Die Nutzung der Offshore-Windenergie in Europa

“Die Energieversorgung, bisher zu hohen Anteilen auf den fossilen Energieträgern beruhend, wird angesichts der Klimadiskussion einer kritischen Bewertung unterzogen. Für die Europäische Union stellt sich die Frage der sicheren und nachhaltigen Versorgung mit relativ kostengünstigen Energieträgern in einem verstärkten Maß, weist sie doch eine ständig steigende Energieabhängigkeit auf. Der Internationalen Energieagentur zufolge wird sich der aktuelle weltweite Energieverbrauch ohne grundlegenden Wandel um 40 Prozent bis 2030 erhöhen.” Eine freie Tribüne von Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter

Viele Wirtschaftswissenschaftler warnen vor dem rapiden Verbraucheranstieg an fossilen Energieträgern, wenn die Wirtschafts- und Finanzkrisen zu Ende gehen. Die aufstrebenden Schwellenländer, insbesondere in Asien, werden hier eine ausschlaggebende Rolle spielen.
Die Europäische Union muss sich deshalb viel intensiver mit der Erhöhung der Energieeffizienz sowie der Nutzung der heimischen erneuerbaren Energien beschäftigen. Die 27 EU-Mitgliedstaaten haben die Verringerung der CO2-Emissionen um mindestens 20 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 vorgesehen, ein wichtiges Element auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft.

Die Windenergie auf dem Meer ernten 

In Bezug auf die Neuausrichtung der europäischen Energieversorgung werden demzufolge Innovationen in der Energieinfrastruktur, als ein unverzichtbarer Bestandteil der nachhaltigen Energiewende, benötigt. Im Dezember 2009 wurde die Absicht hinsichtlich des DESERTEC-Projektes geäußert, mittels welchem die Solarenergie der afrikanischen großflächigen Wüstengebiete genutzt werden soll. Die durch die Photovoltaik- und die Parabolrinnen-Kraftwerke gewonnene elektrische Energie soll den Menschen in den Maghreb-Staaten und der Sahelzone als Motor der Entwicklung dienen. Den Überschuss werden wir mittels Freileitungen mit Hochspannungsgleichstrom in die Europäische Union transportieren. 

Auch wenn dem Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 der gewünschte Erfolg nicht gegönnt war, so haben sch die EU-Nordseeanrainerstaaten Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Dänemark, die Niederlande, Irland, Luxemburg und Schweden für ein weiteres ambitiöses Projekt der Nutzung der Windenergie in der Nordsee entschieden. Die hier erzeugte elektrische Energie wird über Unterwasserkabel in das europäische Verbundnetz UCTE eingespeist. Dieses Projekt erfordert in der Anfangsphase die Kapitalbindung von 30 Milliarden Euro und stellt ein Vorzeigeprojekt im Rahmen des „EU-Energie-Klima-Paket“ dar, welches mindestens 20 Prozent an erneuerbarer Energie im Gesamtenergieverbrauch bis zum Horizont 2020 verlangt. 

Die Kapazität der Windenergienutzung in der Europäischen Union beträgt derzeit etwa 75.000 MW und wird sich am Horizont 2020 auf etwa 230.000 MW erhöhen. Davon stehen rund 80 Prozent als onshore-Windparks und die anderen 20 Prozent als offshore-Windparks zur Verfügung. Um die produzierten Energiemengen sinnvoll an die Verbraucher weiter zuleiten, bedarf es jedoch einer umfassenden Logistik der Übertragungskapazitäten. 

Es kommt zu einer engen Verzahnung von Solaranlagen, von Biomasse- und Wasserkraftwerken, um den Verbrauchern die elektrische grüne Energie zu liefern. Die Europäische Union wird demzufolge über hochenergieeffiziente thermische Kohle- und Nuklearkraftwerke verfügen, welche neben einer steigenden Anzahl von dezentralen Kraftwerken auf Basis der erneuerbaren Energien, in das Hochspannungsnetz einspeisen und die Versorgungssicherheit erhöhen. 

Die Nutzung der erneuerbaren Energien Solarenergie und Windkraft weist jedoch den Nachteil der Unbeständigkeit auf. Um die wetterbedingten Schwankungen in der Produktion von elektrischer Energie abzufedern, wird der überschüssige „Windstrom“, im Fall von hohem Windangebot u.a. zu den Pumpspeicherkraftwerken Typ Vianden transportiert, um dort Wasser hoch zu pumpen. Bei Bedarf von Spitzenleistung kann dann die veredelte elektrische Energie wieder in das Verbundnetz rückgespeist werden; diese effiziente Ausgleichaufgabe wird sicher den Bau der 11. Pumpstromturbine in Vianden beflügeln. Diese überschüssige, aus der Windenergie sowie aus der Solarenergie, gewonnene elektrische Energie, kann ebenfalls für die Beladung von Lithium-Ion-Batterien in Elektroautos und zur Herstellung von Methan genutzt werden. 

Die Europäische Union sieht in der Verwirklichung dieses ambitiösen Versorgungssystems ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Damit das Projekt umgehend starten kann, haben die Regierungen aus Deutschland, Dänemark, im Vereinigten Königreich, Niederlanden und Belgien erste Schritte eingeleitet und offshore-Windparks mit einer Gesamtkapazität von rund 32.000 MW ausgewiesen.
Etwa 80 offshore-Windparks wurden in den deutschen Gewässern der Nord- und Ostsee angemeldet. Der erste Windpark „Bard offshore 1“ soll bereits Ende 2010 fertig gestellt sein und maximal 400 MW elektrischer Leistung bereitstellen. Ein offshore-Windpark von 295 MW wird etwa 30 km nordwestlich von Helgoland und ein weiterer mit einer maximalen Leistung von 950 MW ist derzeit in Planung. Bis 2020 sollen in der Nord- und Ostsee Deutschlands etwa 12.000 MW und bis 2030 etwa 25.000 MW installiert werden. 

Die britische Regierung möchte etwa 5.000 offshore-Windenergieanlagen bis 2020 installiert sehen. Die „Dogger Bank“ ist das größte Gebiet unter den insgesamt neun ausgewiesenen englischen offshore-Gebieten, es liegt etwa 125 bis 195 km vor der Küste der ostenglischen Grafschaft Yorkshire. Es werden zu Beginn 9.000 MW installiert, um später 13.000 MW zu erreichen. Vor der Küste Belgiens hat der Windpark „Thornton Bank“ mit einer Anfangsleistung von 30 MW seinen Betrieb bereits aufgenommen genau wie verschiedene offshore-Windparks in Dänemark u.a. „Mittelgrunden“ und „Horns Rev“. 

Angesichts dieser Flut von ehrgeizigen Projekten, welche hohe finanzielle Mittel binden, werden Hunderttausende dauerhafte Arbeitsplätze in der Europäischen Union geschaffen. Dass die Forschung und Entwicklung der Windenergieanlagen schnell voranschreiten, erkennt man an der elektrischen Leistung der Windenergieanlagen. Verfügten die Anlagen noch im Jahr 2000 über die elektrische Leistung von 1,5 bis 2 MW so werden derzeit Anlagen von 7 MW entwickelt und das Ende ist noch nicht abzusehen, wird doch schon von 10 MW gesprochen.
Im vergangenen Jahr 2009 wurden offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 577 MW ans Netz gebracht und die „Europäische Vereinigung Windenergie“ sieht den Bau von weiteren offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 1.000 MW im Jahr 2010 vor und der Umsatz in der Windenergiebranche belief sich auf 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2009. 

Luxemburg hat sich als einziges Binnenland mit den acht europäischen Staaten in diesen nachhaltigen Energieprozess eingebracht. Es würde jedoch auch Sinn machen, neben der Einbindung des Pumpspeicherkraftwerkes Vianden auch die Universität Luxemburg im Bereich des Monitoring der unzähligen Windenergieanlagen einzubringen. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn der luxemburgische Stahlkonzern sein Wissen in den Bau der gigantischen offshore-Windparks einbringen könnte, dies könnte der Schaffung von neuen dauerhaften Arbeitsplätzen in vielen Bereichen Vorschub leisten.

Schlussgedanken 

Um die Energieversorgungssicherheit zu erhöhen, werden wir neue Systemstrukturen schaffen und dies Forschung, Entwicklung und Demonstration. Hier muss sich die Europäische Union zum „global player“ in Sachen Nachhaltigkeit entwickeln. Das wirtschaftliche Handeln sollte derart gestaltet werden, dass die natürlichen Grundlagen, denen wir unser Überleben verdanken, so stark beansprucht werden, dass die langfristigen Umweltinteressen Vorrang vor den kurzfristigen Wirtschaftsinteressen haben. 

Dr.-Ing. Marcel Oberweis, CSV Abgeordneter, 21. Januar 2010

Literaturhinweise:

http://www.maritimestellenangebote.de Milliardenprojekt geplant
http://www.euractiv.de/energie-klima-und-umwelt – Europas Offshore-Windenergie boomt
http://www.welt.de/wirtschaft Windkraft – Großbritannien überflügelt Deutschland