Im Zeichen der Erneuerung

CSV-Nationalkongress am Samstag in Moutfort : Michel Wolter und Marc Spautz an die Spitze der CSV gewählt

VON DANI SCHUMACHER 

In den kommenden Jahren wird Michel Wolter die CSV anführen. Die Delegierten des CSV-Nationalkongresses wählten den früheren Innenminister mit knapp 90 Prozent der Stimmen zum neuen Parteipräsidenten. Ihm zur Seite steht Marc Spautz, der das Amt des Generalsekretärs von Marco Schank übernimmt. Die neuen Vizepräsidenten heißen Claude Wiseler und Octavie Modert.

Nach sieben Jahren an der Spitze der christlich-sozialen Volkspartei reichte François Biltgen am Samstag beim CSV-Nationakongress in Moutfort den Stab an Michel Wolter weiter. Wolter wurde mit 89,9 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen Parteipräsidenten gewählt. Er ist seit 1979 der erste Parteipräsident, der nicht zugleich einen Ministerposten bekleidet. Dies sei eine ganz bewusste Entscheidung, so Premier Juncker.

Er wolle den Ausgleich suchen, versprach Michel Wolter in seiner programmatischen Antrittsrede. Wolter, der nicht unbedingt als Konsenspolitiker gilt, gestand dies sei für ihn „eine neue Dimension“. Die Parteimitglieder müssen sich denn auch nicht auf eine „Revolution“ gefasst machen. Anstatt alles über den Haufen zu werfen, werde er auf das Erreichte aufbauen und nur dort Veränderungen herbeiführen, wo dies wirklich notwendig sei. „Erneuerung in der Kontinuität“ hieß denn auch ein Leitantrag, der vom Kongress verabschiedet wurde. Darin beschließen die Delegierten punktuelle Anpassungen am CSV-Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2002 und an den Statuten aus dem Jahr 2001.
Der neue CSV-Präsident ist sich bewusst, dass er ein schweres Erbe antritt und gibt sich dementsprechend realistisch. François Biltgen habe die Partei durch zwei Wahlen mit historischem Ausgang führt. „Es darf nun nicht ausschließlich darum gehen, das Wahlresultat noch zu überbieten. Es muss vor allem darum gehen, das Land durch schwierige Zeiten zu führen“, erklärte Wolter. Dass dabei die eine oder andere unpopuläre Entscheidung gefällt werden muss, bleibe nicht aus. Wenn sich beispielsweise herausstellen sollte, dass das aktuelle Wirtschaftsmodell die erforderlichen vier Prozent Wachstum nicht mehr hervorbringen kann, dann müsse man rechtzeitig reagieren und das Modell einer einschneidenden Korrektur unterziehen, so Wolter. Auf keinen Fall dürfe man aber die Augen vor dem Problem verschließen.

Sorgen bereitet Wolter auch die Anwendung des Parteienfinanzierungsgesetzes. Als „Flächenpartei“ sei die CSV mit größeren Schwierigkeiten konfrontiert. Wolter will deshalb prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, einen hauptamtlichen Schatzmeister einzustellen. Zum Selbstverständnis der CSV betonte Wolter, dass sich die Christlich-Sozialen weiterhin als Partei der Mitte definieren müssten, dass die Partei für alle Bevölkerungsschichten offen stehen und dass die katholische Soziallehre Basis allen Handelns sein müsse: „Die CSV ist die Partei, auf die man sich verlassen kann“, so Wolter.

Die erste Amtshandlung

Die erste „Amtshandlung“ des neuen Parteivorsitzenden bestand darin, sich bei seinem Vorgänger François Biltgen zu bedanken. Im Namen der Partei überreichte Michel Wolter dem scheidenen Präsidenten zwei Schachbretter, im eigenen Namen gab es dann noch eine Flasche Rotwein. Wolter bot sich allerdings an, den edlen Tropfen gemeinsam mit seinem Freund „Fränz“ zu trinken.

Es blieb aber nicht nur bei den Geschenken. Absolute Einigkeit herrschte in der CSV-Führungsriege, als es darum ging, Biltgens Verdienste an der Spitze der Partei zu würdigen. Parteipräsident Wolter, Fraktionschef Schiltz und Premier Juncker erinnerten u.a. an die historischen Wahlresultate, die die Christlich-Sozialen unter der Führung von François Biltgen einfahren konnten. Dass sein aufbrausendes Temperament und sein Hang zum Chaos den Parteikollegen das Leben oft schwergemacht hätten, habe man gern in Kauf genommen, so Jean-Louis Schiltz.

Nach sieben Jahren an der Spitze der Partei verabschiedete sich François Biltgen denn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Jahre seiner Präsidentschaft seien nicht spurlos an ihm vorbeigegangen, gestand er. Auch habe er seine Entscheidungen immer wieder in Zweifel gezogen. Doch der Erfolg habe ihm letztendlich Recht gegeben, so François Biltgen im Rückblick. Sichtbar stolz zeigte sich der scheidende Parteivorsitzende über die Tatsache, dass sich die CSV in den letzten Jahren deutlich über der 30-Prozent-Marke etablieren konnte. Die CSV sei damit die einzig wahre Volkspartei, so Biltgen mit sichtlicher Genugtuung. François Biltgen räumte aber auch einige Defizite seiner Präsidentschaft ein. So sei es ihm leider nicht gelungen, die politische Weiterbildung so zu strukturieren, wie er sich das eigentlich vorgenommen hatte. Und auch im Kommunikationsbereich sieht er noch Handlungsbedarf.

Er habe seinerzeit ein gut bestelltes Haus von seiner Vorgängerin Erna Hennicot-Schoepges übernommen, resümierte Biltgen in seiner Abschiedsrede vor den knapp 500 Delegierten. Heute, sieben Jahre später, sei das Haus immer noch gut bestellt, allerdings sei es merklich größer geworden. Nun sei es an Michel Wolter als neuem Hausherrn, die große CSV-Familie auch zusammenzuhalten. Biltgen versprach allerdings, nicht in den „Schwiegermutterkomplex“ zu verfallen und seinem Nachfolger in seine Amtsführung hineinreden zu wollen.

Die Wahlresultate
Neben Michel Wolter (304 von 338 Stimmen / 89,9 Prozent) und Marc Spautz (299 Stimmen / 88,4 Prozent), die zum neuen Präsidenten bz.w. Generalsekretär der CSV gewählt wurden, bestimmten die Delegierten am Samstag
Claude Wiseler (301 Stimmen) und Octavie Modert (283 Stimmen) zu den neuen Vizepräsidenten der Partei. Schatzmeister bleibt Georges Heirendt, der mit 319 Stimmen im Amt bestätigt wurde.
Die Abgeordneten Emile Eicher und Jean-Paul Schaaf vertreten künftig den Bezirk Norden im Nationalvorstand. Hier lagen nur zwei Kandidaturen vor. Im Osten fiel die Wahl auf Liane Felten (171 Stimmen) und Romain Osweiler (169 Stimmen). Im Bezirk Süden wurden Félix Eischen (271 Stimmen) und Martine Deprez (232 Stimmen) gewählt, derweil die Delegierten im Zentrum Maurice Bauer (256 Stimmen) und Martine Mergen (220 Stimmen) in den Nationalvorstand beriefen.

Quelle: Luxemburger Wort, 16. November 2009