Mit der DP und der LSAP (auch wenn der offizielle Parteibeschluss scheinbar noch aussteht) haben sich nun alle Parteien mit Fraktionsstärke dazu entschieden, auf Doppelkandidaturen bei der Europawahl und den Legislativwahlen im kommenden Jahr zu verzichten.
Endlich, ist man mehr als geneigt zu sagen. Der parteiübergreifende Konsens, mit getrennten Kandidatenlisten zur Europa- und den Parlamentswahlen anzutreten, ist ein Demokratiegewinn. Er stärkt die Glaubwürdigkeit der Politik und sorgt für mehr Transparenz. Vor allem bewirkt es eine bedeutende Aufwertung der Europapolitik, wenn die Kandidaten, die zu den Europawahlen antreten, ausschließlich für ein europäisches Mandat kandidieren. Die von den Parteien getroffene Entscheidung wird in der Wahlauseinandersetzung maßgeblich dazu beitragen, den Blick der Wähler auf europäische Themen – und deren Bedeutung für den Alltag jedes Einzelnen – zu schärfen.
Für unsere Partei, die CSV, stand seit langem fest, dass sie künftig auf Doppelkandidaturen verzichten wird. Der Parteipräsident hat diesen Verzicht dem CSV-Nationalkongress vom 21. Oktober 2006 vorgeschlagen. Spontan erhielt dieser Vorschlag die eindeutige Zustimmung der CSV-Delegierten. Selbstverständlich war das nicht, einseitig und ohne Vorabsprachen mit anderen Parteien auf Doppelkandidaturen zu verzichten. Rein aus der Warte der Parteitaktik gesehen, war der Schritt gewagt und unsere Partei nahm bewusst das Risiko in Kauf, der politischen Konkurrenz bei den Europawahlen einen gehörigen Startvorteil einzuräumen. Es spricht nun für alle Parteien, die mit Fraktionsstärke im Parlament vertreten sind, dass sie die gleiche Linie eingeschlagen haben wie die CSV. Es stärkt die europapolitische Glaubwürdigkeit jeder dieser Parteien.
Die CSV wird nun zur gegebenen Zeit eine eigenständige europapolitische Wahlkampagne führen, mit Kandidaten die, weil sie „nur“ für ein europäisches Mandat kandidieren, intensiv für Europa und unsere Stellung in dieser Gemeinschaft werben, argumentieren und überzeugen werden. Dass die CSV eine eigenständige Europawahlkampagne führt, ist dabei nicht neu. Seit 1979, der ersten Direktwahl zum Europaparlament, führt sie inhaltlich und organisatorisch (und zum Teil auch personell) getrennte Wahlkämpfe. Nun wird die vollständige personelle Trennung der Kandidaten für noch mehr Klarheit sorgen.
Neben der inhaltlich, argumentativen und organisatorisch selbständigen Europawahlkampagne kommt es für die Bürger darauf an, die Gewissheit zu haben, dass der Kandidat zum Europaparlament unmissverständlich dieses Mandat anstrebt. Diese Gewissheit wäre übrigens nicht durch die zeitliche Trennung der nationalen und der Europawahl zu gewährleisten, ganz abgesehen von der Frage, wie diese zeitliche Trennung bewerkstelligt werden soll. Hinzu kommt, und das haben Europawahlen und Referenden im Ausland bisher zur Genüge gezeigt, dass auch bei zeitlicher Trennung der Wahlgänge nationale Themen die europäischen Themen zu überlagern drohen. Es gilt zuvorderst, diese Überlagerung zu beseitigen. In diesem Sinne haben die luxemburgischen Parteien, die einen wirklichen Gestaltungsanspruch haben, die richtige Entscheidung getroffen.
von François Biltgen