„Planloses, saft- und kraftloses Budget“

Nach der Vorstellung des Budgets am Freitag beginnen in der heutigen Sitzung des hauptstädtischen Gemeinderates die Diskussionen um die Haushaltsvorlage für das Jahr 2009. Laurent Mosar, Chef der CSV-Fraktion im Gemeinderat, spricht im „Wort“-Interview von einem technokratischen Budget, dem es völlig an Prioritäten mangele. Viel Geld werde in Einrichtungen gesteckt, die in wirtschaftlich schlechteren Zeiten nicht prioritär seien.

Herr Mosar, Sie stellten kürzlich fest, dass von der allgemeinen Aufbruchstimmung, die der blau-grüne Schöffenrat bei seinem Antritt vor drei Jahren verströmte, nicht viel geblieben sei. Worauf begründen Sie diese Kritik?

In den wesentlichen Bereichen Stadtentwicklung, Mobilität, Wohnungsbau und Schuleinrichtungen, die für die Zukunft der Stadt enorm wichtig sind, ist in den drei Jahren nicht viel passiert. Wir sind darüber enttäuscht. Vor allem vom grünen Koalitionspartner hätten wir uns mehr Input gewünscht. Für Stadtentwicklung und Mobilität scheint es kein Konzept zu geben – dabei wird mit 120 000 Einwohnern im Jahr 2020 gerechnet. Wo sollen die 40 000 zusätzlichen Bürger denn wohnen, wo werden ihre Kinder zur Schule gehen und wie werden sie sich fortbewegen?

Wie beurteilen Sie denn das Konzept des Budgets 2009?

Ich kann auch beim Budget kein Konzept erkennen. Das Budget ist planlos, saft- und kraftlos. Es ist ein technokratisches, kein politisches Budget. Es wurden nicht einmal die falschen Prioritäten gesetzt, sondern es wurden überhaupt keine Prioritäten gesetzt. Insofern ist es ein Spiegelbild der Politik des blau-grünen Schöffenrates.

Finanzschöffe François Bausch äußerte am Mittwoch als Fraktionschef der Grünen im Parlament die Ansicht, das voluntaristische Budget der Regierung führe zu Problemen. Er forderte deshalb die Einberufung der Tripartite. Die DP hielt eine Überarbeitung des Staatsbudgets für erforderlich. Für wie realistisch halten Sie denn das Budget 2009 der Hauptstadt angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung? 

Es ist klar, dass sowohl beim Staatsbudget als auch beim Budget der Stadt Luxemburg und der anderen Gemeinden die Einnahmen, die in der Budgetvorlage eingeschrieben wurden, voraussichtlich nicht erreicht werden. Wären wir genauso populistisch wie die DP in der „Chamber“, würden wir auch vom Schöffenrat verlangen, uns ein rektifiziertes Budget am 31. März 2009 zu präsentieren. Weil wir aber wissen, dass das völlig unrealistisch ist, da am 31. März noch keine wesentlich konkreteren Zahlen vorliegen werden als heute, und weil wir eine seriöse Politik machen wollen, werden wir das nicht verlangen.

Der Schöffenrat weist darauf hin, dass gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten öffentliche Investitionen erforderlich seien, damit die Wirtschaft gestärkt und insbesondere das Handwerk unterstützt wird … 

Es ist richtig, in wirtschaftlich schlechten Zeiten ein hohes Investitionsniveau beizubehalten. Allerdings sind wir der Ansicht, dass diese Investitionen nachhaltig sein sollen. Deshalb sollte prioritär in den Transport, die Schule und in soziale Einrichtungen investiert werden. Auch sollte die Renovierung von Gebäuden vorgezogen werden, weil dies den luxemburgischen Klein- und Mittelbetrieben zugute kommt. Im Budget deutet aber nichts darauf hin, dass der Schöffenrat in diese Richtung gehen will.

Sie haben kritisiert, dass rund 50 Millionen Euro in den Bau einer Fahrradbrücke von Cents über das Neudorf zum Kirchbergplateau, die Errichtung eines Aufzugs vom Pfaffenthal zur Oberstadt sowie den Ausbau des „Veräinshaus“ am Knuedler zum Bürgerzentrum fließen sollen. Die beiden erstgenannten Projekte sind laut Schöffenrat unabdingbare Bestandteile des Radwegekonzeptes, und ein neues Bürgerzentrum muss her, weil das Centre Hamilius in den kommenden Jahren abgerissen wird …

Wir sind nicht prinzipiell gegen diese Projekte. Wir haben aber ein Problem damit, wenn in finanziell schwierigen Zeiten eine Priorität auf eine Fahrradbrücke gelegt wird, die 720 Millionen alter Franken kostet – bei knapp 1 800 Einwohnern, die ein Jahresabonnement für das „Vel’oh“-System besitzen. Dieses Geld wäre in den erwähnten anderen Bereichen besser angelegt. Wir haben auch nichts gegen die Renovierung des „Veräinshaus“, wohl aber gegen den geplanten Verbindungsgang zum Rathaus mit neuem Hochzeitssaal, der in diesen schwierigen Zeiten auch nicht unbedingt Priorität genießen dürfte.

Die CSV-Fraktion wird also gegen die Budgetvorlage für 2009 stimmen?

Ja. Es gibt zwar positive Elemente – z. B., dass die Taxen nicht erhöht werden – doch die negativen Elemente überwiegen. Dazu kommt, dass man nur für ein Budget stimmen kann, wenn man Vertrauen in den Schöffenrat hat. Es wird Sie nicht erstaunen, dass uns beim aktuellen blau-grünen Schöffenrat das Vertrauen fehlt. 

Quelle: Luxemburger Wort, 8. Dezember 2008, Raphael Zwank