„Ich bin nicht unzufrieden“

CSV-Präsident Michel Wolter im LW-Gespräch : Heute Abend lädt die CSV zu ihrem traditionellen Neujahrsempfang. Im LW-Gespräch nimmt CSV-Präsident Michel Wolter Stellung zu den Prioritäten seiner Partei für 2011: die Kommunalwahlen, die Reform des Rentensystems, die Gehälterreform im öffentlichen Dienst und die weitere Konsolidierung des wirtschaftlichen Umfelds. Wolter blickt auch zurück auf die Arbeit der Christlich-Sozialen im vergangenen Jahr.

Was die Konsolidierung anbelangt, gebe es nur auf den ersten Blick eine Diskrepanz zwischen dem, was ursprünglich anvisiert worden war, und dem, was beim Sparpaket am Ende herauskam, erklärt Michel Wolter. „Kurzfristig mag es eine Differenz geben, doch die Sanierung der Staatsfinanzen ist langfristig, bis zum Jahr 2014 angelegt. Sollte sich herausstellen, dass die Anstrengungen, so wie sie im Sparpaket festgehalten wurden, nicht ausreichen und das strukturelle Loch doch größer ist als erwartet, dann müssen wir in den nächsten beiden Jahren noch einmal nachbessern“, betont der Parteivorsitzende. Unter keinen Umständen dürfe das Land in die Schuldenfalle tappen, warnt Wolter weiter. Kurzfristig könne man vielleicht über seine Verhältnisse leben, mittel- und langfristig dürfe das Land aber nicht mehr ausgeben, als es einnehme. „Wenn es nicht gelingt, den Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen, haben wir den Auftrag, den wir als Politiker haben, nicht erfüllt. Als Parteipräsident und als Abgeordneter werde ich die Regierung daran messen, ob sie diese Herausforderung meistern wird oder nicht.“

Was die Gehälterreform im öffentlichen Dienst anbelangt, wehrt sich Wolter dagegen, dass die Reform oft einzig und allein auf das geplante Bewertungssystem reduziert wird. Wenn die eine Partei deshalb die Verhandlungen platzen lasse, müsse die andere Partei ihre Verantwortung übernehmen, so Wolter. Allerdings zeigt er sich optimistisch: „Ich bin froh, dass die CGFP nun doch noch Verhandlungsbereitschaft erkennen lässt.“ Allerdings müsse sich die Gewerkschaft auch bewegen, es reiche nicht aus, zu verkünden, dass man dialogbereit sei. Für Wolter führt nämlich kein Weg an einer Modernisierung des Staatapparates vorbei: „Die gesamte Struktur des öffentlichen Dienstes stammt noch aus den 60er-Jahren und ist daher den Anforderungen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gewachsen.“

Eine dritte Herausforderung sieht Michel Wolter in der anstehenden Rentenreform. Zum jetzigen Zeitpunkt kenne er keine Details. Deshalb will der CSV-Präsident erst einmal abwarten, bis die Regierung ihre Reformpläne vorlegt. Für Wolter ist allerdings klar, dass die Rentenreform im Gegensatz zur Gesundheitsreform tiefgreifend und langfristig angelegt sein muss.

Der größte Kraftakt für die Partei stellen aber die Kommunalwahlen dar. Die CSV ist zwar mit Abstand die stärkste Partei auf nationaler Ebene, doch auf kommunalem Plan ist sie weitaus weniger dominant. „Kommunalwahlen haben ihre eigene Logik. Da ist weniger die Partei als Ganzes gefragt als vielmehr die einzelnen Sektionen“, betont Michel Wolter. Das Resultat der Gemeindewahlen spiegle die praktische Arbeit vor Ort wider. Dies erkläre auch die großen Unterschiede, die zwischen den einzelnen Gemeinden, aber auch im Vergleich zu den Resultaten der Partei bei den Parlamentswahlen auftreten können.

Das Rahmenprogramm, auf das die einzelnen Sektionen aufbauen können, wird derzeit von der CSG ausgearbeitet und soll voraussichtlich im März veröffentlicht werden. Namen will der Parteipräsident im Augenblick noch nicht verraten, das sei Sache der Sektionen. Die meisten Listen würden wahrscheinlich zwischen März und Mai veröffentlicht.

Wolter hofft, dass die CSV gestärkt aus den Kommunalwahlen hervorgehen wird. Allerdings ist er sich bewusst, dass dies nicht einfach sein wird. Vor allem in den großen Südgemeinden standen die Christlich-Sozialen bisher eher selten in der Verantwortung. Und auch in der Hauptstadt, einer liberalen Hochburg, bleibt es spannend. „Ich würde mir wünschen, dass wir mehr Vertreter in die Schöffenräte der großen Gemeinden entsenden könnten“, sagt der CSV-Vorsitzende.

Mit der Arbeit seiner Partei in den vergangenen zwölf Monaten ist der Vorsitzende nicht unzufrieden: „Wir haben eine gute Arbeit geleistet“, so Wolter im Rückblick. Im Gegensatz zur LSAP könne die CSV nämlich kurzfristig zurückstecken, wenn es um langfristige Resultate gehe, erklärt Michel Wolter den eher stotternden Koalitionsmotor der letzten Wochen und Monate. Als Beispiel nennt er die Gesundheitsreform. Die CSV habe sich in der Öffentlichkeit in diesem Dossier zurückgehalten. Allerdings habe sie hinter den Kulissen dazu beigetragen, dass es doch noch zu einem Kompromiss gekommen sei. Vor allem der Fraktionsvorsitzende Jean-Louis Schiltz habe viel zu der Einigung beigetragen. Das sei wichtiger als per Pressekommunikee dauernd an die Öffentlichkeit zu treten und sinnvoller als dem zuständigen Minister Knüppel in den Weg zu legen. Der CSV-Präsident hofft nun, dass der Koalitionspartner sich bei der anstehenden Reform im öffentlichen Dienst ähnlich fair verhält. Die Quertreiber aus den Reihen der LSAP scheinen noch nicht vergessen.

Dass die Regierung beim Sparpaket, bei der Tripartite und in der Index-Frage etwas ins Stolpern geraten ist, streitet Wolter nicht ab. „Die Regierung hat sich in der Frage nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Aber dessen ist sie sich bewusst“, so Michel Wolter. Der Premier selbst hatte dem Kabinett eine „suboptimale“ Funktionsweise bescheinigt. Aber die Regierung habe ja noch drei Jahre Zeit, um zu beweisen, dass sie ihre Versprechen umsetzen kann, meint der CSV-Präsident abschließend.

VON DANI SCHUMACHER 
Quelle: Luxemburger Wort, 11. Januar 2011