Intelligent sparen

Es bleibt das erklärte Ziel der CSV-LSAP Regierung, dass die öffentlichen Finanzen bis 2014 im Gleichgewicht sein sollen. Auf welcher Etappe des Weges befinden wir uns denn heute? Welche Weichenstellungen wurden bereits vorgenommen, welche müssen noch folgen?

Luc Frieden: Eigentlich müssten wir einen Überschuss der öffentlichen Finanzen wegen unserer langfristigen Pensionsausgaben haben.  Aber selbst wenn wir nur ausgeglichene öffentliche Finanzen – also Staat, Gemeinden und Sozialversicherungen zusammen-  erreichen, bleibt beim Zentralstaat ein großes Defizit. Es geht darum dieses zu verringern, um hohe Schulden und hohe Zinszahlungen zu vermeiden. Auch wenn 2011 etwas besser wird, vor allem wegen einem schnelleren Eintreiben der Körperschaftssteuer und guten MwSt.-Einnahmen aus dem elektronischen Handel, werden die nächsten Jahre wegen des langsamen Wirtschaftswachstum in Europa unsere Einnahmen negativ beeinflussen. Das Defizit wird also ohne Einsparungen wachsen. Deshalb wird die Regierung in den nächsten Wochen neue Vorschläge machen um, vor allem, das Ansteigen der Ausgaben zu bremsen. Alle großen Ausgabenblöcke müssen überprüft werden. Es geht darum intelligent zu sparen, um der wirtschaftlichen Entwicklung nicht zu schaden und sozial gerecht zu handeln. Das wird kein einfacher Weg werden, aber auf Dauer kann ein Land nicht mehr ausgeben als es einnimmt. Zugleich müssen wir prüfen wie wir Wachstum ankurbeln können.

Profil: Bei ihrer Sitzung vom 20. Februar gaben die Euro-Finanzminister grünes Licht für das 130-Milliarden Euro schwere Hilfspaket für Griechenland. Ist das EU-Mitgliedsland damit nachhaltig für die Zukunft gerüstet? Welche Anstrengungen müssen die Griechen noch leisten?

Luc Frieden: Griechenland hat jahrelang über seine Mittel gelebt und ist deshalb heute hochverschuldet. Aufgabe der europäischen Hilfe ist es, das notwendige Geld zu leihen, um seine Schuld begleichen zu können und den Menschen vor Ort finanziell zu helfen. Es geht aber auch darum Griechenland durch Strukturreformen wieder wettbewerbsfähig zu machen und die Stabilität der Eurozone zu garantieren, d.h. zu vermeiden dass die Probleme Griechenlands sich wie ein Lauffeuer auf die gesamte Eurozone ausweiten. Griechenland hat bislang sehr viele Schritte durch Gesetzesänderungen unternommen; jetzt gilt es diese in die Praxis umzusetzen. Die Wirtschaft und die Verwaltung des Landes müssen modernisiert werden. Die Früchte dieser Anstrengungen werden wir erst in mehreren Jahren sehen. Wir müssen die Schuldenkrise Europas dauerhaft lösen, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen und Arbeitsplätze schaffen können.

Profil: Die Schuldenkrise stellt die Solidarität innerhalb der EU auf eine harte Probe. Wie würden sie die Union, heute, 55 Jahre nach den römischen Verträgen, beschreiben. Weht noch derselbe Geist wie damals? 


Luc Frieden : Durch Europa haben wir vieles erreicht, was niemand mehr in Frage stellt: Frieden, Freiheit, Demokratie, Binnenmarkt. Der europäische Aufbau war am Anfang  auch durch die Kriegserfahrung geprägt. Heute ist Europa etwas Rationelleres geworden. Wir brauchen jedoch auch heute mehr Europa weil in vielen Bereichen der Nationalstaat an seine Grenzen stößt. Sicherheit, Umwelt, Energie, Wirtschaft usw. haben fast immer eine grenzüberschreitende Dimension. Deshalb müssen wir verstärkt zusammenarbeiten, unsere Souveränität gemeinsam ausüben.