Während die Medien und damit auch die breite Öffentlichkeit hierzulande Anfang der Woche mit der verbalen Kollision eines Ministers mit den Ordnungskräften beschäftigt waren, trug sich, kaum wahrgenommen, ein Ereignis von geradezu epochaler Bedeutung für den Finanzplatz Luxemburg, d.h. die Milchkuh des Landes zu.
Was das für unsern Finanzplatz bedeutet, ist schon beachtlich und wurde denn auch mit unverhohlenem Unmut von der internationalen Finanzpresse kommentiert, die bekanntlich an solchen Plätzen wie London, Frankfurt oder Paris daheim ist. Da wurde ausgerechnet jener Finanzplatz für die Europa-Zentrale der ICBC auserkoren, den sie bisher immer wieder in die Schmuddelecke der Steuerparadiese zu drängen versucht hatten, wobei sie freilich geflissentlich übersahen, dass gerade die von ihnen geherzten Investmentbanken sich in der Krise nicht eben mit Ruhm bekleckert hatten.
Das Ereignis ist schon deshalb von einmaliger Bedeutung für den Finanzplatz, weil es eine Wende symbolisiert, die zugleich auch einen Neuanfang einläutet. Dass die Wahl der größten Bank der Welt ausgerechnet auf Luxemburg fiel, verdeutlicht zum einen das große Ansehen, das das kleine Luxemburg in den Entscheidungsgremien der neuen Supermacht China genießt, macht auch deutlich, dass die chinesische Finanzwelt an die Kompetenz und an die Zukunft dieses Platzes glaubt. Obschon immer wieder, vonwegen Aufweichung des Bankgeheimnisses, totgesagt, hat der Finanzplatz Luxemburg die große Krise 2008/09 nicht nur weitaus besser überstanden als jeder andere Konkurrent, sondern sie obendrein benutzt, um seinen Umbau voranzutreiben und sich so aufzustellen, dass er weiterhin die Rolle des nationalen Ernährers spielen kann.
Die zu erwartenden Sticheleien der Neider werden den Platz nicht daran hindern, seine jetzt so deutlich bestätigte Position als Portal zum Finanzmarkt Europa für die übrige Welt weiter ausbauen und als globaler Finanzplatz dieselbe Spitzenposition einnehmen wie dies schon der Fall für den Fondsstandort Luxemburg ist. Dass das alles kein Zufall ist, sondern das Ergebnis eines verbissenen Erneuerungsprozesses und einer konsequenten Imagewerbung, weiß jeder, der sich der Wichtigkeit des Finanzplatzes für Land und Leute bewusst ist und mit entsprechendem Interesse dessen Entwicklung verfolgt.
Das Ansehen, das Premier Jean-Claude Juncker in seiner Eigenschaft als Chef der europäischen Währungszone in der Welt genießt und der unermüdliche Einsatz von Finanzminister Luc Frieden für eine angemessene Umrahmung des Finanzplatzes gekoppelt mit einer intensiven Überzeugungsarbeit sind, neben der fachlichen Kompetenz der Akteure vor Ort, ausschlaggebend für den geglückten Umbau des Platzes gewesen, der jetzt mit der Europa-Niederlassung der ICBC so etwas wie seinen krönenden Abschluss erfahren hat.
Lucien Thiel,
CSV Abgeordneter
Quelle: CSV-Profil, 22. Januar 2011