„Paquet Logement“ – Impulsgeber für den nachhaltigen Wohnungsbau

Es ist ein Grundrecht in der wohlhabenden Gesellschaft, dass jeder Mitbürger über eine Wohnung verfügt, die es ihm erlaubt, sein Leben zu gestalten.

Überlegungen von Marcel Oberweis, CSV-Abgeordneter und
Präsident des parlamentarischen Ausschusses Wohnungsbau zum “Paquet Logement”

Bauen und Wohnen nehmen eine wichtige Schlüsselstellung in der luxemburgischen Innenpolitik ein. Neben den umweltschützerischen Aspekten treten die Verringerung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen, der Versiegelung sowie der Nutzung von umweltfreundlichen Baumaterialien in den Vordergrund. In der luxemburgischen Treibhausgasbilanz entstammen etwa 30 Prozent aus der Bereitstellung von Wärme und Warmwasser in den Häusern und Gebäuden. Es muss hervorgehoben werden, dass die älteren Häuser und Gebäude weitaus schlechtere energetische Standards als die neueren Bauwerke aufweisen. In einer Energieverbrauchsstudie der Universität Luxemburg wurden die Verbrauchswerte von Gebäuden während der Zeitspanne von 1997 bis 2007 untersucht, das Ergebnis war niederschmetternd: der Mehrverbrauch betrug zwischen 30 bis 40 Prozent gegenüber vergleichbaren Wohneinheiten in Deutschland und in der Schweiz. Es kamen jährliche Energieverbräuche zwischen 30 bis 50 l Heizöl pro m2  vor, welche Verschwendung von Energieressourcen und finanziellen Mitteln. 

Bedingt durch die Nichtanwendung einer stringenteren Energieeffizienzverordnung für den Gebäudebestand – Luxemburg wendet noch die veraltete EU-Wärmeschutzverordnung aus dem Jahr 2002 an – weist der luxemburgische Wohnungsmarkt dieses Defizit aus. Die Umsetzung der verbesserten Version aus dem Jahr 2009 ist dringend angemahnt. Die jährliche Neubaurate von etwa 2 bis 2,5 Prozent führt leider zu einer langsamen Verringerung des gesamten Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im Bereich Wohnen, sodass Luxemburg erhöhte Beträge in den Kyoto-Fonds einzahlen muss. Die aktuellen gesetzlichen Mindestanforderungen für ein Gebäude der Energieklasse A (Passivhäuser) weisen einen maximalen jährlichen Heizwärmebedarf von 22 kWh/m2 gegenüber dem international etablierten Standard von jährlich 15 kWh/m2. Handel und Handwerk bieten sich als wichtige Partner im Wohnungsbereich an, die Schaffung von neuen dauerhaften Arbeitsplätzen stellt die logische Konsequenz dar. Durch eine mutige nachhaltige Energiepolitik werden wir den Forderungen des „Partenariat für Umwelt und Klima“ Sorge tragen.

Der Wohnungsbestand betrug im Jahr 2010 in etwa 194.000 Wohnungen und während den vergangenen Jahren lag der jährliche Nettozuwachs zwischen 8.000 bis 10.000 Menschen. Neben den privaten Promotoren sind ebenfalls die Gemeinden sowie der „Fonds du Logement“ und die „SNHBM“ gefordert, erschwinglichen Wohnraum für alle Menschen zu schaffen. Nur für die wenigen reichen Mitbewohner bauen, kann nicht die Losung sein. Der Minister für Wohnungsbau, Marco Schank, macht deshalb auf den 9. Fünfjahresplan aufmerksam, welcher die Schaffung von weiteren 9.000 Wohnungen im Bereich des subventionierten Wohnungsbaus ermöglicht. Den Gemeinden werden jedmögliche finanzielle Hilfen angeboten, die sie befähigt, möglichst viel Wohnraum in ihrem jeweiligen Bauperimeter zu schaffen.

Der „plan sectoriel logement“ könnte sich als ein landesplanerisches Instrument für die zukünftige Wohnungsbaupolitik einbringen, leider liegt bis dato nur eine provisorische Version vor. Mit diesem Plan werden die raumplanerischen, wirtschaftlichen, sozialen. umweltschützerischen und verkehrstechnischen Gesichtspunkte zusammengeführt, um neue Siedlungsentwicklungsgebiete auszuweisen. Durch die enge Zusammenarbeit mit den 103 Unterzeichnergemeinden des „Pacte Logement“ sollte es zu einer breit angelegten Sensibilisierungskampagne kommen; einige Wohnungsbauprojekte und größere Siedlungsentwicklungsgebiete mit einer geschätzten Zahl von 48.000 neuen Wohnungen befinden sich bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase, nur so kann die Preisspekulation gehemmt werden.  

Ein weiteres Instrument stellt der „Paquet Logement“ dar, hier einige wichtige Kernelemente:

·          Schaffung der gesetzlichen Grundlage für Bauherrengruppen oder Wohnungsbaugenossenschaften mit dem Ziel der Einführung des genossenschaftlichen Bauens. Die Privatpersonen können sich zu einer Bauherrengemeinschaft zusammensetzen, um die Kosten für die Wohnungen gemeinschaftlich zu tragen. Diese Gemeinschaften profitieren von den gleichen Beihilfen wie öffentliche und private Bauträger.

·          Einführung des Mietkaufs, der es jungen Familien ermöglichen soll, eine Wohnung zu erwerben. Ein Teil der Miete wird auf ein Sparkonto eingezahlt bis genügend Kapital für die Aufnahme eines Kredits (für den Kauf der betreffenden Immobilie) vorhanden ist.

·          Einführung des „portage foncier“, d.h. die Wohnung oder das Haus, welches im Besitz eines (öffentlichen) Trägers verbleibt, wird abbezahlt. Anschließend wird das benötigte Grundstück oder der rechtmäßige Anteil erworben.

·          Einführung eines zeitlich begrenzten Wohngeldes bei unverschuldeter Not (allocation de loyer et de logement).

·          Einführung eines zinslosen Darlehens für Familien mit geringen Einkommen zur energetischen Sanierung des Hauses oder der Wohnung. Beim Neubau muss mindestens die Energieklasse B erreicht werden und bei der Altbausanierung mindestens die Energieklasse D.

·          Der "Bëllegen Akt" (crédit d’impôt), beläuft sich auf 10.000 Euro pro Person beim Kauf einer Wohnung, eines Hauses oder eines Grundstücks. Weitere 10.000 Euro pro Person werden genehmigt, wenn die Immobilie besonders energiesparend (mindestens Klasse B) ist oder in nächster Zeit saniert werden soll (mindestens D).

·          Bis zum Jahr 2018 werden durch die Einführung der Energieklasse A+ die Anforderungen an den Wärmeschutz und die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sowie die Nutzung der erneuerbaren Energien verschärft. Die vorzeitige Abschreibung von Investitionen mit Blick auf die energetische Verbesserung von Mietwohnungen wird sicherlich einen positiven Einfluss haben.

·          Die zu schaffende nationale Siedlungsentwicklungsgesellschaft soll eigene Siedlungen bauen und eigene Baulandreserven anlegen sowie die Industriebrachen wiederbeleben.

·          Durch das „Guichet Unique“ für Wohnungsbeihilfen sollen sämtliche Finanzhilfen, welche im Rahmen des Wohnungsbaus vergeben werden, zusammengeführt werden. Es soll ebenfalls eine Verwaltung für die Wohnungsbeihilfen geschaffen werden.

·          Im „plan sectoriel logement“ werden weitere 800 ha Baulandpotenzial in den Gemeinden erschlossen, in welchen der Bau von 12.000 Wohnungen für 28.000 Menschen durchgeführt werden kann.

·          Der TVA-Satz für die Maßnahmen im Rahmen der Altbausanierung (Gebäude und Häuser älter als 20 Jahre) wird von 15 auf 3 Prozent verringert, dies dürfte auch Handel und Handwerk stimulieren.

Es ist ein Grundrecht in der wohlhabenden Gesellschaft, dass jeder Mitbürger über eine Wohnung verfügt, die es ihm erlaubt, sein Leben zu gestalten.

Marcel Oberweis