonders für eine Partei, deren Spitzenleute offenbar 300 Tage brauchen, um Wahlresultate zu verdauen und die eigene Langsamkeit zu entdecken.
Marc Glesener