Mit Doktor Michel Kazatchkine und Doktor Peter Piot weilten gestern zwei herausragende UN-Botschafter im Kampf gegen Aids in Luxemburg. Bei den Unterredungen im luxemburgischen Kooperationsministerium ging es zum einen um die angemessenen Vorkehrungen gegen die Todesursache Nummer eins auf dem Schwarzen Kontinent. Zum anderen war aber auch die Finanzkrise samt ihren Folgen ein Thema.
Kooperationsminister Jean-Louis Schiltz und die beiden UN-Vertreter ließen dabei keinen Zweifel aufkommen, dass die Unterstützung zugunsten der Länder der Dritten Welt nicht zurückgeschraubt werden dürfe. „Die Finanzkrise darf nicht als Vorwand genommen werden, um unser Engagement in den Entwicklungsländern zu drosseln“, stellte Michel Kazatchkine, Direktor des Aids-Fonds der Vereinten Nationen, klar. „Act now or pay later“ – „Handele jetzt oder bezahle später“ – umschrieb sein UN-Kollege Peter Piot die Tragweite der Thematik. Ein kurzfristiges Nachlassen der Hilfsleistungen für den armen Süden würde mittelfristig auch folgenschwere Konsequenzen im reichen Norden haben, so der Unaids-Leiter.
Schiltz erinnerte denn auch daran, dass sich die Mitgliedstaaten kürzlich nochmals zu ihrem Kooperationsengagement, so wie es in der ersten Jahreshäfte 2005 unter luxemburgischem Vorsitz festgehalten worden war, bekannt hätten. Demnach wollen die EU-Länder ihren Beitrag bis 2010 auf 0,56 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt anheben, um 2015 die von den Vereinten Nationen geforderte Vorgabe von 0,7 Prozent zu erreichen. Zurzeit erfüllen neben Luxemburg lediglich Dänemark, die Niederlande und Schweden diese Zielsetzung.
2015: Bis Mitte des nächsten Jahrzehnts soll die weltweite Armut halbiert werden. So sehen es die Millenniumziele vor. Dazu gehört auch das Gesundheitswesen, wo u. a. bis 2015 eine Eindämmung der todbringenden Krankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose angestrebt wird. Als wesentlichen Fortschritt bezeichnete Michel Kazatchkine gestern den Umstand, dass sich das Bewusstsein durchgesetzt habe, dass Entwicklung nur über ein gut organisiertes Gesundheitssystem möglich sei. Für die Aids-Bekämpfung bedeutet dies, dass mittlerweile vier Millionen Menschen behandelt werden – das entspricht einem Deckungsgrad von 35 Prozent. „Vor fünf Jahren lagen wir bei gerade mal 200 000 Infizierten, die unsere Hilfe erreichten“, blickte Kazatchkine zurück. Fortschritte konnten nicht zuletzt gemacht werden, weil die Pharmakonzerne Generika freigegeben haben, die auch für die armen Länder und Menschen erschwinglich werden.
Trotzdem bleibt der Kampf gegen Aids eine kostspielige Angelegenheit. So hat allein der Gesundheits-Fonds der Vereinten Nationen seit seiner Schaffung vor sechs Jahren rund 14 Milliarden Dollar in 140 Ländern aufgebracht. Rund 60 Prozent davon dienen der Aidsbekämpfung. „Wir sind auf verlässliche Finanzpartner angewiesen“, wies Peter Piot auf den langfristigen Aufwand hin. Zu diesen verlässlichen Partnern gehört das Großherzogtum. Mit je 2,5 Millionen Dollar unterstützt Luxemburg sowohl den Aids-Fonds als auch Unaids. Außerdem ist das Land in einer Reihe von Partnerschaftsprojekten engagiert.
Eines dieser Projekte ist „Aids 2031“, das darauf hinauszielt, langfristige Perspektiven zu schaffen, wissend, dass die Aidsbehandlung eine lebenslängliche Aufgabe ist und wissend, dass mittelfristig kein wirkungsvoller Impfstoff auf den Markt kommen wird.
Doktor Robert Hemmer, einer der luxemburgischen Aids-Pioniere, erklärte „Aids 2031“: „2031 werden es 50 Jahre sein, dass Aids erstmals erwähnt wurde. Nachdem in den ersten 25 Jahren vornehmlich Nothilfe geleistet wurde, geht es nun darum, die Zukunft zu gestalten.“ Dies bedeutet, dass die breite Öffentlichkeit und insbesondere die Jugend verstärkt eingebunden werden soll.
Quelle: Luxemburger Wort, 18. November 2008, Marc Schlammes