Kinder trotz Karriere

Das Regierungsprogramm: Bessere Rahmenbedingungen sollen Familienplanung erleichtern

Luxemburger Wort, 24. September 2009, Pit Bouché

Für die Regierung bleibt eine der Prioritäten der Familienpolitik, es der Bevölkerung, besonders den Frauen, zu ermöglichen, Berufs- und Familienleben besser zu vereinbaren. Daneben gilt es für Familien- und Integrationsministerin Marie-Josée Jacobs, die Einbindung von Ausländern sowie von ärmeren, älteren oder behinderten Menschen in die Gesellschaft zu gewährleisten. Kontroverse Diskussionen sind dann wohl im Zuge der von Schwarz-Rot geplanten Reform der Abtreibungsgesetzgebung zu erwarten.

Bis 2014 sollen laut dem Premierminister 8 000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder entstehen. Um dies zu erreichen, will Schwarz-Rot in Zusammenarbeit mit den Gemeinden einen entsprechenden Aktionsplan ausarbeiten. Auch soll die Palette der Dienstleistungsschecks erweitert werden. Im Augenblick übersteigen die Kosten allerdings die finanziellen Möglichkeiten des Staates, so dass die vom Premierminister angestrebte Gratis-Kinderbetreuung zwar eines der Ziele der Regierung bleibt, in dieser Legislaturperiode jedoch nicht umgesetzt wird.

Die CSV/LSAP-Koalition wird indes die Gesetzgebung über den Elternurlaub zehn Jahre nach dessen Einführung überprüfen. Inwiefern jedoch die Dispositionen reformiert werden sollen, muss die Studie erst einmal klären. Allerdings peilt die Regierung im Allgemeinen eine Flexibilisierung der Beurlaubungszeit an.

Prinzipiell möchte die Regierung in Zukunft verstärkt auf Sach- anstatt auf Geldleistungen zurückgreifen. Aus diesem Grund wird es auch bei der Desindexierung des Kindergeldes bleiben. Die verschiedenen Geldbeihilfen im Bereich der Kindererziehung sollen analysiert und gegebenenfalls durch eine einzige „prestation parentale“ ersetzt werden.

Des Weiteren sollen z. B. mit der Fernarbeit oder einem Ausbau der Teilzeitarbeit flexiblere Arbeitsmodelle gefördert werden, die eine Vereinbarung mit dem Familienleben erleichtern können. Primär in der Fernarbeit sieht die Regierung ein großes Potential. Zu Hause arbeiten bringe demnach nicht nur den Beschäftigten Vorteile, sondern auch die Arbeitgeber würden durch geringere Nebenkosten finanziell davon profitieren. Jedoch ist diese Art der Arbeit nicht in jeder Branche möglich.

Den Empfehlungen des UN-Kinderrechtskomitees entsprechend, wird die Regierung ein interministerielles Organ schaffen, das für die Rechte der Kinder verantwortlich zeichnet. Diesem Komitee wird die Aufgabe zuteil, eine umfassende Strategie im Bezug auf die Kinderrechte zu entwickeln. Beispielsweise wird über neue Modalitäten bei der gerichtlichen Platzierung von Kindern nachgedacht.

In einem gesellschaftspolitisch sensiblen Bereich sollen ebenfalls Änderungen vorgenommen werden. So plant die Regierung eine Überholung des Abtreibungsgesetzes. Demzufolge wird der Artikel 353 des Strafgesetzes insofern neu verfasst, dass ein freiwilliger Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen im Falle einer physischen, psychischen oder sozialen Notlage erlaubt ist. Das Regierungsprogramm gibt jedoch noch keinen Aufschluss darüber, was genau unter einer sozialen Notlage zu verstehen ist. Im Vorfeld der endgültigen Entscheidung kommt, zusätzlich zu der bereits obligatorischen Beratung beim Gynäkologen oder beim Geburtshelfer, der Besuch bei einer staatlich anerkannten Familienberatungsstelle verpflichtend hinzu.

Priorität hat für Schwarz-Rot allerdings die Vermeidung von unerwünschten Schwangerschaften. Deshalb sollen Frauen bis zum Alter von 25 Jahren kostenlos Verhütungsmittel erhalten können. Ferner plant die Regierung, den Aufklärungsunterricht vor allem in der Grundschule systematischer zu gestalten.

Aber auch im Bereich der Prävention von Gewalt und Drogenkonsum will die Regierung verstärkt Programme und Projekte fördern. Zudem ist geplant, die Jugendlichen besser für eine gesunde Ernährung zu sensibilisieren. Ein umfassender, nationaler Bericht über die Jugend in Luxemburg soll anfangs der Legislaturperiode veröffentlicht werden und wird das Fundament eines ersten nationalen Jugendaktionsplans bilden.

Im Übrigen soll die Kreativität der Jugend gefördert werden, indem z. B. jungen Musikern Probesäle in Jugendhäusern zur Verfügung gestellt werden oder innovative Projekte im Bereich der neuen Technologien unterstützt werden. Die Au-Pair-Tätigkeit wird in dieser Legislaturperiode eine gesetzliche Basis erhalten, um die betreffenden Jugendlichen vor möglichen Ausbeutungen zu schützen.

Im Bereich der Integration sieht das Gesetz von 2008 vor, dass die Regierung einen Fünfjahresbericht über die Situation der Ausländer in Luxemburg vorlegt. Dieser Bericht soll zudem Bilanz über die im Aktionsplan zur Integration enthaltenden Maßnahmen ziehen. So werden auch die ersten Erfahrungen mit dem sogenannten „contrat d’accueil et d’intégration“, den die Regierung mit Einwandern abschließen kann, ausgewertet.

Doch nicht nur Einwanderer sind von sozialer oder sonstiger Ausgrenzung bedroht. Auch ärmere, ältere oder behinderte Menschen gehören zu den Risikogruppen. Die Koalition plant deshalb eine Überholung der Gesetzgebung zum gesetzlichen Mindesteinkommen. „Die Gesetzgebung“, so das Regierungsprogramm, „soll den seit der letzten Modifizierung im Jahr 2004 festgestellten Änderungen angepasst werden“. Zudem will man darauf achten, dass das Parlament das Gesetzesprojekt zur Überschuldung schnell verabschiedet. Mit diesem Vorhaben wird der zivile Konkurs eingeführt, der es Privatpersonen ermöglicht, aus der Schuldenfalle wieder herauszukommen.

Regional verteilt möchte die Regierung weitere Unterkünfte für Obdachlose schaffen. Auch soll eine soziale Immobilienagentur ins Leben gerufen werden. Schlussendlich sollen soziale Lebensmittelgeschäfte Menschen in Notlage eine ausgewogene Ernährung ermöglichen. Die genauen Modalitäten hierbei müssen aber noch überdacht werden.

Für ältere Menschen sollen neue Wohnmodelle entwickelt werden, die ihnen einerseits Unabhängigkeit und andererseits eine ausreichende Betreuung gewähren. Die Dienstleistungschecks werden zukünftig, nach einem sozialen Auswahlkriterium, ebenfalls an diese Bevölkerungsgruppe vergeben.

Schließlich möchte Schwarz-Rot ein globales Konzept zur Integration und Nicht-Diskriminierung von behinderten Menschen in einem Rahmengesetz festlegen. Zudem soll die UN-Konvention von 2007 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in nationales Recht übertragen, das Gesetz von 2003 über das Einkommen von behinderten Menschen überholt und die Gesetzgebung von 2001 über die Zugänglichkeit von öffentlichen Gebäuden und Plätzen überprüft werden.

Quelle: Luxemburger Wort, 24. September 2009, Pit Bouché

 

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