Erdbeben in Haiti, Drei Fragen an Kooperationsministerin Jacobs

Erdbeben in Haiti, Drei Fragen an Kooperationsministerin Marie-Josée Jacobs

Luxemburger Wort, 19. Januar 2010

Ady Richard: Frau Ministerin, gestern Morgen haben in Brüssel die Kooperationsminister der Europäischen Union in Sachen Hilfe für Haiti getagt. Wie war die Stimmung bei Ihnen und Ihren Amtskollegen?

Marie-Josée Jacobs: Ich bin immer noch erschüttert. Und wir waren und sind alle erschüttert über die Verzweiflung der Menschen in Haiti. Das Land in der Karibik, das ja sowieso schon zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, musste eine der weltweit größten Naturkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte erleiden. Der Tod ist überall. Selbst die halbe Regierung und die halbe Verwaltung des Landes sind bei dem Erdbeben gestorben. Was ich aber auch verspürt habe, ist eine große Hilfsbereitschaft Europas und eine nicht weniger große Entschlossenheit der Union.

Ady Richard: Führt diese Entschlossenheit nun auch zu konkreter finanzieller Solidarität mit den Menschen in Port-au-Prince und anderswo? Und kommt die Hilfe an?

Marie-Josée Jacobs: Europa wird seine Verantwortung übernehmen. Und Luxemburg auch. Auch wenn wir zurzeit die genauen Hilfsleistungen noch nicht beziffern können. Wir werden uns an den Bedürfnissen orientieren. Demnächst wird die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach Washington fliegen und die Hilfe transatlantisch absprechen. Wir werden aber nicht nur Haiti helfen, sondern auch der Dominikanischen Republik. Und zwar nicht nur kurzfristig, sondern auch über die nächsten Monate und Jahre. Haiti kann auf Europa zählen. Auch nach dem Abzug der Fernsehkameras.

Ady Richard: Sehen Sie trotz aller Tragik eigentlich auch ein Fünkchen Hoffnung am Ende des Tunnels?

Marie-Josée Jacobs: Ja, auch wenn zurzeit Leid und Chaos, das übrigens auch die Hilfe beeinträchtigt, überwiegen. Denn das Leid ist nicht zu beschreiben. Mein französischer Kollege, der gestern direkt aus Haiti zu uns geflogen ist, hat uns von den unbeschreibbaren Zuständen berichtet Vor diesem Hintergrund will ich ausdrücklich die große Solidarität der Luxemburger und auch die große Hilfsbereitschaft der Luxemburger Hilfskräfte vor Ort loben. Dies ist weiß Gott nicht immer selbstverständlich und auch nicht immer einfach. Ich glaube aber ebenso an die gestalterische Kraft der Menschen in Haiti. Nicht zuletzt deshalb habe ich Hoffnung, dass sie – mit unserer Hilfe – ihr Land wieder aufbauen können. Vielleicht sogar besser als zuvor. 

Quelle: Luxemburger Wort, 19. Januar 2010, Ady Richard