Unsaubere und gefährliche Geschäfte mit den Ärmsten dieser Welt

Die am vergangenen 22. Februar publizierte Studie seitens der Behörde für Umweltprogramme der Vereinten Nationen UNEP in Nairobi – Kenia schlägt Alarm mit Blick auf den unkontrollierten Export von Elektronikschrott in die Schwellen- und Entwicklungsländer. Die Studie gipfelt in der Aussage, dass sich hier eine Katastrophe von globaler Dimension anbahnt. Unter dem Begriff Elektronikschrott versteht man die Elektro- und Elektronikgeräte, die nach der Verwendung recycelt werden müssen. Aus diesen Geräten können viele wertvolle Materialien rückgewonnen und als sekundäre Rohstoffe in den Verarbeitungskreislauf eingebracht werden. Diese Geräte enthalten jedoch eine Vielzahl von Schwermetallen u.a. Arsen, Blei, Kadmium, Quecksilber und PVC.







Unsaubere und gefährliche Geschäfte mit den Ärmsten dieser Welt

Marcel Oberweis

Die am vergangenen 22. Februar publizierte Studie seitens der Behörde für Umweltprogramme der Vereinten Nationen UNEP in Nairobi – Kenia schlägt Alarm mit Blick auf den unkontrollierten Export von Elektronikschrott in die Schwellen- und Entwicklungsländer. Die Studie gipfelt in der Aussage, dass sich hier eine Katastrophe von globaler Dimension anbahnt. Unter dem Begriff Elektronikschrott versteht man die Elektro- und Elektronikgeräte, die nach der Verwendung recycelt werden müssen. Aus diesen Geräten können viele wertvolle Materialien rückgewonnen und als sekundäre Rohstoffe in den Verarbeitungskreislauf eingebracht werden. Diese Geräte enthalten jedoch eine Vielzahl von Schwermetallen u.a.  Arsen, Blei, Kadmium, Quecksilber und PVC.

Die Verwendung von PCB-haltigen Komponenten ist wohl in der Europäischen Union durch eine eindeutige Verordnung verboten, leider findet sie in Geräten, die außerhalb der EU hergestellt werden und auf dem Weltmarkt gehandelt werden und sicherlich ihren Weg auch in die Europäische Union finden. Bedingt durch ihre relativ geringe Lebensdauer und die hohen Verkaufszahlen wachsen die Elektronikschrottberge, insbesondere im Bereich der Mobiltelephone und Computertechnik stark an.

Der internationale Handel mit Elektronikschrott ist illegal und 159 Staaten haben die aus dem Jahr 1992 stammende „Basel Konvention“ ratifiziert, leider stellt diese für einige Länder nur ein totes Blatt Papier dar. Sie legt fest, dass der im eigenen Land produzierte Elektronikschrott daselbst entsorgt resp. recycelt werden muss, der Export außerhalb der Europäischen Union, ist verboten, außer unter strengen Auflagen.

Die rezente UNEP-Studie hat jedoch aufgezeigt, dass eine ganze Reihe von Ländern den eingesammelten Elektronikschrott nicht verarbeitet, sondern als Ramschware in die Schwellen- und Entwicklungsländer exportiert. Angesichts der derzeit hohen Preise für die in dem Elektronikschrott enthaltenen Edelmetalle oder anderen Substanzen macht es deshalb Sinn, diesen innerhalb der eigenen Grenzen aufzuarbeiten und möglichst ganze Baugruppen und Bauteile in die neuen Geräte einzubauen.

Falls das Recycling keinen wirtschaftlichen Sinn mehr ergibt, ist es sinnvoll, die stoffliche und energetische Verwertung der Kunststoffe und Metalle durchzuführen. Durch manuelle Demontage können die Bauteile zerlegt werden und der Rest in einer Schredderanlage verarbeitet werden kann. Die Kunststoffpartikel können z.B. in einem Drehrohrofen in der Zementindustrie verbrannt werden, ohne die Umwelt zu belasten, das Auftreten von Furane und Dioxine wird bei der Verbrennungstemperatur um 2000 °C unterbunden.

Skrupellose Machenschaften – Gefährdung der Menschen und Zerstörung der Umwelt

 Dem UNEP-Bericht sowie den vor Ort tätigen Hilfsorganisationen zufolge, verkaufen skrupellose Händler aus Europa und den USA (haben die „Basel Konvention“ nicht ratifiziert) Ladungen von Elektronikschrott als Second-Hand-Ware an die Schwellen- und Entwicklungsländer. Die Geräte werden als funktionstüchtig deklariert, auf diese Weise können die Müllsammler diese recyclierte Ware billig exportieren und satte Gewinne einstreichen. Den Berichten zufolge wurden im Jahr 2008 aus Deutschland etwa 155.000 t Elektronikschrott, 20 Prozent der gesammelten Menge, außer Landes gebracht.

Im Jahr 2006 wurden weltweit eine Milliarde Mobiltelephone, 230 Millionen Computer und 46 Millionen Fernsehgeräte verkauft. Etwa 40 Millionen t Elektrogeräte landen jährlich im Abfall und wertvolle Edelmetalle werden in die Umwelt entsorgt. Allein in China entstehen im Jahr 2010 voraussichtlich 2,3 Millionen t Elektronikschrott und in den Vereinigten Staaten von Amerika etwa drei Millionen t. In Indien wird der Elektronikmüllberg voraussichtlich um 500 Prozent bis 2020 gegenüber 2007 anwachsen und in Afrika um 400 Prozent.
 

Wäre es demzufolge nicht sinnvoll, die eingebauten Edelmetalle zu recyceln, dem UNEP-Bericht zufolge verliert die Europäische Union etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr durch dieses Unterlassen. Für die Gewinnung von 1 g Gold wird im Bergbau eine Tonne Erz bewegt, es wäre deshalb weitaus wirtschaftlicher, durch sachgerechtes Recycling dieses Edelmetall zu gewinnen. In 41 Mobiltelefonen ist dieses 1 g Gold eingebaut. Allein der Hinweis, dass in 1 t gebrauchter Handys – etwa 6000 Stück – rund 3,5 kg Silber, 170 g Gold, 140 g Palladium und 130 kg Kupfer enthalten sind, müsste uns hellhörig machen und ein sinnvolles Recycling in die Wege leiten.

Der in die Schwellen- und Entwicklungsländer gelangende Elektronikschrott wird dort in die einzelnen Bauteile zerlegt, diese Arbeit wird von Kindern und Jugendlichen durchgeführt, da sie billige Arbeitskräfte darstellen. Um an die Edelmetalle zu gelangen, werden die mit Kunststoff umhüllten Bauteile verbrannt, wobei sie mit giftigen Chemikalien u.a. Blei und Kadmium in Kontakt kommen. Des Weiteren atmen sie toxische und kanzerogene Dämpfe ein, welche ihre Lebenserwartung stark verringert, aber was kümmert dies die Reichen dieser Welt?

Die ausgelesenen Stoffe werden an die Händler verkauft und man erhält etwa 2 $ für 5 kg Aluminium resp. Kupfer. Nicht nur wird die Gesundheit der Jugendlichen ruiniert, auch die Umwelt wird stark belastet. Zum großen Teil werden die Furane und Dioxine sowie andere toxische Substanzen über die Bäche und Flüsse in die Weltmeere geschwemmt, um anschließend über die Nahrungskette den Menschen zugeführt zu werden – fürwahr ein tödlicher Kreislauf.

Neben den Edelmetallen Gold, Palladium und Silber spielen auch seltene Metalle u.a. Indium eine wachsende  Rolle für die Elektronikindustrie. Obwohl die bekannten Vorkommen sehr begrenzt sind, wird Indium nur in wenigen Werken recycelt, so deckt Japan fast die Hälfte seines Bedarfs an Indium durch Material-Recycling. Es ist eine Tatsache, dass sich der Marktwert dieser Metalle, die in den Elektro- und Elektronikgeräten verwendet wird, signifikant erhöht hat. Der hohe Preisanstieg der Edelmetalle zeigt einwandfrei, dass eine sichere Versorgung zu erschwinglichen Preisen nur dann langfristig gewährleistet werden kann, wenn wir effiziente Recyclingkreisläufe aufbauen und diese Stoffe aus dem Elektronikschrott rückgewonnen werden.

Laut dem Rektor der Universität der Vereinten Nationen, Konrad Osterwalder, bietet die Aufbereitung von Elektronikschrott hohe wirtschaftliche Chancen für die Recycling-Unternehmen. Zusammen mit den politischen Anstrengungen könnten mit dem Elektronikschrott viele dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen werden. Außerdem müssten weniger Rohstoffe, welche oft unter erbärmlichen Bedingungen für die Bergleute gewonnen werden. Darüber hinaus können die durch den Bergbau verursachten Umweltschäden erheblich verringert werden.

Die Frage ist demzufolge berechtigt:„Könnte man nicht ein geeignetes Recyclingzenter für Elektronikschrott in unserer Großregion mit ihren 11,5 Millionen Menschen einrichten und hier dauerhafte Arbeitsplätze sowie einen erheblichen wirtschaftlichen Mehrwert schaffen?“

In ihrer Schlussfolgerung fordert die UNEP deshalb einen fairen globalen Warenkreislauf für den Elektronikschrott und die absolute Anwendung der „Basel Konvention“. Dergestalt kann die Gesundheit von Millionen Menschen gerettet und ihre Umwelt weniger belastet werden. Es kann nicht angehen, dass bei den Reichen die heile Welt herrscht, hingegen das totale Chaos bei den Armen regiert.     

 
Literaturhinweise:

http://de.news.yahoo.com/ UNO warnt vor Elektroschrott-Bergen in Schwellenländern

http://www.n24.de/Studie: Tausende Tonnen Elektroschrott landen im Ausland

http://derstandard.at/UN-Entwicklungsländer drohen im Elektroschrott zu versinken