Hausaufgabenhilfe

Fräi Tribune vum Anne Logelin, CSV-Vizepresidentin, am Lëtzebuerger Land, 11-11-2022

Bildungschancen in Luxemburg sind sehr ungleich verteilt. Vor allem die Herkunft der Schüler entscheidet über deren späteren Erfolg. Dem Pisa-Studien Bericht von 2015 sowie dem nationalen Bildungsbericht von 2018 war zu entnehmen, dass der Erwerb und die Entwicklung schulischer Kompetenzen stark vom Migrationshintergrund der Schüler sowie vom sozioökonomischen Status der Eltern abhängt. Zudem arbeiten in Luxemburg oft beide Eltern in Vollzeit und haben weniger Zeit die Lernprozesse ihrer Kinder tagtäglich zu unterstützen. Die CSV hatte daher im April 2019 eine gratis Hausaufgaben und Lernhilfe gefordert. Außerdem wurde die Förderung von Pilotprojekten gefordert um die Zusammenarbeit zwischen der Schule einerseits und der „Maison Relais” andererseits zu optimieren. Diese Forderungen wurden damals jedoch von der Majorität verworfen.

Nach den pandemiebedingten Einschränkungen befinden wir uns heute in einer noch heterogeneren multikulturellen Schülerschaft in sozialer und leistungstechnischer Hinsicht. Viele Schüler haben Schwächen oder Lernlücken aufgebaut und Unterschiede in ihren fachlich-kognitiven Leistungen haben sich verstärkt. Daher wird dann jetzt eine gratis Hausaufgabenhilfe von der Koalition medienwirksam eingeführt. Diese gratis Hausaufgabenhilfe bedarf jedoch eines genaueren Blickes.

Pädagogisch ausgebildetes Personal der Maison Relais wird jetzt zusätzlich zu allen Aufgaben und Problemen, welche die Kinderbetreuung heutzutage mit sich bringt, damit beauftragt auch noch didaktische Kompetenzen in unterschiedlichen Fächern aufzubringen ohne eine fachliche Ausbildung dafür zu haben. Dies zeugt von Unwissen und großer Planlosigkeit wie erfolgreich und langfristig etwas gegen Bildungsrückstände und Lernschwächen unternommen werden kann. Gerade bei Schülern mit Lernrückständen, Verständnisschwierigkeiten oder deren Erkenntnis und Informationsverarbeitung unterschiedlich schnell vorangeht ist eine qualitativ hochwertige Unterstützung durch fachlich und fachdidaktisch qualifiziertes Personal unverzichtbar, wenn nachhaltig geholfen werden soll. Zudem braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrern und denjenigen die die Hausaufgabenhilfe garantierten. Die jetzt eingeführte Form der Hausaufgabenhilfe entspricht daher vielmehr einer Hausaufgabenüberwachung als einer Hausaufgabenhilfe im Sinne einer spezifischen Nachhilfe, bei der es um Lerninhalte geht und Lernprozesse schwächerer Schüler pädagogisch und didaktisch unterstützt werden. Die Überwachung der Hausaufgaben ist zwar nützlich und notwendig— sie wurde sowieso schon von vielen Betreuungsstrukturen angeboten —, jedoch ist sie nicht ausreichend, wenn Schülern eine reelle Möglichkeit geboten werden soll fachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten weiter zu entwickeln. Ob diese konzeptlose allgemeine gratis Hausaufgabenhilfe dabei hilft, fachlich-kognitiven Schwächen und damit die immer grösser werdende Bildungsschere langfristig zu verkleinern, ist daher stark zu bezweifeln.

Bildungsungleichheiten müssen ernsthaft behandelt werden und dürfen nicht nur medienwirksam verkauft werden. Deshalb fordert die CSV nach wie vor eine gratis Lern und Hausaufgabenhilfe, jedoch eine, die ihrem Namen gerecht wird. Schwächere Schüler sollen in ihren Lernprozessen unterstützt und nachhaltig gestärkt werden.

Diese Hilfen werden unmittelbar benötigt, um Lernrückstände und Lernschwächen zu behandeln. Nur so kann Bildungspolitik nachhaltig gegen Bildungsungleichheiten vorgehen.

@ Lëtzebuerger Land, 11-11-2022