Aktueller Brennpunkt – Die Tragödie am Horn von Afrika

In der Eurozone stehen die Schuldenproblematik in verschiedenen Ländern im Mittelpunkt unzähliger Krisensitzungen, derweil die Vereinigten Staaten von Amerika keinen Konsens finden, ihr Schuldenlimit zu erhöhen. Nur am Rande erschreckt die Hungersnot am Horn von Afrika die reichen Länder, obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Hungernden aufbrechen, und ihre Wut “exportieren”.

An sich findet man keine Worte, um die erschreckende Lage der Flüchtlinge in Somalia, Kenia, Äthiopien und Dschibuti zu beschreiben. Jahrzehntelang von Bürgerkriegen geplagt, werden diese Länder nunmehr von einer verheerenden Dürrekatastrophe heimgesucht. Vor allem sind es hunderttausende Frauen und Kinder, die in die UN-Sammellager u.a. in Nordkenia strömen. Viele sind so geschwächt, dass sie unterwegs vor Hunger und Durst sterben, ungehört bleibt ihr letzter Atemstoß.

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR schätzt die Anzahl der unterernährten Menschen in Äthiopien auf 3,2 Millionen, in Somalia auf 2,6 Millionen und im Norden Kenia auf 3,5 Millionen, vornehmlich Flüchtlinge. Im schlimmsten Fall dürften zehn Millionen Menschen diese Hungerkatastrophe nicht überleben. Das UN-Welternährungsprogramm schätzt die Soforthilfe für die darbenden Menschen auf 400 Millionen Euro.

Es sei auf den Umstand hingewiesen, dass die Dürren in diesen Gegenden am Horn von Afrika ein zyklisches Phänomen darstellen, hervorgerufen durch unterschiedliche meteorologische Ereignisse. Sicher stellt der Klimawandel einen Teil der Ursache dar, die Misswirtschaft durch korrupte Regierungen und die verschiedene weltweit agierende Finanzinstitute tragen jedoch einen höheren Anteil bei. Darüber hinaus stellten die über alle Masse empor schnellenden Lebensmittelpreise, verursacht z.T. durch die Spekulation an den Börsen, einen weiteren Grund dar. Diese Erhöhung ist ihrerseits eine Folge der Verwendung von Lebensmitteln u.a. Mais zur Herstellung von Agrartreibstoffen. Der Anstieg der Preise für die Grundnahrungsmittel trifft vor allem die Menschen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Es sind diejenigen Menschen, die mit weniger als 1 Euro pro Tag ihr Leben fristen müssen. An sich erschreckend, angesichts der Tatsache, dass sich die Zahl der Millionäre in der Welt nach der Krise im Jahr 2008 weiter erhöht hat.

Landklau – eine weitere Ursache der Hungersnot

In den aufstrebenden reichen Ländern u.a. China, Indien, Katar, VAE und Saudi-Arabien fehlen die Nahrungsmittel, um die wachsende Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Obwohl kapitalstark sind diese Länder, bedingt durch den akuten Wassermangel und ausreichenden Agrarflächen, auf der Suche nach fruchtbaren Anbaugebieten. Deshalb sichern sie sich riesige ertragreiche Agrarflächen in den Entwicklungsländern u.a. Angola, Demokratische Republik Kongo, Madagaskar, Äthiopien, Kenia, Mali, Mosambik, Tansania, Sambia und Südsudan.

Es handelt sich um ein globales Rennen um Agrarflächen, welches riskanten politischen und wirtschaftlichen Sprengstoff enthält. Die Welternährungsorganisation (FAO) schätzt, dass mittlerweile etwa 25 Millionen ha von den reichen Ländern gehalten werden. „Das Volumen der Investitionen dürfte rund 30 Milliarden $ betragen" schätzt Joachim von Braun, Präsident des International Food Policy Research Institute (IFPRI).

Bedingt durch fehlende Finanzmittel in den Entwicklungsländern, haben es die ausländischen Investoren leicht, die benötigten Agrarflächen aufzukaufen oder über mehrere Jahre zu pachten. Dieser "Landklau" verursacht die Landflucht der Landbewohner in die Städte, wo sie das Heer der Arbeitslosen vergrößern, das Massenelend erhöht sich.

In diesem Zusammenhang darf die Frage gestellt werden, wieso Äthiopien in diesem Jahr um Nahrungsmittelhilfe in Höhe von 3 Millionen Menschen angefragt hat. Dabei hat die Regierung den Investoren aus China riesige Landflächen für den Anbau von Pflanzen und von Agrartreibstoffen verpachtet, die für den Export gedacht sind.1)

Bei näherer Betrachtung handelt es des Weiteren auch um den Raub von Wasser über den Weg der exportierten Biomasse. Angesichts der Hungerkatastrophe am Horn von Afrika muss die Frage nach dem Wieso gestellt werden, denn dieses Elend hat sich bedingt durch die Missernten bereits vor Monaten angekündigt. Warum hat die Welt dies nicht erkannt oder wollte sie es nicht sehen?

Müsste nicht angesichts der vereinbarten acht Millenniumsziele 2015 schleunigst eine weltumspannende Partnerschaft, wohlwissend eine schwierige Aufgabe, mit dem Ziel einer solidarischen und gerechten Entwicklung ins Leben gerufen werden, damit solche Katastrophen endlich der Vergangenheit angehören?

 
1) Afrika: Landraub und Hunger in Äthiopien (www.schattenblick.de)