Formateur Jean-Claude Juncker sieht keinen Grund für „radikalen Kurswechsel“
Quelle: Luxemburger Wort, Freitag, der 17. Juli 2009, Joelle Merges
CSV und LSAP haben die Koalitionsverhandlungen nach elf Runden abgeschlossen. Lediglich der Wortlaut des gesellschaftspolitischen Kapitels bedarf noch des parteipolitischen Feinschliffs. Einig sind sich die altneuen Koalitionspartner, dass das Regieren angesichts der globalen Wirtschaftskrise so schwierig sein wird wie nie zuvor.
Denn das gesamte Koalitionsabkommen, das am frühen Sonntagabend unterzeichnet werden soll, steht unter einem allgemeinen Finanzierungsvorbehalt. Wobei zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal die staatlichen Finanzexperten vorhersagen können, wo die Haushaltsreise in den kommenden Jahren denn hingeht. Einen ungefähren Durchblick habe man sich lediglich für das laufende und das kommende Jahr verschaffen können. Was aber jenseits dieses Zeithorizonts auf das Land zukomme, liegt im Dunkeln, sagte der Formateur, als er gestern Morgen gemeinsam mit den Delegationsvorsitzenden von CSV und LSAP, François Biltgen und Jean Asselborn, einen kurzen Überblick über das vorläufige Endergebnis der Koalitionsverhandlungen gab.
Die Zahlen, die Jean-Claude Juncker bei dieser Gelegenheit vorlegte, stimmen bedenklich. Zwar werde das Bruttoinlandprodukt nach einem Rückgang in den Jahren 2008 und 2009 im kommenden Jahr voraussichtlich wieder einen leichten Zuwachs verbuchen. Auf die öffentlichen Finanzen wird sich diese Erholung aber erst mit erheblicher Verspätung auswirken, so dass sowohl das öffentliche Defizit wie die staatliche Verschuldung in den kommenden fünf Jahren erheblich zunehmen werden. Ob die Regierung bereits im laufenden Jahr ein Darlehen aufnehmen werde, soll sich in den kommenden Monaten zeigen, meinte Juncker.
Wie der Formateur zu bedenken gab, werden vor allem die kommenden Generationen die Folgen dieser Entwicklung zu spüren bekommen: „Der Spielraum für Politikgestaltung wird wegen der Schuldentilgung äußerst eng.“ Auch wenn das Staatsdefizit und die Schuldenlast vermutlich die ganze Legislaturperiode über wachsen werden – Gründe für einen unmittelbaren Kurswechsel sieht der Premierminister zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Einer Analyse, der die Vorsitzenden der beiden Delegationen gestern nur zustimmen konnten. „Es wäre falsch, während der Krise radikal zu sparen.“
Stattdessen hat man sich vorgenommen, „Monat für Monat das ganze System zu überdenken“ und jeglichen Ressortbereich auf Einsparungspotenzial hin zu überprüfen – eine Politikgestaltung, die der Formateur weder als „Fliegen auf Sicht“ noch als „Sturzflug“ definiert wissen wollte. Nicht in Frage gestellt sei das Konjunkturprogramm, das die Regierung im Frühjahr verabschiedet hatte.
Steuererhöhungen „sind keine Priorität“
Steuererhöhungen schloss der amtierende Premier- und Finanzminister für das laufende und das kommende Jahr kategorisch aus. Und auch in den Jahren danach gehörten höhere Steuern nicht zu „den absoluten Prioritäten“ bei der Haushaltsbegradigung. Wie auch immer die öffentlichen Finanzen in naher Zukunft ins Lot gebracht werden: Prinzipien wie die soziale Solidarität, den Vertrag zwischen den Generationen und die Belastbarkeit der verschiedenen Gesellschaftsschichten werde man nicht aus den Augen verlieren, versprach Jean-Claude Juncker.
Weitere Informationen zu den Koalitionsverhandlungen zwischen CSV und LSAP auf: www.gouvernement.lu