Zeit der Verantwortung

Koalitionsverhandlungen zwischen CSV und LSAP, Frank Engel zu Gast im Land

CSV und LSAP verhandeln über die erneute Bildung einer Koalitionsregierung. Dass gerade diese Parteien miteinander reden und versuchen, ein gemeinsames Regierungsprogramm auszuarbeiten, mag vielen fast selbstverständlich erscheinen – schließlich haben CSV und LSAP seit 1984 bereits 20 Jahre erfolgreich zusammen regiert. 

Tatsächlich aber hat sich die Koalitionskonfigurierung vor allem daraus ergeben, dass Christdemokraten und Sozialisten auch in schwierigen Zeiten nicht vor der Verantwortung davonlaufen. Sehr im Gegensatz zu anderen Parteien. 

Gleich nach der Wahl vom 7. Juni hat die DP erklärt, die programmatischen Schnittmengen mit der CSV würden für eine Koalition nicht ausreichen. Hat sich die DP etwa derart dramatisch verändert seit 2004, als sie noch an einer Regierung mit der CSV beteiligt war? Oder ist die Abdankung der DP vor einer Regierungsbeteiligung eher darauf zurückzuführen, dass sie in Zeiten der Wirtschaftskrise und ihrer vielschichtigen Auswirkungen ganz einfach keine Lust hat, Verantwortung für das Land zu übernehmen? 

Die Grünen haben zeitgleich ausgesagt, angesichts der "Übermacht" der CSV könnten sie sich keine Koalition mit einem derart stärkeren Partner vorstellen. Kein Wort des Inhalts diesmal, sondern der schlichte Rücktritt von der Verantwortung mit dem Argument, der potenzielle Regierungspartner sei zu stark. Was ist denn das für ein Demokratieverständnis? Quer über den ganzen Kontinent ist es absolut üblich, dass kleine Parteien zusammen mit großen Volksparteien Koalitionen eingehen. Genau so haben die deutschen Grünen mit der SPD regiert – als der kleinere Partner, der nicht gedemütigt wurde, sondern der Politik seinen inhaltlichen Stempel durchaus mit aufdrücken konnte. Man muss sich fragen, ob die Wähler von DP und "Dei Greng" diese Parteien unterstützt haben, damit sie nicht in eine Regierung eintreten. An einer solchen Erwartungshaltung sind heftige Zweifel erlaubt. Jede Partei wird von ihren Anhängern gewählt, damit sie regieren kann – und nach der Wahl reicht es dann für eine Regierungsbeteiligung, oder eben nicht. Warum man überhaupt eine Wahlkampagne führt, um gleich nach Bekanntwerden einer ziemlich offenen Ergebnislandschaft zu deklarieren, man sei nicht bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen, werden wohl nur die verstehen, die sich bereits am 8. Juni in die selbst gewählte Opposition verabschiedet haben. 

Das Politikverständnis von DP und "Dei Greng" ist nicht das gleiche, wie das von CSV und LSAP. Auch für die LSAP ist es nicht einfach, sich 2009 wieder einmal für eine Regierungsbeteiligung an der Seite der CSV zu entscheiden – doch diese Partei handelt im Bewusstsein ihrer Verantwortung für Luxemburg Die LSAP wird sich im gemeinsamen Regierungsprogramm genau so wiederfinden, wie die CSV. Denn man regiert nicht gegeneinander, sondern miteinander, zusammen, gemeinsam. Dieses Koalitionsverständnis, das die CSV immer besessen hat, ist gerade unter den heutigen wirtschaftlichen Rahmenumständen der Regierungsbildung unverzichtbar. Dies ist die Zeit der Verantwortung. Die, die miteinander über die Bildung der nächsten Regierung verhandeln, wissen das. Und sie handeln dementsprechend.

Quelle: Lëtzebuerger Land, Frank Engel, 26. Juni 2009