Für Medienminister François Biltgen geht es bei der Filmförderung auch um wirtschaftliche und soziale Aspekte. François Biltgen im Télécran-Interview
Télécran: Bei der Regierungsbildung im August haben Sie als Medienminister wieder die Zuständigkeit für den Film übernommen, die Sie 2004 an Ihren Parteikollegen Jean-Louis Schiltz abgegeben hatten. Hat sich in diesen fünf Jahren viel geändert?
François Biltgen: Von Änderungen würde ich nicht sprechen, eher von einer Konsolidierung der Branche in den letzten Jahren. Dazu hat auch beigetragen, dass wir die Gesetzgebung über die audiovisuellen Investitionszertifikate überarbeitet haben, um sie besser dem Produktionsumfeld anzupassen. Es geht bei der Filmherstellung ja nicht nur um den Film an sich, sondern um einen Wirtschaftszweig, das, was man heute als Content-Industrie bezeichnet. Mehr noch, die Filmpolitik hat auch eine soziale Dimension: Produzenten, Regisseuren, Technikern und Schauspielern Arbeit zu geben. In Luxemburg sind heute in der Filmbranche immerhin mehr als 600 Personen aktiv, Filmschaffende und im direkten Servicebereich tätige Personen zusammengerechnet.
Télécran: Die einheimischen Produzenten und Regisseure würden am liebsten noch mehr Filme drehen, wenn die staatliche Unterstützung in gleichem Maße zunehmen würde. Wie realistisch sind solche Forderungen in Zeiten knapper werdenden staatlichen Mittel?
François Biltgen: Wenn ich von Konsolidierung spreche, meine ich damit auch, dass dieser Wirtschaftssektor so gefestigt wird, dass er nicht von Subventionen allein lebt. Zu den Prioritäten in diesem Bereich, so wie sie im Regierungsprogramm festgehalten worden sind, zählt deshalb die Einrichtung von Filmstudios in Düdelingen, in einem stillgelegten Arbed-Walzwerk. Dies soll den Filmproduzenten eine zentrale Arbeitsstätte geben, ein Arbeitsinstrument, das Dreharbeiten effizienter und kostengünstiger macht. Ein solches Studio trägt aber auch dazu bei, die Filmproduktion in Luxemburg nach außen hin sichtbarer zu machen.
Télécran: Wer wird diese Studios betreiben?
François Biltgen: Trägerin des Projekts soll die Produzentenvereinigung ULPA werden. Aber auch andere Partner, wie die Regierung und die Stadt Düdelingen ziehen mit am Strang bei diesem Projekt, das neben den Filmstudios noch andere Komponenten umfassen soll. Anfang 2010 will die Regierung sich im Detail mit der Sache befassen.
Télécran: Europäische Zusammenarbeit wird in der Filmproduktion allein schon aus finanziellen Gründen großgeschrieben. Wie steht es mit der Zusammenarbeit in der Großregion?
François Biltgen: In der Großregion ist dies schwieriger, weil es in Regionen wie der Lorraine oder dem Saarland zum Beispiel zwar Filmemacher gibt, die regionalen .finanziellen Fördermitteln aberstark reduziert sind. Mit Kanada/Québec haben wir anfangs der Neunziger das erste Koproduktionsabkommen unterschrieben darauf folgten Abkommen mit Frankreich, Deutschland und Österreich. Die Schweiz und Irland werden die nächsten Länder sein mit denen wir unsere bilateralen Beziehungen formalisieren werden.
Télécran: Die Auswahl für den "Filmpräis" ist mit insgesamt 51 Produktionen diesmal größer als je zuvor. Ist das für Sie als Medienpolitiker eine besondere Genugtuung?
François Biltgen: Ja, vor allem bin ich froh, dass ich die Idee dieses Preises in meiner ersten Amtszeit als Ressortminister lanciert habe. Nicht jeder war damals sofort begeistert – es gab auch Skepsis, was den Sinn eines solchen Preises betraf, und eine gewisse Nervosität, was die technische Durchführung anging. Dabei dachte ich nie an eine glamouröse Zeremonie wie etwa bei den Oscars oder dem Deutschen Filmpreis. Der "Letzebuerger Filmpräis" sollte in meinen Augen einfach ein Fest der Filmschaffenden sein. Mit der Organisation des Abends habe ich aber nichts zu tun, und ich bin gespannt, was sich das zuständige Komitee diesmal ausgedacht hat.
Télécran: Wie viele der 51 Filme haben Sie denn gesehen?
François Biltgen: Ins Kino komme ich leider allzu selten, aber in den letzten Wochen habe ich versucht, mir zu Hause möglichst viele jener Filme anzusehen, unter denen die Jury ihre Wahl trifft. Unabhängig davon, ob ich einen Film mag oder weniger mag, bin ich allein schon durch das hohe technische Niveau all dieser Produktionen beeindruckt. Die Dokumentarfilme habe ich z. B. schon alle gesehen. Mir gefällt, dass sie sehr unterschiedliche, zum Teil wenig bekannte Facetten der luxemburgischen Geschichte, Kultur und Gesellschaft zeigen.
Télécran: A propos Preise – können Sie sich vorstellen, dass ein Film aus Luxemburg einmal Sieger bei einem großen ausländischen Festival wird?
François Biltgen: Das wäre natürlich eine große Anerkennung für unsere Filmszene, doch meine Sorge gilt vor allem einem dauerhaften Ausbau der Branche. Mir ist es wichtig, dass alle Filmschaffenden hierzulande Arbeit haben – wichtiger als alle Preise, so sehr man sich darüber freuen kann. Und, nicht zu vergessen: auch das Publikum zählt. Filme werden für Zuschauer gemacht, das sollte man sich immer vor Augen halten.
Quelle: Télécran, 24. November 2009, Interview jls