Wirtschaftskrise und Kurzarbeit

Wirtschaftskrise und Kurzarbeit – was tun im
Bereich der Aus-, Weiter- und Fortbildung? Marc Spautz schreibt im Sozialen Fortschrëtt

 

 

 

Mit den steigenden Zahlen der Arbeitslosen, der Arbeitssuchenden aber auch der Kurzarbeiter rückt eine Thematik in den Vordergrund, die in unserem Land zwar diskutiert wird und auch wurde, die aber lange Zeit nicht als erste politische Priorität angesehen wurde: die Aus-, die Fort- und die Weiterbildung. 

Es stimmt schon, dass vor allem in Europa das Thema des Lebenslangen Lernens als ein Mittel für die Wissensgesellschaft angesehen wird und somit auch den Fortschritt und die Zukunft eines Landes bestimmt. Oft hat man aber in Luxemburg das Gefühl, dass hier noch Nachholbedarf besteht. Es ist nicht zu leugnen, dass hier im Bereich der Ausbildung und auch der Weiterbildung auf der Ebene der Gesetzgebung Einiges geschehen ist. Aber ob dies reicht? 

Wenn wir gut ausgebildete Einwohner haben wollen, müssen auch die Grundvoraussetzungen stimmen, damit eine Ausbildung überhaupt stattfinden kann. Wenn die Grundkompetenzen unserer Jugendlichen nicht stimmen muss gehandelt werden! Über Jahre hinweg zu lamentieren, dass Lehrstellen nicht besetzt werden können, hilft uns nicht weiter. Es hilft aber auch nicht weiter, Jugendliche auf Lehrstellen zu vermitteln, die den schulischen Anforderungen in der Ausbildung nicht genügen. Und es hilft auch nicht weiter, immer neue Strukturen zu erfinden, einzusetzen, die an den Resultaten herum doktern, anstatt die Probleme an der Wurzel anzugehen. 

Die Schule muss jene Grundvoraussetzungen schaffen, die es den Jugendlichen ermöglichen im späteren Arbeitsleben Fuß zu fassen. 
Wie aber soll dies funktionieren, wenn die Schule nicht weiß was sich in der Arbeitswelt tut? Und hier stellt sich dann die Frage, ob die Ausbildung, die Weiter- und auch die Fortbildung nicht eher in die Zuständigkeit eines Arbeitsministeriums denn in das des Schulministeriums gehören? 

Denn nur wenn ein enger, guter und regelmäßiger Kontakt zur Arbeitswelt besteht ist auch garantiert, dass adäquat und schnell reagiert werden kann. Und dies ist besonders wichtig in Zeiten der sich schnell ändernden Arbeitsprozesse und somit auch den Anforderungen der Betriebe an Ausbildung. Und auch der Bereich der Weiter- und Fortbildung unterliegt diesen Regeln. Das Überleben eines Betriebes hängt auch von der Qualität der Ausbildung seiner Mitarbeiter ab! Hier müssen dringend neue Wege eingeschlagen werden, wie z.B. die Anerkennung der beruflichen Erfahrung. 

Wohl sind auch hier die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen worden, es hapert aber bei der schnellen Umsetzung! Wohl stimmt es auch, dass im Bereich der Fort- und Weiterbildung Luxemburg lange europäisches Schlusslicht war, aber in der Zwischenzeit hat sich auch hier einiges geändert. Und trotzdem können und sollten auch hier noch zusätzliche Akzente gesetzt werden. Da vieles davon abhängt, ob die Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich in die Kultur der Weiter- und Fortbildung einreihen können und wollen oder nicht, muss wahrscheinlich noch mache Initiative ausgedacht und umgesetzt werden. 

Und hier sind auch die Sozialpartner gefordert: Denn mancher Arbeitnehmer muss erst davon überzeugt werden, dass eine Weiterbildung auch in seinem Interesse ist. Denn nur gut ausgebildete Fachkräfte haben eine Chance sich auf dem stetig sich wandelnden Arbeitsmarkt zu behaupten. Und von ihnen hängt auch der Betrieb ab. Wir sollten also alle gemeinsam die Zeit jetzt nutzen in jenen Betrieben, wo Kurzarbeit ist, gezielt Weiterbildungsangebote zu machen. Dass dies die Betriebe nicht im Alleingang leisten können, ist auch richtig. Und hier müssen die zuständigen Ministerien und Verwaltungen Flexibilität und Vorstellungskraft spielen lassen, damit wir alle nach der Krise besser gestellt sind, indem wir gut ausgebildetes Personal in unseren Betrieben vorfinden. 

Luxemburg ist durch seine Wirtschaftsstruktur auf hochqualifizierte Arbeitnehmer angewiesen, die wir auch auf Dauer nicht nur in unseren Grenzregionen finden. Wir müssen unser Aus- und Weiterbildungssystem so aufstellen, dass es uns gelingt, unseren Einwohnern jene Qualifikation zu geben, die unser Arbeitsmarkt mit seinen Betrieben braucht. Dies ist die Herausforderung, der sich die politisch Verantwortlichen stellen müssen, in unser aller Interesse. Von der Qualifikation unserer Einwohner hängt nicht nur deren berufliche Zukunft ab, sondern auch das wirtschaftliche Überleben unseres Landes.

Marc Spautz, LCGB Generalsekretär, CSV Abgeordneter

Quelle: Soziale Fortschrëtt, Juni 2009