Man braucht weder Wirtschaftsexperte noch Haushaltsspezialist zu sein, um die Wechselwirkung zwischen Einnahmen und Ausgaben zu begreifen. Jeder denkende Mensch weiß, dass man nicht mehr ausgeben kann als man auf der andern Seite einnimmt. Natürlich gibt es statthafte Ausnahmen von dieser Grundregel, z. B. wenn man einen Kredit aufnehmen muss, um sein Eigenheim zu finanzieren, jedoch auch dann gilt immer noch das Basisprinzip, nur dass sich die (einmalige) Ausgaben fürs eigene Dach und die (längerfristigen) Einnahmen, mit denen der Kredit abgetragen wird, auf zwei verschiedenen Zeitachsen bewegen. Am Ende muss die Rechnung eh null von null aufgehen.
Jedoch scheint nun das Prinzip des notwendigen Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben in Vergessenheit geraten zu sein, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass über eine längere Zeit die Einnahmen geradezu ganz von selbst sprudelten und dadurch die Sorge um das Einkommen vom anhaltenden Wirtschaftsfloribus in den Schatten gedrängt wird.
Doch wer über Jahrzehnte nur aufs Ausgeben fixiert war, hat natürlich seine Probleme, wenn die Einnahmen – und sei es auch nur vorübergehend – einknicken. Denn dann muss etwas auf der Ausgabenseite geschehen, damit die Balance erhalten bleibt. Das liegt eigentlich auf der Hand, wird aber gerne geleugnet, weil man, vom Wohlstandskomfort verwöhnt, nicht mehr bereit ist, die Realität zu akzeptieren und sich den veränderten Umständen auf der Einnahmenseite anzupassen.
Materielle Not ist nicht an der Tagesordnung bei uns, weil die soziale Absicherung mit der Zeit ein Niveau erreicht hat, das jedem hierzulande ein menschenwürdiges Dasein garantiert. Dennoch wird bei dem geringsten Hinweis auf unumgängliche Einsparungen angesichts der prekären Haushaltslage das Gespenst des Sozialabbaus heraufbeschworen, das die Verantwortlichen in der Politik in Angst und Schrecken versetzen und sie von notwendigen Reformschnitten abhalten soll.
Diese Regierung hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Ende ihres Wählerauftrags im Jahr 2014 die öffentlichen Finanzen wieder ins Gleichgewicht zu bringen und damit die Staatsverschuldung, die eigentlich ein Novum für dieses Land ist, mitsamt Zinslast in Grenzen zu halten. Dass dieses Ziel nur mit einer rigorosen Haushaltsdisziplin zu erreichen ist, die zwangsläufig mit Sparmaßnahmen einhergeht, dürfte jedem einleuchten.
Natürlich kann man sich mit einer Flucht in die Verschuldung an diesen Sparzwängen vorbeischummeln. Das Dumme dabei ist nur, dass diese Schulden auch einmal zurückbezahlt werden müssen. Von wem wohl?
Es ist nicht die Art der CSV und ihrer Finanzverantwortlichen, sich in ein solches Schuldenabenteuer zu stürzen – nach der Devise „Nach uns die Sintflut“. Wem die Zukunft des Landes und das Wohlergehen der kommenden Generationen am Herzen liegen, kann niemals mit einer solchen Lösung einverstanden sein. Deshalb setzt die CSV auch hier auf eine nachhaltige Strategie und nicht auf eine kurzsichtige Beglückungstaktik.
Lucien Thiel
Fraktionspräsident der CSV
Quelle: CSV Profil, 14. Mai 2011