Forschen für die Zukunft

Die Luxemburger Wort Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe: “Forschen für die Zukunft” – Entwicklung der Forschung und der Universität schreitet voran

VON PIT BOUCHÉ 

Der Ausbau der Forschung und die Entwicklung der Universität werden in der luxemburgischen Politik immer mehr zur Priorität, was sich vor allem durch die Budgetzahlen belegen lässt. Diese Investitionen sind für die Regierung gerechtfertigt, da der Wirtschaftsstandort Luxemburg gut ausgebildete Arbeitskräfte und innovative Ideen brauche, um längerfristig seine Konkurrenzfähigkeit zu bewahren.

Ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll in Zukunft von der öffentlichen Hand in die Forschung investiert werden, so das Ziel der Regierung. Diese Vorgabe gaben sich 2002 die Mitgliedsstaaten der EU, um die europäischen Forschungsbemühungen zu verstärken und eine dynamische Wissensgesellschaft zu schaffen. In dieser Legislaturperiode wird dies hierzulande allerdings nicht gelingen, lag man doch im Budget von 2007 bei etwa 0,42 Prozent. Dennoch kann man der Regierung nicht Vernachlässigung der Forschung vorwerfen, sind doch die diesbezüglichen Ausgaben des Staates im Laufe der letzten vier Jahre um das Vielfache gestiegen.

Damit dieses Geld auch effizient genutzt wird, gab die Regierung 2006 beim FNR (Fonds national de la recherche) eine Studie in Auftrag, die die Forschungsbereiche mit dem für Luxemburg höchsten sozioökonomischen Potenzial identifizieren sollte. Letztes Jahr legte der Ministerrat schließlich auf Basis dieser Studie die prioritären Forschungsbereiche fest, auf die in den nächsten Jahren die finanziellen Mittel konzentriert werden. Auf diese Weise möchte man erreichen, dass Luxemburg in Feldern, wie der Entwicklung der Finanzsysteme, der nachhaltigen Energienutzung oder der altersbedingten Krankheiten Spitzenforschung betreibt, deren Resultate sich später auch wirtschaftlich umsetzen lassen.

Dazu reichen finanzielle Mittel jedoch nicht aus, die diversen Forschungseinrichtungen benötigen zudem mehr Personal. Um Luxemburg aber vor allem für junge Forscher attraktiver zu gestalten, hatte der zuständige Forschungsminister François Biltgen deshalb einen Gesetzesentwurf eingereicht, der das Statut von Doktoranden und Postdoktoranden definiert. Dieses Gesetz zur „formation-recherche“, das im Juli 2008 vom Parlament verabschiedet wurde, verbessert die Arbeitsbedingungen und die finanzielle Unterstützung der Forscher. Sie erhalten jetzt zeitlich begrenzte Arbeitsverträge und sind demnach sozial versichert. Ferner wird auch die Mobilität der Forscher gefördert.

OECD-Empfehlungen umgesetzt

Großen Einfluss auf die Arbeit der Regierung hatten die Ergebnisse der OECD-Studie über die Innovations- und Forschungslandschaft im Großherzogtum, die 2006 einige Schwächen der öffentlichen Forschung hervorhoben.

So ging das zuständige Ministerium in diesem Jahr dazu über, mit den nationalen Forschungszentren, dem Ceps/Instead und dem FNR zeitlich begrenzte Leistungsverträge abzuschließen. Diese Forschungseinrichtungen erhalten dadurch mehr Autonomie und mehr öffentliche Gelder. Im Gegenzug sind sie aber verstärkt zu Eigenverantwortung und Leistung verpflichtet.

Eine weitere Empfehlung der OECD wurde vom Forschungsminister Biltgen kürzlich mit der Schaffung des „Comité supérieur de la recherche et de l’innovation“ umgesetzt. Dieser Beirat hat zur Aufgabe, die Regierung bei der Entwicklung einer kohärenten nationalen Forschungspolitik sowie bei deren Umsetzung zu unterstützen. Die neun Mitglieder setzen sich aus Universitätsprofessoren, Unternehmensdirektoren und Vertretern der Zivilgesellschaft zusammen, die allesamt kein Eigeninteresse in der nationalen Forschung haben dürfen.

Eine wichtige Rolle in der Forschung spielt selbstverständlich die junge Universität Luxemburg. Deren Entwicklung wird dabei durch die Regierung dank ständig steigenden Investitionen gefördert. 2007 beliefen sich die öffentlichen Ausgaben zugunsten der Universität bereits auf 49 Millionen Euro. 2005 waren es gerade einmal 31 Millionen.

Diese Investitionen soll die Universität nicht nur durch das Plus an wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch durch einen Beitrag für die nationale Kohäsion rechtfertigen. Im Auftrag der Regierung führt sie Studien über die Identität Luxemburgs sowie im Bildungsbereich durch. So wird zum Beispiel das Pilotprojekt „Neie Lycée“ von der Universität wissenschaftlich begleitet.

Standortfrage nicht geklärt

Nicht endgültig geklärt ist allerdings die Frage nach dem Standort der Universität. Sprach die Regierung 2004 im Regierungsprogramm lediglich davon, die Cité des Sciences auf Esch-Belval anzusiedeln und die beiden anderen Fakultäten mittelfristig auf einem einzigen Campus in der Hauptstadt zu vereinen, traf man ein Jahr später schon die Entscheidung, nur noch die Fakultät für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in der Hauptstadt zu lassen. Ob es zu einem Einheitscampus in Esch- Belval kommt, oder ob die Hauptstadt einen Teil der Universität behält, soll 2009 entschieden werden.

In diesem Zusammenhang, stellt sich die Frage der Studentenwohnungen. Seit 2004 wurde das Angebot von Studentenunterkünften durch die Universität stetig vergrößert. Um die 250 Zimmer stellt die Universität ihren Studenten mittlerweile zur Verfügung, die mehrheitlich noch in der Hauptstadt liegen. Ziel der Universität und der Regierung ist es aber, in Esch-Belval 20 Prozent der zukünftig dort angesiedelten Studenten mit Wohnungen zu versorgen. Damit den Studenten ferner mehr Zimmer von privater Hand zur Verfügung gestellt werden, rief Hochschulminister Biltgen zusammen mit Familienministerin Jacobs 2006 die Initiative „Babuschka“ ins Leben. Dabei sollen Senioren Studenten für relativ niedrige Preise Zimmer zur Verfügung stellen.

Was die Aufenthaltsbedingungen von Studenten aus Drittländern betrifft sowie deren Möglichkeiten, neben dem Studium im Großherzogtum zu arbeiten, schaffte das neue Immigrationsgesetz Klarheit. Auch regelt es die Aufenthaltsbedingungen für Forscher. Des Weiteren wurde in dieser Legislaturperiode gesetzlich festgehalten, dass Studenten neben ihrem Studium einer bezahlten Arbeit nachgehen können, die jedoch zehn Stunden pro Woche nicht überschreiten darf.

Die Hausaufgaben

Erledigt:
– Festlegen der Forschungsprioritäten – Reform des Forscherstatuts

In Arbeit:
– vollständige Umsetzung des Bologna Prozesses – Anpassung des BTS

Noch nicht umgesetzt:
– Festlegen des Unistandortes – Forschungsinvestitionen von einem Prozent des PIB

Quelle: Luxemburger Wort, 7. August 2008, Seite 2