Tessy Scholtes, CSV-Abgeordnete im Gespräch
Schule zwischen Reformen, Studien und Krise. Schule in einem veränderten Umfeld. Schule zwischen Globalisierung, Informations- und Kommunikationstechnologien. Schule im Wandel. Schule zwischen Wissensvermittlung und Erziehung. Es ist eigentlich egal mit welchen Schlüsselworten die Schule in Verbindung gebracht wird. Über die Schule wird permanent diskutiert. Profil führte mit der schulpolitischen Sprecherin der CSV, der Abgeordneten Tessy Scholtes, ein Gespräch über aktuelle bildungspolitische Fragestellungen.
„D’Enseignanten sinn d’Häerzstéck vun der Schoul“
Tessy Scholtes, CSV-Abgeordnete im Gespräch
Schule zwischen Reformen, Studien und Krise. Schule in einem veränderten Umfeld. Schule zwischen Globalisierung, Informations- und Kommunikationstechnologien. Schule im Wandel. Schule zwischen Wissensvermittlung und Erziehung. Es ist eigentlich egal mit welchen Schlüsselworten die Schule in Verbindung gebracht wird. Über die Schule wird permanent diskutiert. Profil führte mit der schulpolitischen Sprecherin der CSV, der Abgeordneten Tessy Scholtes, ein Gespräch über aktuelle bildungspolitische Fragestellungen.
Brauchen wir Reformen?
Tessy Scholtes: „Die Schule funktioniert ja nicht im luftleeren Raum. Bildung und Erziehung werden beeinflusst und geprägt von gesellschaftlichen Veränderungen, vom familiären Umfeld und durch den technologischen Wandel. So betrachtet muss die Schule sich immer wieder einer Reihe von Herausforderungen stellen. Dies betrifft das System und die Organisation, jedoch auch die Akteure, ob Schüler, Student, Lehrer oder Eltern. Auf Luxemburg bezogen ist in diesem Kontext besonders die Verschiedenartigkeit der Sprachen und Kulturen zu sehen, die sich hier begegnen. Über die Hälfte der Précoce-Schüler hat eine andere Muttersprache als Luxemburgisch. Dies allein umschreibt eine wesentliche Anforderung an die Schule von heute, deren Aufgabe es nach wie vor ist jedes einzelne Kind zu integrieren, mit dem Ziel seine Kompetenzen und Talente zu fördern.“
Reformen, jedoch nicht nur der Sprachen wegen, oder?
Tessy Scholtes: „Nein zu erwähnen ist ebenfalls die Tatsache, dass mit den vielfältigen Möglichkeiten der Informatik- und Kommunikationswelt – die überwiegende Mehrheit der Schüler ist damit bestens vertraut – andere Lernmethoden benutzt werden können. Auch müssen wir erkennen, dass vielfach die Erziehung nicht zu Hause, sondern oft in den schulischen und außerschulischen Strukturen erfolgt. Zudem verbringen etliche Kinder viel Zeit mit den modernen Medien, was zu Bewegungsmangel und zu Konzentrationsproblemen führen kann. Auch scheint die Zahl der verhaltensauffälligen Schüler eine steigende Tendenz aufzuzeigen.“
Welche Faktoren spielen neben gesellschaftlichen Entwicklungen eine Rolle?
Tessy Scholtes: „Bildung und Wissensvermittlung sind nicht von den Entwicklungen und Gegebenheiten der Arbeitswelt zu trennen. Die Schule kann und darf nicht am Markt vorbei ausbilden. Letzten Endes führt eine solche Politik zu vermehrter Jugendarbeitslosigkeit. Hinzu kommt, dass die Globalisierung einen erhöhten Konkurrenzdruck mit sich bringt, der durch Effektivitäts- und Effizienzdruck auf die Schule und die Erziehung der Kinder wirkt. So stehen Bildungsprozesse stärker denn je zuvor im Vordergrund. Begriffe wie Bildungsstandards, Qualitätsmanagement, Evaluation und Leistungsteste finden den Weg in die Schulen, wie aktuelle Reformprozesse unseres Schulsystems belegen.“
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus diesen Beschreibungen?
Tessy Scholtes: „Wir müssen uns bewusst sein, dass Luxemburg keine Insel ist, und dass sich Anpassungen im bildungspolitischen Bereich aufdrängen. Es wird jedoch wichtig sein, dieses komplexe Dossier in seiner Gesamtheit zu sehen und zu bewerten, und nicht isoliert auf einzelne Punkte zu fokussieren. Als Schlüsselelemente sehen wir dabei vor allem, dass die Bedürfnisse der Schüler im Mittelpunkt stehen, und dass die Rolle, die Aufgaben und Missionen der Lehrer an den Erfordernissen des Schülers orientiert sind, wohl wissend, dass jedes Kind verschiedene Entwicklungsphasen durchlebt und außerdem stark vom sozio-kulturellen Umfeld geprägt wird. Dementsprechend ist die Unterrichtsgestaltung anzupassen. Im Précoce und im Préscolaire z.B. entdecken und entwickeln die Kinder ihre motorischen Fähigkeiten hauptsächlich durch Spielen. So gesehen muss die Bewegungserziehung reich und vielfältig sein und allen Kindern ermöglichen ihre sensoriellen und motorischen Anlagen zu entwickeln.“
Der Stellenwert der Früherziehung ist allgemein bekannt. Erziehung in der Maison Relais, Wissensvermittlung in der Schule? Klappt das?
Tessy Scholtes: „Die Gestaltung eines strukturierten Alltags scheint mir sehr wesentlich. Schüler, die die Grundschule besuchen, und die parallel in einer Maison Relais angemeldet sind, brauchen einen geordneten Ablauf. Dies bedingt eine intensive Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Strukturen sowie deren Lehrer und Erzieher. Es bleibt zu hoffen, dass der im Regierungsrat verabschiedete „Plan Périscolaire Local“, der die Zusammenarbeit zwischen Grundschule und Betreuungsstrukturen gewissermaßen institutionalisiert, dementsprechend richtungsweisend ist und eine hohe Qualität an Bildung und Erziehung garantiert.
Welche Aufgabe ergibt sich denn für die Schule ergo den Lehrer?
Tessy Scholtes: „Die gesellschaftliche Veränderung und die sich daraus ergebenden Schülerbedürfnisse verdeutlichen, dass die Schule sich ändern muss. Mit Einstellungen und Methoden von gestern, lässt sich die Schule nicht mehr meistern, weder für den Schüler noch für den Lehrer. Jedoch die Essenz der Wissensvermittlung muss bleiben; und zwar im Sinne einer noblen Mission: Kinder und Jugendliche zu mündigen, kritisch-denkenden Bürger zu erziehen. Sie zu motivieren, sich eine solide Basis an Wissen und humanistischen Grundgedanken anzueignen. Wir teilen die Ansicht des neuseeländischen Professors John Hattie, dass in der Klasse vor allem „The teachers matter“ im Vordergrund steht, und dass mit den Kompetenzen und dem Engagement des Lehrers vieles steht und fällt. Der Lehrer ist und bleibt eine wesentliche Referenzperson mit Vorbildfunktion für Kinder und Schüler. Gute Lehrer brauchen neben solidem Fachwissen natürlich vor allem auch didaktische und pädagogische Kompetenzen zur Wissensvermittlung. Auch der Entwicklung der Sonderpädagogik muss unsere Aufmerksamkeit gelten. Der Lehrer ist das Herzstück der Schule.
(Die integrale Rede von Tessy Scholtes anlässlich der Interpellation und Orientierungsdebatte über die Grundschule ist unter csv.lu nachzulesen.)