Die Inszenierung

De Frank Engel, CSV-Parteipresident iwwert eng resultatsorientéiert Kooperatiounspolitik

Vor ein paar Wochen fühlte sich der Konsum der Luxemburger Presse an, als wäre ein Staatsbesuch im Gange. Die Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit besuchte Laos. Vom 6. bis zum 14. September, wie der Pressedienst der Regierung mitteilte. Und zwar derart intensiv, dass auf allen geschriebenen, gesprochenen und bebilderten Kanälen eine regelrecht hagiografische Berichterstattung den Eindruck erweckte, ohne Luxemburg wäre Laos verloren.

Wenn eine Entwicklungsministerin eine ganze Woche in einem recht kleinen Land verbringt, dann darf das eigentlich schon als außergewöhnlich gelten. Für die nötigen Gespräche und Besuche braucht man keine sieben Tage. Es sei denn, man will unbedingt zeigen, dass unser Land dort nicht nur ganz Grosses leistet, sondern auch als ganz groß wahrgenommen wird. An einem Ort, an dem nach wie vor eine kommunistische Diktatur herrscht wie vor vierzig Jahren, und generell China bestimmt, was geht. Luxemburg darf zwar das eine oder andere Dorf umdekorieren, ansonsten hat es jedoch keinen Einfluss auf die Entwicklung des Landes zu nehmen.

Die luxemburgische Entwicklungszusammenarbeit wollte sich seit längerem auf Afrika konzentrieren. Das wäre gut, richtig und außerordentlich sinnvoll. Dort, wo unser Land auf dem schwarzen Kontinent präsent ist, genießt es einen guten Ruf – als ehrlicher Freund ohne spezifische Eigeninteressen, deren Wurzeln in die Kolonialzeit zurückreichen. Wir haben in Afrika echten Einfluss, wenn es um Menschenrechte, den Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen oder auch die Eindämmung einer aus dem Ruder laufenden demografischen Entwicklung geht. Wir könnten noch sehr viel mehr tun: beim Aufbau eines mobilen Bankensystems helfen, zum Beispiel, mit dem finanzielle Transaktionen formalisiert würden. Dies erlaubt einerseits deren Besteuerung und so den Aufbau eines echten Staatshaushalts mit wohlfahrtsstaatlichen Elementen, und ist andererseits sicherheitspolitisch wichtig, weil Geldtransfers offiziell erfasst werden können und Kriminalität und Terrorismus befördernde Geldbewegungen erschwert werden. Luxemburg könnte die wirtschaftliche und gesellschaftliche Realität in seinen afrikanischen Partnerländern nachhaltig verändern und verbessern.

Allein, es tut sich wenig. Unsere Vertreter in den heißen Hauptstädten südlich der Sahara-Wüste repräsentieren dort zwar einen der größten bilateralen Geldgeber, dürfen sich allerdings lediglich “Bürochefs” nennen und stehen protokollarisch hinter jedem ansonsten mittellosen europäischen Botschafter zurück, der neu ankommt und Migration verhindern will. Das könnte, sollte und müsste anders sein. Anstatt einer fast unbemannten Botschaft bei der Afrikanischen Union in Addis Ababa sollte Luxemburg funktionierende Botschaften in allen fünf Staaten des G5-Sahel eröffnen, Flagge zeigen, Betriebe aus Luxemburg und der Großregion dort einführen und gemeinsame Wirtschaftszonen mit den Partnerländern betreiben. Gezielt, prioritär, als vor Ort entscheidender Akteur. Mit der realen Perspektive eines wirtschaftlichen “return on investment”, übrigens.

Tun wir aber alles nicht. Wir fahren lieber wochenlang nach Laos. Das ist tatsächlich weniger anstrengend als die Sahel-Länder. Die Presse und das Land bekommen schöne Bilder, es dürfen auch ein paar Abgeordnete mit, und die Inszenierung luxemburgischer Entwicklungszusammenarbeit ist perfekt. Es bleibt leider: nur eine Inszenierung.

@ Letzebuerger Land, 27.09.2019