Als Ende 2008 die Reform der Berufsausbildung im Parlament gestimmt wurde, wurde dies trotz einiger Schönheitsfehler allgemein begrüsst. Mit diesem Gesetz sollte der Weg hin zu einer Berufsausbildung gebahnt werden, die im 21.Jahrhundert benötigt wird, um sowohl die Jugendlichen für den Arbeitsmarkt optimal zu qualifizieren, wie auch dem Luxemburger Arbeitsmarkt jene Arbeitskräfte zu kommen zu lassen, die unsere sich immer weiter entwickelnde Wirtschaft braucht. CSV Generalsekretär Marc Spautz zu Gast im Land
Eine der Schwachstellen des Gesetzes sind die zahlreich vorgesehenen Ausführungsbestimmungen, die längstens vorliegen müssten, um das Gesetz ab Schulanfang Mitte September 2010 in die Realität umsetzen zu können. Die vor zwei Wochen anberaumte Pressekonferenz der Chambre des Salariés (CSL) hat dies mehr als deutlich aufgezeigt und es wäre an der Zeit, für Klarheit zu sorgen, denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft jenes Teils unserer Jugend, die den Weg der dualen Berufsausbildung bestreitet.
Wenn bis heute ein grosser notwendiger Bestandteil eines Gesetzes nicht bekannt ist, also ein Ministerium eigentlich seine Hausaufgaben nicht getan hat, dann ist das keine gute Voraussetzung für das Gelingen einer solch wichtigen Reform. Unser Arbeitsmarkt und vor allem unsere Jugend – aber nicht nur die – braucht eine Qualifikation, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Und die aktuelle Analyse der Zahlen des Arbeitsamtes unterstreicht diese These: Wenn über 40 Prozent der Arbeitssuchenden als unqualifiziert gelten, wenn 20 Prozent unserer Jugendlichen die Schule ohne Abschluss verlassen, dann dürfte jedem bewusst sein, dass hier noch viel Arbeit geleistet werden muss.
Wir können es uns als Land erstens nicht leisten, Jugendliche ohne Qualifikation aus unserem Schulsystem zu entlassen und zweitens verkraftet dies auf Dauer weder unsere Wirtschaft noch unsere Gesellschaft in Bezug auf sozialen Zusammenhalt und Frieden. Ein Land, dessen einzige Ressource das Wissen und die Qualifikation seiner Einwohner sind, täte gut daran, sich dieser Problematik anzunehmen, es sei denn der soziale Frieden bedeutet einem wenig!
Die Reform der Berufsausbildung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr und besserer Qualifikation. Dies muss aber unter Bedingungen geschehen, die bekannt und transparent sind, die im Konsens und echter Partnerschaft zwischen Staat und Berufskammern – sowohl jener des Salariats wie auch des Patronats – ablaufen. Und dies scheint im Moment nicht der Fall zu sein: Sowohl die Vertretung der Arbeitnehmer, wie auch jene der Arbeitgeber sind mit der jetzigen Ausrichtung des Reform unzufrieden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für die Politik!
Neben dem Erziehungsministerium, welches bei dieser Reform federführend ist, muss aber auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Arbeits- und dem Wirtschaftsministerium angestrebt werden. Dass in vielen Bereichen die Zusammenarbeit zwischen Arbeits- und Erziehungsministerium seit neuestem enger verknüpft wurde und so auch erste Resultate sichtbar werden, ist der richtige Weg. Aber nun muss die Zusammenarbeit systematischer und selbstverständlicher werden. Mit eingebunden werden muss aber auf jeden Fall das Wirtschaftsministerium. Nur wenn dieses Ministerium das zuständige Erziehungsministerium regelmässig darüber informiert, welche Qualifikationen die Betriebe demnächst benötigen, welche Qualifikationen hinfällig sind, dann bewegen wir uns in die richtige Richtung.
Jugendlichen heute zu erklären, dass ihre gerade erhaltene Qualifikation vom Arbeitsmarkt nicht gebraucht wird, ist nicht gerade motivierend. Vor allem wenn deren ganzes Arbeitsleben noch vor ihnen liegt! Luxemburg kann es sich einfach nicht mehr leisten, seine Jugendlichen falsch zu orientieren und ungenügend ausgebildet aus den Schulen zu entlassen. Die angestrebten Reformen zeigen in die richtige Richtung, aber es stellt sich nun die Frage, ob nicht eher Porzellan zerschlagen wird, wenn jetzt mit der Brechstange eine Reform durchgedrückt wird, die nicht ausgereift und wohlüberlegt ist. Die verantwortlichen Politiker und die Vertreter der Berufskammern müssen sich zügig auf eine Linie einigen. Die reibungslose Zusammenarbeit sowie der Informationsfluss zwischen den involvierten Ministerien muss gewährleistet sein. Luxemburg braucht gut ausgebildete und qualifizierte Arbeitnehmer für seinen Arbeitsmarkt: Dies ist aber nur möglich, wenn alle Akteure konsequent an einem Strang ziehen!
Marc Spautz
Abgeordneter
Generalsekretär der CSV
Quelle: Lëtzebuerger Land, 5. März 2010