D’Agrargesetz ass e Kompromëss, awer kee grousse Worf

Pressekonferenz 27. Juni 2023

 

Das Agrargesetz ist kein großer Wurf!

 

Das Agrargesetz ist kein großer Wurf. Es ist ein unter Zeitdruck ausgehandelter Kompromiss.

Wir werden es voraussichtlich trotzdem mittragen – aus 3 Gründen:

  • Es ist ein Kompromiss mit Schadensbegrenzung und dies dank des gemeinsamen Einsatzes der Landwirte. Diesen Kraftakt der Landwirte möchten wir unterstützen.
  • Das Gesetz muss dringend in Kraft treten, damit notwendige Investitionen getätigt werden können und zumindest kurzfristige Planungssicherheit hergestellt wird
  • Wir begrüßen die neuen Beihilfen für Gemüse- und Obstbauern, für kleine Betriebe und Neueinsteiger sowie die zusätzliche Förderung der Bio-Landwirtschaft

Allerdings haben wir klare Forderungen:

  1. Eine gemeinsam mit der Landwirtschaft durchgeführte Evaluation des Agrargesetzes nach 2 Jahren mit den nötigen Anpassungen. Die Arbeiten am nächsten Agrargesetz müssen so schnell wie möglich aufgenommen werden, um zu verhindern, dass der Text erneut unter enormen Zeitdruck ausgearbeitet werden muss.

 

  1. Koppelung der Definition des aktiven Landwirts an den Nachweis landwirtschaftlicher Fachkenntnisse; z.B. über das Instrument der „validation des acquis de l’expérience“ (VAE). Landwirt ist ein Beruf mit großer Verantwortung, im Bereich der Lebensmittelproduktion, der Umwelt und des Tierwohls und benötigt dementsprechendes Fachwissen. Die Politik setzt ein falsches Zeichen, wenn sie keine entsprechende Ausbildung fordert.

 

  1. Klimaziele und Betriebswachstumsbremse: die Regierung hat es verpasst, rechtzeitig die richtigen Weichen zu setzen!

 

Zur Erklärung:

 

Laut Agrargesetz erhalten Betriebe mit mehr als 5 theoretischen Arbeitskräften (AK) in der Tierproduktion keine Genehmigung mehr zur Vergrößerung; Betriebe zwischen 2 und 5 theoretischen AK erhalten nur noch eine Genehmigung zur Erhöhung des Tierbestandes, wenn sie verschiedene Grenzwerte im Bereich der Eiweißautarkie nicht unterschreiten; resp. im Bereich des N-Saldos nicht überschreiten.

 

Der definitive Text enthält zwar einige Verbesserungen im Vergleich zur ursprünglichen Fassung. Allerdings sagt die Betriebsgröße nichts darüber aus, ob ein Betrieb umweltgerecht wirtschaftet oder nicht.

 

Wir fordern:

  • Ein gratis Monitoring und eine betriebsspezifische Beratung für alle Betriebe (Fütterung, Technik, Düngung, Stallbau, Betriebsumstellung…). Für das Monitoring und die spezifische Beratung muss pro-aktiv geworben werden;
  • Entwicklungsmöglichkeiten für alle Betriebe, wenn sie mit Hilfe des Monitorings nachweisen können, dass sie die im Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen.

 

 

  1. Investitionen in den Klima- und Umweltschutz sowie in das Tierwohl müssen verstärkt unterstützt werden (dazu gehört auch die Digitalisierung). Die von der EU vorgesehenen maximalen Beihilfesätze müssen angewendet werden.

 

  1. Für die Diversifizierung der Landwirtschaft kontraproduktive Vorschriften, wie z.B. die Vorschrift, dass nur noch Ställe, die den Bio-Normen entsprechen, bezuschusst werden, müssen aus dem Gesetz gestrichen werden.

 

  1. Der Aufbau kompletter Wertschöpfungsketten ist für unsere Landwirtschaft von kruzialer Bedeutung. Die von der EU vorgesehenen maximalen Beihilfesätze für Weiterverarbeitungsbetriebe sollen auch hier angewendet werden.

 

Die Produktion von gesunden Lebensmitteln muss wieder in den Mittelpunkt des Agrargesetzes gestellt werden.

 

 

10 konkrete Vorschläge für eine innovative Landwirtschaft

 

 

Wir wollen eine nachhaltige, innovative und dynamische Landwirtschaft, bei der die Lebensmittelproduktion im Vordergrund steht. Deshalb brauchen wir ein Gleichgewicht zwischen dem Sozial-, dem Umwelt- und dem Wirtschaftsbereich.

 

  1. Landwirtschaftspolitik geht nur im Dialog

 

  • Institutionalisierung eines regelmäßigen Austauschs: „Landwirtschaftsdësch; Gaardebaudësch“

 

 

  1. Konsequente und gezielte Unterstützung der Junglandwirte

 

  • Ausschöpfung aller von der EU vorgesehenen Unterstützungsmöglichkeiten und deren Koppelung an gute Aus- und Weiterbildungen
  • Begleitung und angepasste Beratung bei der Betriebsübernahme

 

 

  1. Imagepflege der Landwirtschaft

 

  • Verstärkte Informations- und Sensibilisierungskampagnen
  • Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit Lehrbauernhöfen, als fester Bestandteil der Grundschulausbildung

 

  1. Die nachhaltige Lebensmittelproduktion wieder in den Mittelpunkt stellen und unterstützen

 

  • Aufbau kompletter Wertschöpfungsketten (z.B. Geflügelmast)
  • Überprüfung des Zertifizierungsgesetzes und des Restopolis-Gesetzes zwecks besserer Vermarktung
  • Bei künftigen Handelsabkommen sicherstellen, dass bei Importen von Lebensmittelprodukten die europäischen Produktionsnormen gelten

 

  1. Klima- Umweltschutz und Digitalisierung

 

  • Potential der Digitalisierung voll ausschöpfen; gemeinsame, landwirtschaftliche Datenbanken schaffen; die Forschung verstärkt unterstützten
  • Gezielte Unterstützung umweltschonender Produktionsmethoden
  • Stärkere Einbindung der Landwirte bei der Ausarbeitung der nationalen Klima-, Umwelt- und Wasserschutzziele. Produktionseinschränkungen werden gerecht entschädigt
  • weitere Verbesserung der Wasserqualität; praxisnahe Anpassung der Nitrat-Richtlinie. Der Ausbau der Güllelagerkapazität wird zusätzlich unterstützt.

 

 

  1. Konsequenter Einsatz für die Bio-Landwirtschaft

 

  • Potential der Bio-Landwirtschaft über Marktanalyse gezielter erfassen.
  • Teilumstellung der Betriebe auf Bio-Landwirtschaft fördern
  • Weiterentwicklung des Bio-Aktionsplans

 

  1. Innovationen und Diversifizierung der Landwirtschaft

 

  • Aufzeigen von Alternativen und Unterstützung der Diversifizierung (natürliche Baustoffe, Isolationsstoffe, Heilkräuter, Geflügelmast…)
  • Pushen des Obst- und Gemüsebaus (bezahlbares Wasser)
  • Vereinfachung der Genehmigungsverfahren auch in der Grünzone (Gewächshäuser, Ferien auf dem Bauernhof, pädagogischer Bauernhof…)
  • Anpassung des Naturschutzgesetzes
  • Innovationsberater – spezifische Anlaufstelle für Innovationsfragen

 

  1. Agroenergie: Potential sinnvoll nutzen

 

  • Biogas als alternative Energiequelle wieder verstärkt unterstützen; einzelbetriebliche Anlagen in den Zuständigkeitsbereich des Landwirtschaftsministeriums überführen
  • Ausbau der Netzinfrastrukturen zur optimalen Nutzung der Solaranlagen auf den Dächern landwirtschaftlicher Gebäude
  • Anpassung der geltenden Bestimmungen für Agri-Fotovoltaik. Agri- Fotovoltaik auf weniger wertvollen Flächen erlauben. Gute landwirtschaftliche Flächen dienen vorrangig der Nahrungsmittelproduktion.

 

 

  1. Den landwirtschaftlichen Boden besser schützen

 

  • Das aktuelle System der Kompensierungsmaßnahmen sowie das Ökopunktesystem überprüfen und anpassen
  • Kompensierungen auf Vertragsbasis mit Landwirten zulassen
  • Spekulationssteuer: Ausnahmen für landwirtschaftliche Flächen unter bestimmten Bedingungen

 

  1. House of agriculture und Bürokratie-Abbau:

 

  • Schaffen eines „House of agriculture“ als Kompetenzzentrum – in Zusammenarbeit mit den Landwirten, Winzern und Gärtnern. Dort können Landwirtschaftskammer, staatliche Verwaltungen und Beratungsstellen unter einem Dach arbeiten. Die Zusammenarbeit wird erleichtert. Mit dem „House of Agriculture“ verfügen die Bauern über eine zentrale Anlauf- und Beratungsstelle – auch für Innovationen
  • Schaffung eines „guichet unique“ für sämtliche Anträge (once-only-Prinzip)

 

Weinbau

 

Unsere Hauptkritikpunkte am Agrargesetz gelten auch für den Weinbau. Darüber hinaus wird das Agrargesetz den spezifischen Anliegen der Winzer in vielen Punkten nicht gerecht. Hier einige Beispiele:

  • Da das Agrargesetz den Winzern viel weniger Beihilfen zuspricht, hätte ein erhöhter Betrag der harmonisierten Direktzahlungen („Jetons“) pro Hektar Weinberg gegenüber den Direktzahlungen pro Hektar landwirtschaftliche Fläche dies teilweise ausgleichen können. Oder die „Aide redistributive complémentaire“ regional differenzieren.
  • Die so genannte RAK-Prämie wird nicht mehr an pensionierte Winzer ausgezahlt. Das ist kontraproduktiv für den Umweltschutz, denn diese Methode macht einen insektizid-freien Weinbau möglich und wird großflächig an der Mosel angewendet.
  • Eine spezifische Investitionsbeihilfe zum Anlegen, Restaurieren oder Reparieren von Trockenmauern in den Terrassenweinbergen durch die Winzer hätte eingeführt werden können, um diese umwelttechnisch sehr interessante Methode zu fördern, die extrem kostspielig ist.
  • Eine Unterstützung von Bewässerungssystemen im Weinberg, wäre von Nöten (Tröpfchenbewässerung usw.).
  • Bestehende Weinhändlerbetriebe müssen weiterhin über das Agrargesetz gefördert werden.

 

6 Vorschläge für einen zukunftsfähigen Weinbausektor

 

  1. Allgemeines
  • Die Mosel muss als zusammenhängendes Weinbaugebiet abgesichert werden. Deshalb müssen die geplanten Bestimmungen in den Schutzzonen überarbeitet werden. Denn nur so kann garantiert werden, dass der Weinbau attraktiv bleibt und die Winzer Zukunftsperspektiven haben.
  • Wir brauchen ein spezifisches Winzerstatut. Familienbetriebe sind und bleiben das Rückgrat des Weinbaus. Wir müssen die Nachfolge in den Winzerbetrieben konsequent unterstützen, um den Weinbau an der Mosel zu erhalten. Wir wollen die Transition begleiten.

 

  1. Nachhaltigkeit
  • Schon heute erfüllen die Winzer zahlreiche Nachhaltigkeitskriterien. Sie müssen ermutigt werden, eine Nachhaltigkeitscharta auszuarbeiten, und sie müssen dabei unterstützt werden.
  • Die mechanische Unkrautbekämpfung muss generell gefördert werden. Wir wollen herbizid-freie Weinberge. Wir müssen weiterhin auf Insektizide verzichten.
  • Investitionen im Umweltbereich müssen spezifisch unterstützt werden.
  • Der Ausbau des Bio-Weinbaus muss unterstützt werden. Der konventionelle und der Bio-Weinbau dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

 

  1. Vermarktung
  • Wir brauchen eine nationale Marketingstrategie. Dafür müssen ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Die Vermarktung und der Absatz der luxemburgischen Weine und Crémants müssen konsequent unterstützen werden, dies ist entscheidend für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit des Weinbausektors.
  • Luxemburg als Land des Genusses soll ein Bestandteil der Tourismusstrategie
  • Wir brauchen eine Wein- und Regionalprodukt-Lounge in der Hauptstadt und eine „Maison du Vin et des produits régionaux“ in Brüssel.
  • Das „Haus vum Wäin“ in Ehnen muss zu einer zentralen Anlaufstelle für den in- und ausländischen Tourismus an der Mosel ausgebaut werden.
  • Die Frage der Schanklizenzen („Concessions“) im Bereich der Probierstuben und der Direktverkauf von Wein im Betrieb muss geklärt werden.
  • Die Etikettierung und Kennzeichnungspflicht auf den Weinflaschen müssen verständlich und machbar bleiben.

 

  1. Betriebsübergabe
  • Jungwinzer und Jungwinzerinnen, die einen Betrieb übernehmen wollen, müssen eine vollständige und individuell angepasste Beratung Ein Tutor muss sie dabei begleiten.
  • Familiäre Betriebsübergaben in nicht-direkter Linie müssen steuerlich mit der familiären Betriebsübergabe in direkter Linie gleichgestellt werden.
  • Betriebsgründungen mit Produktion, Weinstube und einigen Gästezimmern in der Grünzone müssen möglich sein.
  • Die Winzer müssen steuerfrei Rücklagen und Reserven bilden können.

 

  1. Bürokratieabbau
  • Die administrativen Regeln, die die Winzer in ihren Betrieben und in der Produktion respektieren müssen, müssen ministeriumübergreifend an die Größe der Klein- und Familienunternehmen angepasst werden.
  • Der administrative Aufwand bei der Einstellung von Saisonarbeitskräften muss auf ein Minimum reduziert und die bestehenden Strafen überprüft werden. Eine Ausweitung auf einzelne Drittstaaten soll möglich sein.

 

  1. Weinbaupolitik im Dialog
  • Wir brauchen regelmäßig, zusammen mit den Vertretern des Berufes, so genannte „Weinbauassisen“. Hier kann über die anstehenden Probleme diskutiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.
  • Das Weinbauinstitut in Remich soll ein Kompetenzzentrum des Weinbaus sein.