Diese Woche soll im Parlament über punktuelle Änderungen bei der Berufsausbildung abgestimmt werden. Die CSV-Fraktion fordert seit Jahren schon eine tiefer gehende Reform und warnt in einem für das Handwerk und damit für die gesamte Wirtschaft wichtigen Politikfeld vor Schnellschüssen und nicht durchdachten Reformschritten. Deshalb sagt die CSV-Fraktion nein zur vorgeschlagenen Minireform.
Zur Form: hausgemachte Eile und respektloses Vorgehen
Bereits im November 2014 hatte die CSV-Fraktion im Rahmen einer Interpellation im Parlament konkrete Lösungsvorschläge für eine umfassende Reform der Berufsausbildung vorgelegt. Lange Monate passierte nichts. Ende Juni 2016, sieben Monate nachdem die CSV-Fraktion den Minister in die zuständige Kammerkommission gerufen hatte, wurde diese dann quasi aus dem Nichts mit einem Gesetzprojekt befasst, das eine Minireform der Berufsausbildung beinhaltet. Präzise Angaben darüber, was die große, so genannte „Makro-Reform“ beinhalten soll, gab es von Ressortminister Claude Meisch nicht.
Diese Vorgehensweise ist geradezu respektlos gegenüber dem Parlament, das vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Für eine genaue Analyse und Hinterfragung der vorgesehenen Maßnahmen und die Ausarbeitung von Änderungsvorschlägen bleibt keine Zeit.
Respektlos ist auch das Verhalten gegenüber den Berufskammern, deren Gutachten zum Gesetzprojekt weder an den Staatsrat weitergeleitet, noch in der zuständigen Kommission diskutiert worden sind. Die CSV-Fraktion unterstreicht in diesem Kontext, dass die Berufskammern ein wichtiger Partner in der Berufsausbildung sind, den es zu respektieren und einzubeziehen gilt. Wie respektlos die Regierung, sprich der zuständige Minister die Berufskammern in diesem Dossier behandelt, unterstreicht die Tatsche, dass die Berufskammern trotz ausdrücklicher Nachfrage keine Informationen darüber erhalten haben, welche die wesentlichen Aspekte der Makro-Reform sein sollen.
Die hausgemachte Eile mit der die Teilreform nun unmittelbar vor den Sommerferien erfolgen soll, sorgt auch für Ungewissheit bei den direkt Betroffenen. Schüler, Eltern und Lehrer wissen nicht, wo die Reise hingehen soll, dabei müssen jetzt die Weichen für das kommende Schuljahr gestellt werden.
Zum Inhalt: mehr Fragen als Antworten
– Für die CSV-Fraktion ist es erstaunlich wie viele Fragen eine solche Minireform aufwerfen kann. Das gilt u.a. für die Abschaffung jeglicher Begrenzung der Ausbildungsdauer. Für die CSV-Fraktion hätte eine Kompromisslösung zusammen mit den Berufskammern gefunden werden müssen.
– Damit Schüler nicht in eine berufliche Richtung orientiert werden, wo sie später aus gesundheitlichen Gründen keinen Job ergreifen können, sollen sich 7e- und 9e-Schüler einer medizinischen Untersuchung unterziehen. Das ist für die CSV-Fraktion im Prinzip eine richtige Reformpiste. Aber auch hier stellen sich eine ganze Reihe praktischer Fragen, die im vorliegenden Reformtext nicht beantwortet werden.
– Dass PII („projet intégré intermédiaire „) soll aus organisatorischen Gründen bei den Vollzeitklassen in der Schule abgeschafft werden. Die CSV-Fraktion versteht nicht, warum dieses wirksame Evaluationsinstrument ohne eingehende Analyse, nur aus dem Bauchgefühl des Ministeriums heraus, abgeschafft werden soll. Und dies alles gegen den Willen der Berufskammern und der Lehrergewerkschaft.
– A propos VAE („validation des acquis de l’ expérience“) : Der Gesetzentwurf sieht eine bessere Betreuung der Kandidaten bei der Ausarbeitung ihrer « Dossiers » vor. Prinzipiell ist die CSV-Fraktion mit einem Mehr an Begleitung einverstanden. Doch die Prozedur hätte komplett analysiert und in mehreren Punkten nachgebessert werden müssen. Warum nur diese kleine, punktuelle Anpassung ?
– Das vorgeschlagene neue Promotionsreglement ist für die CSV-Fraktion nicht tragbar. Statt klarer Richtlinien wird hier alles unverständlicher und komplizierter. Notwendige Anpassungen wurden nicht angepackt. Die konkreten Auswirkungen dieses Reglements auf die Promotion der Schüler sind aufgrund nicht vorhandener Simulations-Daten nicht abschätzbar. Hinzu kommt ein Einwand des Staatrats, für den das Promotionsreglement nicht verfassungskonform ist. Es besteht demnach das Risiko, dass es im Falle von Einsprüchen gegen spätere Promotionsentscheidungen zu langwierigen Gerichtsverfahren kommen könnte.