Marc Spautz schreibt im Soziale Fortschrëtt
Seit nun spätestens Anfang dieses Jahres ist jedem, der sich noch im aktiven sprich im Berufsleben befindet, bewusst geworden, dass die
Wirtschaftskrise auch in Luxemburg angekommen ist. Die Zahl der Arbeitssuchenden steigt, die Zahl der Kurzarbeiter ebenso. Und keiner kann sagen, ob das Ende des Tunnels erreicht ist, ob wir schon erste Lichtblicke sehen oder ob das dicke Ende gar erst kommt.
Und genau diese Unsicherheit, dieses Nichtwissen, wie die Wirtschaftslage in zwei, drei Monaten aussehen wird, fängt an den Leuten Angst zu machen. Hinzu kommt, dass es nicht gerade beruhigend ist, wenn man in der Presse verfolgt, dass den Verursachern der weltweiten Krise – sprich dem Bankensystem – geholfen wird, während aber z.B. die kleineren Betriebe, die ja nicht am Ursprung der weltweiten Wirtschaftskrise sind, sehen müssen, wie sie über die Runden kommen.
Und sollte sich der Aufschwung nicht im nächsten Jahr auch in Luxemburg wieder zeigen, dann werden wir alle, auch jene, die bisher nichtoder nur wenig betroffen waren, die Zeche bezahlen müssen. Denn wenn der Staatshaushalt über einen längeren Zeitraum nicht im Gleichgewicht ist, wird dies Auswirkungen auf unser Sozialsystem haben. Und dies heißt, dass alle – ob Arbeitnehmer in der Industrie oder Beamter beim Staat – mehr bezahlen müssen oder weniger Leistungen erhalten.
Und genau hier muss angesetzt werden: Die Gewerkschaften müssen dafür sorgen, dass der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bestehen bleibt. Dass nicht eine Berufsgruppe gegen die andere ausgespielt wird. Dass nicht die Grenzgänger stärker unter der Krise zu leiden haben als die Einheimischen. Nur die gelebte Solidarität wird es uns ermöglichen diese Krise zu überstehen. Gemeinsam und solidarisch!
Gerade aus diesem Grunde hat der Europäische Gewerkschaftsbund dazu aufgerufen, im Mai europaweit zu demonstrieren. Auch um zu zeigen, dass nicht die Arbeitnehmer alleine die Last dieser weltweiten Krise zu tragen haben, sondern auch jene zur Kasse gebeten werden, die am Ursprung stehen: Die Verantwortlichen in den Banken. Börsenspekulationen und Geldgeschäfte, losgelöst von der Realwirtschaft müssen in Zukunft kontrolliert werden. Das Motto „die Gewinne privatisieren, die Verluste aber sozialisieren“ muss ein für allemal aus den Köpfen dieser Leute verschwinden; dieses Motto darf aber vor allem nicht für die Politik gelten. Nicht nur das Überleben unserer Wirtschaftsstrukturen sondern auch
das Vertrauen in die Demokratie steht auf der Kippe!
Es kann nicht sein, dass im Endeffekt die Arbeitnehmer für die Fehler von einigen Bankerzahlen und die Politik dies auch noch mitträgt!
Gefragt ist nun die Solidarität mit jenen, die ihren Job verloren haben oder noch verlieren werden. Gefragt sind unsere staatlichen Stellen, die es jenen ermöglichen werden müssen, während ihrer Arbeitslosigkeit jene Qualifikationen zu erlangen, die sie benötigen, wenn die Konjunktur wieder anzieht. Gefragt ist aber auch Flexibilität der Verwaltungen bei diesen einzelnen Maßnahmen. Gefragt ist aber auch die schnelle
Umsetzung des parlamentarischen Maßnahmenkatalogs, der in der
Spezialkommission zur Finanz- und Wirtschaftskrise erarbeitet wurde.
Nur wenn alle gemeinsam Solidarität leben und nicht nur predigen, werden wir diese schwere Krise meistern können. Dies heißt aber auch, dass die Solidarität nicht nur in einem Lande spielen muss, sondern dass wir auch in Europa wieder zu diesem Prinzip zurückfinden müssen. Die unerträglichen Anfeindungen gegen Luxemburg und seinen Finanzplatz gerade von anderen Mitgliedern der EU dienen nicht gerade dazu, dass die Bürger Vertrauen in ein gemeinsames Europa haben.
In einer globalisierten Welt braucht Luxemburg Europa um überleben zu können. Aber nur ein gemeinsames sozial ausgerichtetes Europa bietet eine lebenswerte Zukunft! Wir wissen schon was zu tun ist. Hoffentlich gelingt es uns, die politisch Verantwortlichen davon zu überzeugen, dass nur ein starkes soziales Europa eine Zukunft hat, das den Menschen in den Mittelpunkt seiner Interessen setzt und nicht die Wirtschaft.
Quelle: Marc Spautz, Soziale Fortschrëtt, Mai 2009