„Sagen, was Sache ist“

In fünf Tagen wird gewählt. LW-Interview mit CSV-Parteichef François Biltgen.

INTERVIEW: MARC GLESENER

LW: Herr Biltgen, in wenigen Tagen ist Wahltag. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz der Kampagne aus?

François Biltgen: Ich bin abgekämpft, aber hoch motiviert. Abgekämpft, weil neben der aufreibenden Regierungsarbeit eine Kampagne organisiert werden musste. Das kostet Kraft. Aber ich bin hoch motiviert. Wir wollen, dass die CSV am 7. Juni gestärkt aus den Wahlen hervorgeht und weiterhin Verantwortung in der Regierung übernehmen kann. Wir wollen unsere Arbeit fortsetzen. Ich denke da vor allem auch an das, was unternommen wurde, um den negativen Auswirkungen der Krise konsequent entgegenzuwirken.

LW:  Apropos Krise: Ist sie der Grund dafür, dass es bis dato keinen heftigen Wahlkampf gegeben hat?

François Biltgen: Natürlich ist die Krise in den Köpfen der Menschen präsent. Die Menschen im Land machen sich Sorgen um ihre Zukunft, um die Zukunft ihrer Kinder. Bei den vielen Wahlversammlungen konnte man feststellen, dass die Themen Schule und Arbeit die Menschen ganz besonders beschäftigen. Das ist eine Herausforderung für die Politik. Dieser Herausforderung stellt sich die CSV. Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung in Sachen Heftigkeit des Wahlkampfes: Worauf es ankommt, ist die Härte, die man dann zeigt, wenn es darum geht, Politik für die Menschen zu gestalten.

LW:  Um das tun zu können, um politisch gestalten zu können, bedarf es finanzieller Mittel? Sind die Kassen nicht bald leer?

François Biltgen: Dadurch, dass wir rechtzeitig eine Politik der Haushaltskonsolidierung betrieben haben, konnten Reserven angelegt werden, die wir nun brauchen. Wir müssen natürlich weiter vorsichtig haushalten, dürfen allerdings auch jetzt nicht von unserer antizyklischen Politik Abstand nehmen.

LW: Das heißt auf die Steuern bezogen …

François Biltgen: … dass wir die Kaufkraft der Bürger erhalten wollen. Die CSV will den Status quo wahren. Es ist allerdings nicht von einer Anpassung der Steuertabelle an die Inflation auszugehen.

LW:  Keine Steuererhöhungen also?

François Biltgen: Wie gesagt. Es bleibt beim Status quo. Das gesagt, wissen die Wähler, wo der Weg mit der CSV hinführen soll.

LW:  Vor der Wahl Klartext reden. Das scheint auch bei Juncker on Tour die Devise zu sein.

François Biltgen: Sagen, was Sache ist. Das ist man den Wählern einfach schuldig. Die Parteien sollen vor der Wahl klar- machen, wo der Weg mit ihnen hingehen soll, nicht erst nach dem Votum. Wobei es natürlich zu bedenken gilt, dass niemand wissen kann, wie sich die Weltwirtschaft entwickeln wird. Wie dem auch sei: Wir beziehen vor den Wahlen deutlich Position.

LW:  Auch auf die Gefahr hin, Stimmen zu verlieren?

François Biltgen: Uns ist an klaren Positionierungen gelegen. Vor den Wahlen. Natürlich riskiert man auf diese Weise, Stimmen zu verlieren. Doch wenigstens kann niemand uns den Vorwurf machen, von den wichtigen Problemen des Landes abzulenken und, wie andere es tun, auf Nebenkriegsschauplätze auszuweichen. Das war und ist nicht unser Stil.

LW: Der CSV wurde vorgeworfen, sozialen Abbau im öffentlichen Dienst zu planen. Was sagen Sie dazu?

François Biltgen: Davon kann keine Rede sein. Die CSV will im Rahmen partnerschaftlicher Gespräche eine umfassende Gehälterreform anstreben. Diese darf allerdings nicht zu einer allgemeinen Gehältererhöhung werden. Wir wollen einen effizienten öffentlichen Dienst. Dabei muss dem Bologna-Prozess Rechnung getragen werden, Brücken zwischen privatem und öffentlichem Sektor gebaut sowie Weiterbildung, Leistung und Verantwortung honoriert werden. Dazu gehört auch der Vorschlag für zukünftige Staatsbedienstete, die Anfangsgehälter näher an den Privatsektor heranzuführen. Wir sagen heute was wir morgen diskutieren wollen. Andere Parteien halten sich zurück. Wir sagen vor den Wahlen, was wir wollen, nicht danach.

LW:  Sie sind täglich unterwegs; Wahlversammlungen, Parteiveranstaltungen, Talkrunden. Was hat Sie bis dato an der Kampagne positiv überrascht?

François Biltgen: Das große Interesse an politischen Themen. Die Menschen machen sich echt Sorgen und konfrontieren uns mit ihren Anliegen. Aber auf eine nicht aggressive Art.

LW:  Was stört Sie am Wahlkampf 2009?

François Biltgen: Das Ausmaß partikularer Wahlprüfsteine. Diese zu beantworten ist enorm zeitintensiv. Hinzu kommt, dass die allgemeine Logik und der Zusammenhalt der in langen Arbeitssitzungen erarbeiteteten Programme immer mehr in den Hintergrund rückt. Leider. 

Quelle: Luxemburger Wort, 02.06.2009