Landwirtschaftsminister Fernand Boden im Wort-Interview über die Milchproduktion
Luxemburger Wort: Herr Boden, die Milchproduzenten zerrten leiden zur Zeit stark unter dem dramatischen Preisverfall. Was kann man dagegen tun?
Fernand Boden: Auf Druck von einer Reihe von Mitgliedstaaten, darunter auch Luxemburg, hat die EU-Kommission mehrere Maßnahmen beschlossen, um den Milchmarkt zu entlasten. So soll die Intervention von Butter und Magermilchpulver über den 31. August hinaus verlängert werden. Auch die Unterstützung der privaten Lagerhaltung soll fortgeschrieben werden. Dann versprechen wir uns von den Exporterstattungen für Butter, Pudermilch und Käse eine zusätzliche Beruhigung am Markt. Hier muss man allerdings aufpassen, dass die Landwirtschaft in den Empfängerländern nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Insgesamt hat die Kommission seit Anfang des Jahres etwa 650 Millionen Euro in diese Maßnahmen investiert. Es ist dies ein deutliches Zeichen, und ich bin überzeugt, dass die Maßnahmen den Markt entlasten werden. Die Kommission will den Milchmarkt aufmerksam beobachten und Ende 2010 einen detaillierten Bericht veröffentlichen. Bis es soweit ist, will sie außerdem mehrere Zwischenberichte verfassen.
Luxemburger Wort: Bis diese Maßnahmen aber aber wirklich greifen, wird es eine Weile dauern. Wie kann den Bauern kurzfristig geholfen werden?
Fernand Boden: Bei ihrem Treffen in Brüssel konnten die EU-Agrarminister Anfang der Woche die EU-Kommission außerdem dazu bewegen, dass 70 Prozent der Direktbeihilfen bereits ab dem 16. Oktober ausbezahlt werden dürfen. Eigentlich wären die Zahlungen erst in der ersten Dezemberwoche fällig. Durch die vorzeitige Ausbezahlung der Zuschüsse können die Bauern ihre finanziellen Engpässe leichter überwinden. Die Luxemburger Bauern profitieren aber auch davon, dass sie mehr Milch produzieren können als noch im vergangenen Jahr. Zu der von Brüssel beschlossenen einprozentigen Anhebung der Quoten kommt noch die Halbierung der Fettquote hinzu. Das macht noch einmal ein Plus von 2,5 Prozent, was umgerechnet immerhin 7,3 Millionen Kilo Milch entspricht.
Luxemburger Wort: Wie, glauben Sie, geht es weiter? Ist der Preisverfall eine vorübergehende Erscheinung oder wird sich die Tendenz dauerhaft fortschreiben?
Fernand Boden: Der Preisverfall bei der Milch hat seine Ursache hauptsächlich in der Wirtschaftskrise. Der Konsum der Privathaushalte geht stark zurück. Außerdem greift die Industrie – und dies ist ebenfalls eine direkte Folge der Krise – immer stärker auf pflanzliche Produkte zurück, anstatt wie bisher auf Milcherzeugnisse. Dass der Preisverfall auf die Anhebung der Quoten zurückzuführen ist, stimmt nicht. Insgesamt wurde trotz Anhebung in der EU nämlich in diesem Jahr weniger produziert als im vergangenen Jahr. Ich bin fest davon überzeugt, dass langfristig, wenn die Wirtschaft sich wieder erholt hat, die Nachfrage nach Milchprodukten wieder stark ansteigen wird.
Quelle: Luxemburger Wort, 29. April 2009, Dani Schumacher