Zur Reform der Kirchenfabriken : Point Presse zur Reform der Kirchenfabriken.pdf
Kein Dialog und viele juristische Schwachstellen
Das CSV-Gegenkonzept setzt auf Autonomie und Verantwortung
In ihrem Wahlprogramm 2013 hat die CSV sich für eine grundlegende Reform der Kirchenfabriken ausgesprochen. Eine solche Reform ist notwendig. Anders als die Regierung hätte die CSV diese allerdings im Dialog mit allen betroffenen Akteuren in die Wege geleitet.
Was die inhaltlichen Reformaspekte angeht, so hat die CSV eine klare Vorstellung der Neuregelung und ist prinzipiell für eine Zusammenlegung der Kirchenfabriken. Allerdings sollte es eine Kirchenfabrik pro Gemeinde geben. Im Sinne des kommunalen Autonomieprinzips soll jede Gemeinde selbst entscheiden, ob sie sich an der Erhaltung der Kirchengebäude finanziell beteiligt oder nicht. Die CSV spricht sich für die Schaffung einer „Mutuelle“, einer Art Versicherungsgesellschaft, für Kirchenfabriken aus. Diese neue Struktur soll über Gebühren, die von allen Kirchenfabriken bezahlt werden gespeist werden und sie soll im Fall eines Defizits einer Kirchenfabrik, finanziell für dieses aufkommen.
Nachfolgend die Kritik der CSV am Regierungsprojekt in zehn Punkten:
1. Die Regierung hat ausschließlich mit dem Erzbistum gesprochen und verhandelt. Schlimmer noch, die Regierung hat bewusst den direkten Dialog mit Kirchenfabriken und Gemeinden verweigert. Diese Vorgehensweise widerspricht nicht nur der – meistens nur angekündigten und selten in die Tat umgesetzten – Dialogbereitschaft der Regierung und der Mehrheitsparteien, sie ist auch juristisch gesehen mehr als fragwürdig. Das Erzbistum ist nur einer der betroffenen Akteure. Kirchenfabriken auf der einen und die Gemeinden auf der anderen Seite sind die anderen wichtigen Akteure. Mit ihnen hätte der Dialog gesucht und verhandelt werden müssen.
2. Artikel 22 der Verfassung regelt die Beziehungen zwischen dem Staat und den Glaubensgemeinschaften. Laut diesem Artikel darf der Staat mit den Glaubensgemeinschaften eine Konvention aushandeln, wenn es sich um die Nominierung der Geistlichen bzw. um die Beziehungen zwischen dem Staat und den Glaubensgemeinschaften geht. Da die Konvention vom 26. Januar 2015 zwischen dem Staat und dem Erzbistum nicht nur die Frage der Zukunftsbeziehungen zwischen Staat und Glaubensgemeinschaft betrifft, sondern über das Vermögen Dritter bestimmt, hätte die Konvention von den Kirchenfabriken und den Gemeinden unterzeichnet werden müssen.
3. Da die Konvention den Rahmen des Artikels 22 der Verfassung überschreitet, überschreitet auch der Gesetzesentwurf 7037 diesen Rahmen. Damit stellt sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit sowohl von Konvention wie Gesetzesentwurf.
4. Der Gesetzesentwurf 7037 der Ende August von Innenminister eingebracht worden ist, setzt die Konvention vom 26. Januar 2015 um. Demnach werden Kirchenfabriken aufgelöst und ein neuer Fonds geschaffen, der das Vermögen der Kirchenfabriken, das dem Fonds überschrieben wird, verwalten soll. Die Eigentumsfrage bezüglich der Kirchengebäude und anderen Vermögenwerten ist komplex und bis heute nicht komplett geklärt. Bestimmte Gemeinden sind Eigentümer der Kirchengebäude und die Kirchenfabriken verwalten nicht nur die Gebäude selbst, sondern auch andere Vermögen, die den Kirchenfabriken z.B. testamentarisch überschrieben wurden. Das Erzbistum kann sicher nicht über das Vermögen der Gemeinden bestimmen. Ein Grund mehr dafür, die Gemeinden bei den Verhandlungen mit ins Boot zu nehmen.
5. Der Gesetzesentwurf sieht eine unfreiwillige Überführung von Besitztümern, die zum Teil den Gemeinden und den Kirchenfabriken gehören, an den « Fonds » vor. Hier stellt sich eindeutig die Frage einer illegalen Enteignung. Hinzu kommt dass die Kirchenfabriken, welche selbstständige juristische Personen und dessen Besitztümer aus privater Hand stammen, kurzerhand vom Staat aufgelöst werden.
6. Die Vorgehensweise der Regierung (Nicht-Konsultierung der Gebietskörperschaften (« collectivités territoriales ») und Durchsetzung einer zentralistischen Verwaltung der Kirchengebäude ist nur schwer mit der europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung wie auch mit Artikel 107 der Verfassung vereinbar. Die Gemeinden sind dem Einsatz fürs Gemeinwohl verpflichtet. Die Erhaltung kirchlicher Gebäude kann unter diese Verpflichtung fallen. Die Gemeinden sollen gemäß Autonomieprinzip selbst entscheiden, inwiefern sie kirchliche Gebäude erhalten wollen oder nicht.
7. Da die Konvention, sowie der Gesetzentwurf vorsehen, dass die Basilika in Echternach, sowie die Kathedrale in Luxemburg-Stadt von den jeweiligen Gemeinden finanziell unterstützt werden dürfen, allen anderen Gemeinden, eine Finanzierung „ihrer“ Kirchengebäude untersagt wird, stellt sich zudem die Frage der Gleichbehandlung der Gemeinden.
8. Der Gesetzentwurf übersteigt den vertraglichen Rahmen. Die Konvention vom Januar 2015 sieht vor, dass die Gemeinden die Aktivitäten des Fonds, i.e. den Erhalt der Kirchengebäude, nicht kofinanzieren dürfen. Der Gesetzentwurf hingegen verbietet auch dem Fonds finanzielle Mittel von den Gemeinden entgegenzunehmen. Der Innenminister verstößt dementsprechend gegen das Rechtsprinzip von Treu und Glauben (bonne foi), in dem er bei der Umsetzung der Konvention über das Ausgehandelte hinausgeht.
9. Die Konvention von 2015, sowie der Gesetzentwurf wurden von ministeriellen Rundschreiben („circulaires“) begleitet, mit Vorgaben ohne gesetzliche Grundlage. Das sagt eigentlich alles über die Vorgehensweise des Innenministers aus.. Die Rundschreiben widersprechen sich zudem bezüglich der Fristen, die einzuhalten wären, gäbe es denn eine gesetzliche Basis. So sah das erste Rundschreiben, gemäß Konvention vom 26. Januar 2015, den 1.1.2017 als Stichdatum für den Abschluss der Verhandlungen betreffend die Besitzverhältnisse der Kirchen vor. Das rezente Rundschreiben von August 2016 zieht dieses Datum willkürlich auf den 1.10.2016 vor.
10. Das Vorhaben der Regierung ist eindeutig ideologisch geprägt. Es geht hier nicht vorrangig darum, veraltete Texte anzupassen und Strukturen zu modernisieren. Mit erheblichem Druck und mit einer zumindest fragwürdigen legalen Vorgehensweise will die Regierung die Glaubensgemeinschaften, allen voran die katholische Kirche, in die Knie zwingen.