Das Regierungsabkommen: Bau der neuen Nationalbibliothek genießt Priorität
Luxemburger Wort, 25. September 2009, Dani Schumacher
Prestigeprojekte wie die Philharmonie oder das Musee d’Art moderne wird es in der laufenden Legislaturperiode nicht geben. Bis auf wenige Ausnahmen ist eher kultureller Feinschliff angesagt. Das Angebot soll für alle zugänglich und der Kulturbetrieb professioneller werden. Die Kulturpolitik spielt sich aber nicht im luftleeren Raum ab, sondern verfolgt u.a. auch wirtschaftliche Interessen.
"Transversal" lautet denn auch das Zauberwort, nach dem sich die Kulturpolitik der kommenden fünf Jahre richten soll. Im Klartext bedeutet dies, dass die Regierung sich bei der Gestaltung der Kulturpolitik nicht auf das Kulturressort beschränken will, sondern dass auch andere Ministerien einbezogen werden. Die Idee, die dahinter steckt, ist einleuchtend: Es geht nicht nur um "l’art pour l’art", sondern die Kulturpolitik hat auch eine ganz handfeste ökonomische Seite. Die Kultur schafft Jobs und trägt zu mehr Lebensqualität bei, heißt es in dem Zusammenhang im Regierungsprogramm.
Im Klartext bedeutet dies, dass u.a. der Kulturtourismus gefördert werden soll. Davon verspricht sich die Regierung nicht zuletzt eine Diversifizierung der Wirtschaft. Um die luxemburgische Kulturlandschaft für ausländische Besucher attraktiver zu gestalten, sollen u.a. die Öffnungszeiten der Museen und der Kulturinstitute einer Überprüfung unterzogen werden. Die diplomatischen Vertretungen im Ausland sollen verstärkt für die luxemburgischen Kulturgüter werben. Koordiniert wird das Ganze von einem interministeriellen Komitee, dem sowohl Vertreter des Kultur- als auch des Außenministeriums angehören sollen. Gleichzeitig strebt die Regierung eine Professionalisierung der Kulturlandschaft an. Auch soll die im vergangenen Jahr gegründete Fondation de Luxembourg stärker mit dem Kulturfonds zusammenarbeiten: Hier könnten neue Möglichkeiten für das Mäzenatentum entstehen, so die Hoffnung. Eine engere Zusammenarbeit soll auch zwischen dem Centre national de l’audiovisuel und den Filmproduktionsfirmen entstehen. Voraussetzung ist allerdings die Fertigstellung der Filmstudios in Düdelingen.
Lange wird bereits darüber debattiert, nun soll sie endlich Wirklichkeit werden. Auf jeden Fall steht der Bau der neuen Nationalbibliothek ganz oben auf der Prioritätenliste der Regierung. Um die bestehenden Synergien zwischen Bibliothek einerseits und Universität und öffentlichen Forschungsanstalten andererseits zu vertiefen, soll das Statut angepasst werden: Die Bibliothek soll sowohl National- als auch Universitätsbibliothek werden. A propos Bibliothek: Geht es nach dem Willen von Schwarz-Rot, soll der Gesetzentwurf, mit dem ein legales Statut für die öffentlichen Bibliotheken geschaffen werden soll, möglichst schnell zu Abstimmung gebracht werden. Das Nationalarchiv, das ebenfalls aus allen Nähten platzt, wird seine – definitive Bleibe in Esch-Belval finden. Die Koalition will ferner die digitale Archivierung vorantreiben.
Kurz und knapp geht das Regierungsprogramm auf das Festungsmuseum ein. Es soll gemäß den Leitlinien fertiggestellt werden, die im rezenten Gesetzentwurf zur Finanzierung festgehalten wurden. Allerdings liegt die betreffende Gesetzesinitiative noch nicht vor. Gewusst ist nur, dass das Festungsmuseum seine Eigenständigkeit verliert und dem Nationalmuseum unterstellt wird. Dies hatte der Regierungsrat am 31. Juli bei seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschlossen: Über den Weg eines großherzoglichen Erlasses wird ein "Centre de documentation sur la forteresse de Luxembourg auprès du Musee national d’histoire et d’art" geschaffen. Das Projekt eines nationalen Resistenzmuseums will die Regierung ebenfalls in Angriff nehmen.
Schließlich hat sich das Kabinett Juncker-Asselborn II noch vorgenommen, die Arbeiten am Denkmalschutzgesetz endlich abzuschließen. Der Gesetzentwurf war bereits am 17. Oktober 2000 von der damaligen Kulturministerin Erna Hennicot-Schoepges eingebracht worden und hat seither unzählige Änderungen erfahren. Seit der Staatsrat im Dezember 2007 ein zweites Zusatzgutachten abgegeben hat, liegt das Projekt nun auf Eis. Im Zusammenhang mit dem Denkmalschutzgesetz will die Regierung zusammen mit den Kommunen ein Inventar mit allen Baudenkmälern erstellen.
Als weitere Priorität hat sich die Regierung die Öffnung der Kultur für eine möglichst breite Bevölkerungsschicht auf die Fahnen geschrieben. Die Kultur habe einen hohen Integrationsfaktor und trage nicht unwesentlich zur sozialen Kohäsion bei, heißt es im Regierungsabkommen. Dabei setzt Schwarz-Rot besonders auf den Jugend- und auf den Kulturpass. Für Jugendliche unter 20 Jahren und für Studenten soll der Museumsbesuch künftig gratis sein. Der Kulturpass wendet sich an die sozial schwachen Bevölkerungsgruppen. Insgesamt will die Regierung ein breiteres Publikum ansprechen. Einerseits hat sie die Kleinen im Visier und will die Kultur in die Schulen und in die Betreuungsstrukturen tragen. Auf der anderen Seite sollen auch die Senioren das kulturelle Angebot stärker nutzen können. Künstler könnten etwa in Seniorenheimen auftreten.
Schließlich will die Regierung ein "Forum der Kulturen" ins Leben rufen. Die neue Plattform soll dazu dienen, Luxemburger und Nicht-Luxemburger zusammenzubringen und den interkulturellen Dialog zu fördern. Ein besseres Miteinander erhofft sich die schwarz-rote Koalition auch durch die Stärkung der luxemburgischen Sprache. Zum einen sollen die Arbeiten an dem großen fünfsprachigen Wörterbuch möglichst zügig zu Ende geführt werden. Die Universität wird darüber hinaus einen Master-Studiengang in Luxemburgisch anbieten und die vielsprachige luxemburgische Literatur soll Einzug in die Schulprogramme halten.
Die CSV/LSAP-Koalition will aber auch den Künstlern, die von ihrer Kunst leben wollen, unter die Arme greifen. Dies gilt vor allem für junge Künstler, die sich erst noch einen Namen machen müssen. Eine Agentur soll für sie und ihr Werk die Werbetrommel rühren. Ein "guichet unique" soll den Kunstschaffenden zudem das Leben erleichtern. Außerdem soll das Künstlerstatut überprüft werden.
Quelle: Luxemburger Wort, 25. September 2009, Dani Schumacher
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