Wéi eng Zukunft fir d’Landwirtschaft?

 

Pressekonferenz CSV Fraktioun

Mam Martine Hansen, Co-Fraktionspresidentin vun der CSV, an dem Ronny Goedert, Bauer vun Ell

Dynamische Landwirte aktiv unterstützen, um zukünftige Herausforderungen zu meistern

Der Entwurf zum neuen Agrargesetz muss überarbeitet werden

 

Am 31. Dezember läuft das aktuelle Agrargesetz aus dem Jahr 2016 aus.  Ein   Gesetzentwurf aus der Feder von Landwirtschaftsminister Claude Haagen befindet sich seit dem 2. August auf dem Instanzenweg (Projet de loi 8060) und soll noch in diesem Jahr vom Parlament verabschiedet werden. Das Agrargesetz stellt die Weichen für die kommenden Jahre. Es regelt u.a. die staatliche Unterstützung für die Betriebe, trägt aber auch dem Umwelt- und Klimaschutz Rechnung.

Die CSV fordert ein Agrargesetz, das den Landwirten Perspektiven aufweist:  Perspektiven für eine nachhaltige Landwirtschaft, deren Hauptaufgabe es sein muss, im Einklang mit der Natur gesunde Lebensmittel zu produzieren. Die Lebensmittelsicherheit muss Ziel sowohl der europäischen als auch der nationalen Agrarpolitik sein. Klimaschutz und Lebensmittelsicherheit müssen zusammen gehen. Es muss auch sichergestellt werden, dass die Betriebe rentabel und kompetitiv wirtschaften können.

Luxemburg ist ein Grünlandstandort. Die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche besteht aus Wiesen und Weiden, die durch ihre CO2 -Speicherkapazität extrem wertvoll für das Klima sind. Grünland kann aber nur über Wiederkäuer (Kühe, Schafe, Ziegen) zur Lebensmittelproduktion genutzt werden. In Luxemburg gibt es also keine Klimalösung ohne Milch- und Rindfleischproduktion.

Die Landwirtschaft ist beim Natur- und beim Klimaschutz Teil der Lösung. Deshalb muss gemeinsam nach Lösungen gesucht werden: „Landwirtschaftsminister Haagen hatte den Bauern versprochen im Dialog nach Lösungen zu suchen und die Marschrichtung festzulegen. Er hat sein Versprechen nicht gehalten“, so die Co-Fraktionsvorsitzende Martine Hansen.

Produktionsbeschränkungen

Die Kritik der Bauern am neuen Agrargesetz macht sich vor allem an den im Entwurf vorgesehenen Produktionsbeschränkungen fest. Damit Luxemburg seine Klimaziele erreicht, müssen die nationalen Ammoniak-Emissionen bis 2030 um 22 Prozent verringert werden. In anderen europäischen Ländern sind es nur 19 Prozent.

Im Landwirtschaftsministerium setzt man deshalb auf eine einzelbetriebliche „Produktionsbremse“ in der Viehhaltung, ohne Rücksicht auf Verluste. In Zukunft braucht es eine Genehmigung des Ministers, wenn ein Betrieb seinen Viehbestand vergrößern will und dadurch laut einer komplizierten Berechnung für die Produktion mehr als zwei theoretische Arbeitskräfte braucht. Werden die nationalen Klimaziele nicht erreicht, kann die Genehmigung verweigert werden. Sind mehr als 5 Arbeitskräfte nötig, wird grundsätzlich keine Genehmigung erteilt.

Das neue Agrargesetz sieht also Produktionsbeschränkungen auf Basis der Kuhzahl für die einzelnen Bauern vor, wenn die nationalen Klimaziele nicht erreicht werden, unabhängig von der betrieblichen Produktionsweise: „Der Landwirtschaft dürfen keine ideologischen Fesseln angelegt werden. Keinem anderen Wirtschaftssektor werden derartige Einschränkungen auferlegt. Mit welchem Recht bremst die Regierung auf eine derart simplistische Methode das Wachstum der landwirtschaftlichen Betriebe aus? Wir sollten Landwirte, die sich über die letzten Jahre viel Know-how im Bereich der Tierhaltung angeeignet haben, jetzt proaktiv unterstützen“ erklärt Martine Hansen.

Es werden keine nachvollziehbaren, auf die Nachhaltigkeit ausgelegte Kriterien definiert. Die CSV fordert daher u.a. einen betriebsspezifischen Nachhaltigkeitscheck, Klimabilanzen, ein Monitoring der Betriebe sowie eine angepasste Beratung.  Die Besatzdichte, also die Zahl der Rinder pro Hektar, sagt z.B. viel mehr über die Nachhaltigkeit eines Betriebes aus, als der theoretischer Arbeitskraft-Bedarf beziehungsweise die Gesamtzahl der Tiere.

Als mögliches Kriterium könnte beispielsweise die so genannte Futterautarkie herangezogen werden, das heißt, dass die Betriebe beim Futter möglichst ohne Zukäufe auskommen. Wenn keine Futtermittel zugekauft werden, müssen weniger Nährstoffe importiert werden, das heißt die Nährstoffbilanz ist ausgeglichen und die Emissionen geringer.

Die Regeln sind kontraproduktiv

Die Begrenzung des Viehbestandes riskiert zudem kontraproduktiv zu sein. Da der Milchkonsum weiter steigt und die Molkereien mehr Milch nachfragen, besteht die Gefahr einer Intensivierung. Die Erzeuger könnten versuchen, durch den Zukauf von Kraftfutter die Milchproduktion pro Tier zu steigern. Dies würde zu einer ineffizienten Nutzung unserer Grünflächen führen. Damit wäre genau das Gegenteil von dem erreicht, was man ursprünglich wollte.

Des Weiteren muss man sich bewusst sein, dass bei steigender Nachfrage, die Produktion – wenn sie nicht in Luxemburg stattfinden kann – woanders stattfindet. Die Klimaproblematik sowie die Herausforderungen zur Ernährungssicherheit müssen global gelöst werden.

Will die Regierung noch eine produktive Landwirtschaft?

Wenn der Gesetzentwurf nicht abgeändert wird, können erstmals die Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe die gleichen Beihilfesätze erhalten. Da zudem über verschiedene Extensivierungsprogramme sehr hohe Beihilfen ausgezahlt werden, ohne dass eine reale Produktion stattfinden muss, riskieren viele Flächen für die Lebensmittelproduktion verloren zu gehen.

Die Landwirtschaft im Haupterwerb muss rentabel und attraktiv bleiben, besonders für die Junglandwirte: „Junglandwirte benötigen Perspektiven. Dieses Agrargesetz zeigt ihnen kaum welche auf. Wenn die Nachfolge der Betriebe nicht gesichert werden kann, steht die Zukunft der Landwirtschaft und damit die Lebensmittelproduktion auf dem Spiel“, so Martine Hansen.

 

Die Forderungen der CSV zum Agrargesetz

  • Die CSV fordert in diesen wichtigen Punkten sofortige Anpassungen am vorliegenden Entwurf zum Agrargesetz, dies nach einem ergebnisoffenen Dialog mit dem Agrarsektor. Deshalb muss der Agrarausschuss die Vertreter der Landwirtschaftskammer anhören.

 

  • Die europäische und die luxemburgische Landwirtschaftspolitik muss die Nahrungsmittelsicherheit zum Ziel haben und nicht die Ausweitung der nicht-produktiven Flächen.

 

  • Eine nachhaltige Landwirtschaft braucht nachhaltige und nachvollziehbare  Lösungen: Wir fordern ein betriebliches Monitoring und eine betriebsspezifische Beratung. Die Kriterien müssen der Praxis Rechnung tragen: Besatzdichte und Futterautarkie sagen mehr aus als ein theoretischer Wert für Arbeitskräfte. Es braucht positive Anreize, damit eine Reduzierung des Viehbestands sich rentiert. Ein Betrieb, der nachhaltig nach festgelegten Kriterien wirtschaftet, muss sich weiter entwickeln können. Eine pauschale Entwicklungsbremse ist kein adäquates Mittel. Eine gezielte Bezuschussung, die die Rentabilität verbessert, muss möglich bleiben.

 

  • Es braucht positive Anreize statt Repressionen, um die Klimaziele zu erreichen. Bei Investitionen in Natur-, Klima- und Wasserschutz muss die laut den EU-Regeln höchstmögliche Förderung ausgenutzt werden.

 

  • Die Politik muss aktiv nach Alternativen Wenn weniger auf dem Grünland verdient werden darf, muss die Politik dafür sorgen, dass die Betriebe sich ein zweites Standbein aufbauen können. Deshalb brauchen wir ein landwirtschaftliches Kompetenzzentrum.

 

  • Die Betriebe brauchen Planungssicherheit. Die aktuelle Politik lässt dies nicht zu. Die Regierung vollzieht mit dem neuen Agrargesetz eine 180-Grad-Kehrtwende. Bis 2021 waren die Investitionsbeihilfen beim Um- oder Ausbau eines bestehenden Stalls noch an eine 20-prozentige Produktionssteigerung gekoppelt. Bei der letzten Anpassung des Agrargesetzes wurde die Chance, die Weichen in Richtung Umwelt- und Klimaschutz zu stellen, verpasst.

 

  • Es müssen Übergangslösungen geschaffen werden, um zu verhindern, dass einige Betriebe in den Ruin getrieben werden. Es braucht spezifische Lösungen für Härtefälle.

 

  • Haupt- und  Nebenerwerbsbetriebe sind wichtig, dürfen allerdings beim Zugang zu den Prämien nicht gleichgestellt werden. Dies wäre kontraproduktiv, weil dadurch der Druck auf das Land zunimmt und wertvolle Agrarflächen für die Nahrungsmittelproduktion verloren gehen. Die Politik muss dafür sorgen, dass die Landwirtschaft im Haupterwerb weiterhin attraktiv und rentabel bleibt, damit Junglandwirte bereit sind, die Betriebe zu übernehmen.

 

  • Zur Nachhaltigkeit gehört auch der soziale Bereich. Auch Bauern müssen ein Recht auf Urlaub haben. Wenn die Betriebe auf 2 theoretisch benötigte Arbeitskräfte ausgebremst werden, ist dies nicht möglich.

 

Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Natur- und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen.

 

Zum Naturschutzgesetz

Auch beim Naturschutz ist die Landwirtschaft Teil der Lösung. Die aktuellen Entwicklungen haben gezeigt, was passiert, wenn ein Gesetz nicht präzise genug formuliert und daher von der Verwaltung willkürlich ausgelegt werden kann. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hält fest, dass das Naturschutzgesetz von 2018 gegen die Verfassung verstößt und dass die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wurde.

Die vom Umweltministerium verlangten Impaktstudien beim Aus- oder Umbau von Ställen in einer Grünzone zeugen ebenfalls von Willkür und wurden daher zurecht vom Umweltministerium zurückgenommen: „Umweltministerin Joëlle Welfring muss das Naturschutzgesetz nun unverzüglich anpassen. Wir brauchen ein Naturschutzgesetz mit gesundem Menschenverstand und ohne Willkür, dies im Sinne der Natur und der Menschen“, betont die agrarpolitische Sprecherin der CSV.

 

Forderungen der CSV zum Naturschutzgesetz

Wir halten an unseren Verbesserungsvorschlägen, die wir zwischen 2018 und 2021 eingebracht haben fest. Dies sind u.a.

  • Mehr Rechte für die Bürger durch ein stärkeres Rekursrecht: Die Möglichkeit eines „recours en réformation“ durch die Justiz muss wieder in das Gesetz eingeschrieben werden, damit das Verwaltungsgericht die Entscheidung der Naturverwaltung nicht nur annulieren sondern auch reformieren kann. Bleibt es bei der aktuellen Regelung des „recours en annulation“, muss der Bürger immer wieder eine neue Genehmigung beantragen, die in der Folge immer wieder von der Verwaltung abgelehnt werden kann.
  • Mehr Transparenz: Die Verwaltung muss die Eigentümer informieren, wenn ihr Grundstück in eine Schutzzone umklassiert werden soll.
  • Bauen in der Grünzone muss für Landwirte einfacher werden. Die Genehmigungsprozeduren müssen vereinfacht und beschleunigt werden. Es muss klar definiert werden, wann eine Impaktstudie durchgeführt werden muss.
  • Bei Umbauarbeiten am landwirtschaftlichen Wohnhaus muss der administrative Aufwand verringert werden. Nur noch Arbeiten, die das äußere Erscheinungsbild des Hauses betreffen, dürfen einer Genehmigungspflicht durch das Ministerium unterliegen. Umbauarbeiten im Innern müssen ohne Genehmigung möglich sein.
  • Landwirtschaftliche Alternativen wie etwa Ferien auf dem Bauernhof oder Hundepensionen usw. müssen auch in der Grünzone möglich sein.

Allgemeines

Aktuell (2020) gibt es in Luxemburg insgesamt 1.881 landwirtschaftliche Betriebe, 1.697 bewirtschaften eine Fläche von mehr als 2 Hektar. Die landwirtschaftliche Nutzfläche beträgt 132.811 Hektar (2021) Im Durchschnitt bewirtschaftet ein Betrieb 71 Hektar, bei Betrieben über 2 Hektar sind es 78,5 Hektar.

Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche (68.537) Hektar werden als Grünland genutzt, was erklärt, wieso die luxemburgische Landwirtschaft traditionell vorrangig auf die Rinderhaltung ausgelegt ist. Die Tierproduktion ist das wichtigste Standbein unserer Landwirtschaft.

 

Martine Hansen, Co-Fraktionsvorsitzende der CSV

Ronny Goedert, Landwirt in Ell