Die neuen Abgeordneten auf Krautmarkt :Emile Eicher setzt sich für die Belange der Landgemeinden ein
VON DANI SCHUMACHER
Emile Eicher ist weit über die Grenzen seiner Heimatgemeinde hinaus bekannt. Als Präsident des Naturpark Our und des Leader-Programms Clerf-Vianden weiß der Bürgermeister von Munshausen um die Bedeutung des ländlichen Raumes. Wenn die kleinen ländlichen Kommunen langfristig eine Chance haben wollen, müssen sie zusammenrücken, so seine These.
Emile Eicher prägte den Begriff der Bonsai-Gemeinden. Und der langjährige Bürgermeister weiß, wovon er spricht. Munshausen zählt knapp 1000 Einwohner, die sich auf etwas mehr als 25 Quadratkilometer verteilen. Dass solche Kleinstkommunen in Zukunft kaum noch eine Chance haben werden, dessen ist sich Eicher seit langem bewusst. Deshalb plädiert er früh für eine Fusion.
Und die wird 2012 Wirklichkeit, wenn sich die Kommunen Clerf, Munshausen und Heinerscheid zur Fusionsgemeinde Clerf zusammentun werden. Dass die Zustimmung bei der Bevölkerung sehr hoch war, freut den Bürgermeister des kleinsten Partners besonders. Die Bewohner der drei Kommunen hätten erkannt, dass man die Herausforderungen nur gemeinsam meistern könne, deshalb hätten beim Referendum auch zwischen 75 und 85 Prozent für die Zusammenlegung gestimmt. Bei der Frage, ob das kleine Munshausen am Ende nicht im Schatten des größeren und bekannteren Clerf stehen wird, winkt Eicher ab: "Munshausen wird auch in Zukunft nicht von der Landkarte verschwinden. Allein schon deshalb nicht, weil der Name Munshausen touristisch unlösbar mit der Robbesscheier verbunden ist." Ein anonymes Gebilde wird die neue Gemeinde Clerf sowieso nicht werden: Bei knapp 4200 Menschen werden die Gemeindeväter auch weiterhin den Überblick behalten.
Vor allem im touristischen Bereich biete die Fusion große Vorteile, meint Eicher. Doch nicht nur dort. Beispielsweise sind die drei Gemeinden dabei, einen gemeinsamen Plan d’amenagement general (PAG) zu erarbeiten, das hilft Synergien zu nutzen: "Wir müssen nun die Akzente setzen. Wir dürfen nicht alles doppelt und dreifach errichten", so der engagierte Kommunalpolitiker. Vor allem in Zeiten knapper Kassen, könne man im Verbund die Gelder gezielter und effektiver einsetzen. Ein weiteres Beispiel: In Clerf soll ein neues Lyzeum entstehen. Eicher hofft, dass die Pläne noch in dieser Legislaturperiode Wirklichkeit werden: "Die ganze Region würde von der Schule profitieren."
Neben der Kommunalpolitik bildet der ländliche Raum das zweite große Thema des Emile Eicher. Er ist nämlich nicht nur Bürgermeister von Munshausen, als Präsident des Naturparks Our und als Vorsitzender des Leader-Programms Clerf-Vianden ist er tagtäglich mit der Problematik konfrontiert. Sein familiärer Hintergrund – er stammt wie so viele Luxemburger aus einer Bauernfamilie – sorgte für die notwendige Sensibilität. Wie der Kommunalpolitiker blickt auch der Lobbyist des ländlichen Raumes weit über den eigenen Kirchturm hinaus. Die Politik des ländlichen Raumes funktioniert nämlich nur, wenn ihr keine engen Grenzen gesetzt sind, wenn alle am gleichen Strick ziehen, so seine Überzeugung.
"Die Basis des ländlichen Raumes ist die Landwirtschaft," betont er mit Nachdruck. Dass in Gilsdorf eine neue Ackerbauschule mit angegliedertem Kompetenzzentrum entstehen soll, stimmt ihn zuversichtlich. Bislang seien die landwirtschaftlichen Dienststellen quer über das Land verteilt gewesen. Wenn das Kompetenzzentrum erst einmal fertig ist, könne man auch hier Synergien nutzen, meint Eicher, der auf eine jahrelange berufliche Erfahrung in der Branche zurückblicken kann. Auch das geplante Agrarzentrum und der Schlachthof, der in Ettelbrück errichtet werden soll, wertet er als Schritt in die richtige Richtung, um die Landwirtschaft dauerhaft abzusichern. Kurzfristig müsse man aber dafür sorgen, dass die Betriebe ihre finanziellen Engpässe überbrücken können, fordert Eicher. Wer aber etwas für die Landwirtschaft tun will, der müsse auch die Konsumenten mit an Bord holen. Dass die Regierung künftig alles daran setzen will, damit einheimische Produkte mehr Berücksichtigung in den öffentlichen Kantinen finden, sei nur folgerichtig, meint Eidier weiter. "Staat und Gemeinden müssen hier mit dem guten Beispiel vorangehen", so sein Argument.
Doch der ländliche Raum besteht nicht nur aus Landwirtschaft. Manchmal würden die Bauern dazu neigen, dies ein bisschen zu verdrängen, berichtet er aus Erfahrung. "Die ganze Region muss interessant bleiben für die Leute, die dort leben." Damit die Bevölkerung nicht abwandert, muss man Arbeitsplätze schaffen. Es braucht also auch Industriezonen. Und wenn genügend Leute im ländlichen Raum leben, dann hinken auch die Dienstleistungen im Vergleich zum Angebot in den urbanen Zentren nicht mehr hinterher, so die einfache Gleichung.
In den vergangenen Jahren habe man schon sehr viel erreicht. Nicht zuletzt durch die Leader-Initiative, die endlich alle Akteure an einem Tisch versammelt habe. Zurzeit arbeiten die Verantwortlichen im Norden beispielsweise vor dem Hintergrund des neuen Sozialgesetzes an einem Sozialnetz, das sowohl. ein Observatorium als auch ein Guichet unique umfasst. "Ziel ist es, den Menschen einen Ansprechpartner in allen sozialen Fragen zu bieten. Ich denke, dass dies für den ländlichen Raum der richtige Weg ist. Zumal wir einen dezentralen Ansatz verfolgen." Auch was die neuen Medien anbelangt, sind die Nordlichter auf der Höhe der Zeit. Jedes Dorf hat längst Glasfaser. Aber Computer sind eine Sache, man muss auch damit arbeiten können: "Beide Leader-Initiativen haben sich unlängst zusammengetan, und im ganzen Ösling PC-Kurse angeboten. Sogar die Internetstuben in den Altersheimen waren ein voller Erfolg," berichtet der frisch gebackene Deputé-maire.
Das Leben im ländlichen Raum ist aber nach wie vor mit einer Reihe von Nachteilen verbunden. Da wären beispielsweise die Distanzen. Allerdings hilft der "Bummelbus" das Mobilitätsproblem zum Teil zu überbrücken. Bei den Rettungsdiensten findet sich allerdings nicht so schnell eine Lösung. "Die Rettungsdienste sind am Limit. Man kann nur den Hut ziehen, vor dem Engagement der Helfer. Aber irgendwann muss man eine für alle akzeptable Lösung finden." Emile Eicher will sich in der kommenden Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die Nachteile, mit denen die ländlichen Kommunen zu kämpfen haben, immer weniger werden.
Quelle: Luxemburger Wort, 19. August 2009