Die Aufstellung eines Staatshaushalts ist schon in normalen Zeiten keine einfache Sache. Verschlechtert sich das Wirtschaftsklima, dann gestaltet sich die Budgetgestaltung noch heikler, weil die Finanzen klamm und die Sparzwänge dringlicher werden.
Aber irgendwie ist das noch zu meistern, auch wenn es nicht gut beim Wähler ankommt, entweder weil der weniger aus dem Staatstopf erwarten kann oder aber tiefer in die Tasche greifen muss für den Fiskus. Vollends zur halsbrecherischen Akrobatik aber wird die Budget-Aufstellung, wenn die Ausgangslage unklar und sogar in ihren Teilaspekten direkt widersprüchlich ist.
Zwiespalt wirtschaftlicher Aufschwung
Mit einer solchen Lage musste sich diesmal Finanzminister Luc Frieden herumschlagen als er seinen Haushaltsplan für 2011 erstellte. Auf der einen Seite kam er nicht daran vorbei, sich an die selbstverordnete Disziplin zu halten, mit der er bis zum Ende der Legislatur die infolge der Krise in eine bedrohliche Schieflage geratenen Staatsfinanzen wieder ins Lot bringen will – zumindest was das Budgetdefizit anbelangt, denn die Tilgung der in der Krise angesammelten Schulden wird noch etwas länger dauern. Auf der andern Seite hatte der wirtschaftliche Wiederaufschwung, der im Sommer in Teilen Europas und somit bei den wichtigsten Handelspartnern einsetzte, die Einkommenslage des Staats fast schlagartig verbessert und dafür gesorgt, dass 2010 gut 700 Millionen Euro mehr hereinkommen als ursprünglich vorgesehen.
Dieser Zwiespalt bot natürlich einen guten Nährboden für demagogische Exkurse und geradezu widersprüchliche Forderungen, die den Haushaltsminister zum schmerzlichen Spagat zwangen. Während die Befürworter einer strengen Haushaltsdisziplin für einen weiterhin möglichst kompromisslosen Sparkurs im Hinblick auf die Wiederherstellung des Budgetgleichgewichts eintraten, fühlten sich die anderen durch die zaghafte Wirtschaftsbelebung dazu ermuntert, eine radikale Abkehr von dem eingeschlagenen Sparkurs zu fordern und die Disziplinzwänge, die sich aus der schiefen Finanzlage mitsamt Schuldenloch ergeben, ganz einfach abzuschütteln.
Die Regierung und der Finanzminister kamen da an einem Kompromiss nicht mehr vorbei, ein Kompromiss, der einerseits zwar noch versucht, die unausweichliche Finanzgesundung voranzutreiben, anderseits aber dem Drängen nach Festhalten am gewohnten Wohlstandskomfort nachgibt. Gewiss keine glückliche Lösung, mit der wir die unumgänglichen Strukturprobleme wenigstens zum Teil ein Jahr weiter vor uns herschieben. Und das zu Lasten der nachfolgenden Generationen, denen wir nicht nur den Abbau des krisenbedingten Schuldenbergs bei einem verlangsamten Wirtschaftswachstum überlassen, sondern denen wir darüber hinaus, wenn wir Nichts ändern, die Bürde einer bald nicht mehr finanzierbaren Altersversorgung aufhalsen.
Lehren und widersprüchliche Diagnose
Eine Lehre aber wurde zumindest aus der bitteren Erfahrung mit der widersprüchlichen Diagnose gezogen, die der Regierung im Wege stand, als es darum ging, Land und Leute von der Notwendigkeit einzelner Korrekturmaßnahmen zu überzeugen und sich so den notwendigen Rückhalt für die Wiederherstellung des budgetären Finanzgleichgewichts zu holen. Die Abgeordneten haben sich nämlich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass künftig das dem Budget zugrunde liegende Zahlenmaterial exakter zu sein und zeitiger vorzuliegen hat.
Dies ist ohnehin Voraussetzung, um den auf uns zukommenden Verpflichtungen im Rahmen des sogenannten "europäischen Semesters" zu begegnen, mit dem Ziel in Zukunft, Entgleisungen in verschiedenen Ländern zu verhindern. Entgleisungen, die derzeit die Gemeinschaftswährung arg ins Schlingern gebracht haben.
Lucien Thiel
CSV Abgeordneter
CSV Profil, 18. Dezember 2010