“Es fehlt an historischen Bewusstsein”
In einem in dieser Woche veröffentlichten Interview mit der österreichischen Tageszeitung “Kurier” bemängelt Premierminister Juncker die Führungsschwäche in der europäischen Union. “Es gibt keinen europäischen Politiker in meiner Generation, der aus eignem heraus zur Einsicht gekommen ist, dass Europa aus Gründen der Kriegsverhinderung integriert werden muss. Am Tisch der Staats- und Regierungschefs geben sich viele im Umgang mit der Geschichte blasiert”. Die Achse Paris- Berlin bezeichnete er als für unverzichtbar, doch “wenn der europäische Wagen nur nach dem deutsch-französischen Takt fährt, gerät der Motor ins Stottern”, so einschränkend Jean-Claude Juncker.
Der Regierungschef ist nach wie vor davon überzeugt, dass der Vertrag von Nice gescheitert wäre, wenn es nicht den Euro gegeben hätte, und diesen wiederum würde es ohne Kohl und Mitterrand nicht geben. “Der Euro ist der Vater aller europäischer Gedanken”.
Mit Blick auf die nächste Reformkonferenz mahnt der Premier davor aufzupassen, dass sich nicht jene durchsetzen, die der Meinung sind, das meiste wäre schon erreicht. Die eigentliche Zukunftsaufgabe sei die alte Frage von Krieg und Frieden. Deshalb müsse das europäische Gefüge so gefestigt werden, dass nationale Alleingänge keine Chance mehr haben, so Jean-Claude Juncker im Ende Januar 2001 Wiener Kurier.