„Es ist unverständlich, dass Gemeinden, die bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen, von den zuständigen Ministerien mit zweifelhaften Einwänden ausgebremst werden.“
Meenungsartikel am Lëtzebuerger Wort vum Félix Eischen, CSV-Generalsekretär
Die Wachstumsdynamik, die zurzeit unser Land prägt, kann sich nicht unendlich fortsetzen. Unsere Infrastrukturen und Ressourcen, Land und Wasser, sind begrenzt, wir tragen Verantwortung für das Klima.
Ein Teil der Regierung hat das erkannt, der andere Teil nicht. Wenn der Nachhaltigkeitsminister in einem Interview sagt “Projekte wie Fage und Google stammen aus einer anderen Zeit. Luxemburg braucht eine qualitative Entwicklung”, ist das eine deutliche Aussage. Leider werden aus solchen Erkenntnissen keine Konsequenzen gezogen.
Doch nach einem weiteren Sommer, der wieder geprägt war von Trockenheit, Hitze und einem extremen Wetterphänomen mit katastrophalen Folgen, ist klar, dass es höchste Zeit wird, umzudenken. Wir müssen unsere Ressourcen schützen und verantwortungsvoll mit ihnen umgehen, wenn wir wollen, dass auch künftige Generationen in einer intakten Umwelt leben und ohne Bedenken den Wasserhahn aufdrehen können.
Sich bei neuen wasser- und energieintensiven Betrieben mit beträchtlichem Flächenverbrauch hinter Prozeduren zu verstecken, so wie es die Regierung und die Mehrheitsparteien praktizieren, genügt deshalb nicht. Das Weiter-so ist keine Option.
Umso mehr wir alle Voraussetzungen haben, Wirtschaft und Wohlstand nachhaltig und klimaschonend zu gestalten.
Wir haben einen starken, wettbewerbsfähigen Mittelstand. Unterstützen wir ihn nach Kräften, um auf dem schnell wachsenden Markt der Umwelt- und Klimaschutztechniken Fuß zu fassen.
Begleiten wir unsere energieintensive Industrie auf ihrem Weg zu einer treibhausgasneutralen Produktion. Gerade hier gibt es eine Reihe von ermutigenden Ansätzen, um mit weniger CO2 auszukommen. Klimaverträgliche Produktionsprozesse könnten ein Forschungsschwerpunkt für die Uni Lëtzebuerg sein, die auf einem ehemaligen Stahlstandort angesiedelt ist.
Fördern wir die Bemühungen am Finanzplatz, neue Geschäftsmodelle auf der Grundlage eines nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaftens zu entwickeln.
Unterstützen wir unsere Landwirtschaft dabei, wirksam zum Klima- und Artenschutz beizutragen, unter anderem dadurch dass wir regionalen und saisonalen Produkten den Vorzug geben.
Eine besondere Folge des ungezügelten Wachstums ist ein Wohnungsmarkt, der völlig aus den Fugen geraten ist. Zu den vielen Bevölkerungsgruppen, die betroffen sind, zählen zahlreiche junge Menschen, die es sich nicht mehr leisten können, in ihrer Heimatgemeinde wohnen zu bleiben. Es ist eine dramatische Entwicklung für die Jungen, die am Wohnungsmarkt verzweifeln, genauso wie für die Gemeinden, die ihr wertvollstes Kapital, ihre Jugend, verlieren.
Umso unverständlicher daher, dass Gemeinden, die bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen, von den zuständigen Ministerien mit strikten Auflagen und zweifelhaften Einwänden ausgebremst werden. Die gleiche Regierung schafft es aber nicht, die notwendigen Instrumente bereit zu stellen, um brachliegende Bauflächen zu erschließen.
Das Weiter-so ist keine Option weder im Wohnungsbau noch anderswo. Genauso wie Schluss sein muss mit dem Ammenmärchen, dass ein Leben im Jammertal die einzige Alternative sei zum aktuellen Hamsterrad mit seinen hohen ökologischen und sozialen Folgekosten. Wir haben es selbst in der Hand, das Wachstum vernünftiger zu gestalten, jenseits von exzessivem Ressourcen- und Energieverbrauch.
Neben den Fragen zu Bürgerbeteiligung und Verfassungsreform wollen wir darüber in den kommenden Wochen auf unseren offenen CSV-Regionalversammlungen diskutieren. Mit den Parteimitgliedern sowie allen Bürgern, die ihre Überlegungen und Vorschläge in diese wichtige Diskussion einbringen wollen.
Die politischen Schlüsse, die sich aus den Regionalversammlungen ergeben, werden in die politischen Leitlinien unserer Partei einfließen, deren Diskussion und Verabschiedung im Mittelpunkt des außerordentlichen CSV-Nationalkongresses vom 19. Oktober stehen.
Félix Eischen, CSV-Generalsekretär