Die Luxeburger Wort Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe: “Hausaufgaben erledigt, Probleme nicht ganz gelöst” – Asyl- und Immigrationsgesetz verabschiedet
VON DANI SCHUMACHER
Zwei Reformvorhaben hatte die Regierung bei ihrem Amtsantritt im Jahr 2004 dem Ressort Immigration ins Hausaufgabenheft geschrieben: die Revision des Asylgesetzes aus dem Jahr 1996 und die Ausarbeitung eines neuen Immigrationsgesetzes. In dieser Hinsicht haben Außenminister Asselborn und der delegierte Außenminister Nicolas Schmit ihr Pensum erfüllt. Ungelöst bleibt die Problematik der abgelehnten Asylbewerber.
Bei der Asylproblematik kam die Regierung zunächst recht schnell in die Hufe. Bereits am 27. Januar 2005, also schon sechs Monate nach dem Amtsantritt, konnte Außenminister Jean Asselborn den Entwurf für ein neues Asylgesetz einreichen. Bis die Gesetzesnovelle die parlamentarischen Hürden nehmen konnte, sollte es dann aber dauern. Die Kritik an dem Reformvorhaben wollte nämlich nicht abreißen.
In seinem ersten Gutachten hatte der Staatsrat dreimal sein Veto eingelegt. Auch der Flüchtlingsrat, die Menschenrechtskommission, die betroffenen Hilfsorganisationen und die Oppositionsparteien konnten sich nicht wirklich mit der Gesetzesinitiative anfreunden. Im Kreuzfeuer der Kritik standen vor allem das Eilverfahren, das fehlende Rekursrecht und die mögliche zwölfmonatige Einweisung der Asylbewerber in das Centre de rétention. Die Gesetzesnovelle entstand vor dem Hintergrund der dramatisch gestiegenen Asylbewerberzahlen: 2004 hatten immerhin 1 575 Menschen in Luxemburg Asyl beantragt.
Bei der ersten Lesung im Parlament am 20. Dezember 2005 räumten die meisten Abgeordneten dann zwar ein, dass der Gesetzentwurf gegenüber dem Gesetz aus dem Jahr 1996 deutliche Fortschritte aufzuweisen hätte. Vor allem die Einführung des zweiten Flüchlingsstatuts trifft auf ein positives Echo. Außerdem sei der Text besser als der Gesetzentwurf von Minister Frieden aus dem Jahr 2003. Schließlich stimmten 43 Abgeordnete dafür, bei zehn Enthaltungen und sieben Gegenstimmen.
Die zweite Abstimmung erfolgte knapp vier Monate später. Ein Konsens war aber auch am 5. April 2006 nicht zu erwarten: 41 Volksvertreter stimmten am Ende einer angeregten Debatte für die Gesetzesnovelle, acht waren dagegen und zehn enthielten sich der Stimme. Der delegierte Außenminister Nicolas Schmit ist sich indes sicher: Das neue Asylgesetz sei zwar streng, aber human. Vor allem aber sollen die Verfahren, die sich bislang oft über Jahre hinzogen, merklich verkürzt werden.
Die Zahl der Asylbewerber geht in der Folge zurück: 2007 wurden nur noch 426 neue Anträge registriert. Ob dieser Trend allein auf das neue Asylgesetz zurückzuführen ist, ist allerdings fraglich, denn eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich in ganz Europa ab.
Ein Problem bleibt auch nach dem Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes am 5. Mai 2006 akut: Wie soll man mit den abgelehnten Asylbewerbern umgehen? Wie in den vergangenen Jahren, sorgen auch in diesem Sommer die Ausweisungen für mächtig Wirbel. Die Commission consultative des droits de l’Homme etwa sieht die Grundrechte in Gefahr und vermisst verbindliche Regeln, die genau festlegen, wie die Beamten bei den Abschiebungen vorzugehen haben. Auch Organisationen wie Asti und Acat kritisieren das Vorgehen der Regierung. Der delegierte Immigrationsminister Nicolas Schmit verteidigt die Rückführungen: Eine Tolerierung ungerechtfertigter Asylanträge sei nicht vertretbar, so Schmit am 22. Juli gegenüber dem Luxemburger Wort.
Auch wenn das entsprechende Gesetzesprojekt in die Zuständigkeit des Bautenministeriums fällt, so ist der Bau eines Auffanglagers für abgelehnte Asylbewerber und Personen mit ungeregelter Aufenthaltsgenehmigung doch unmittelbar mit dem Ressort Immigration verbunden. Auch bei diesem Vorhaben gab es eher gemischte Gefühle. Alle sahen ein, dass ein solches Zentrum absolut notwendig sei, allein die Detailfragen bewegten die Gemüter. So wurde u. a. bemängelt, dass die geplante Anstalt zu groß sei und dass gleichzeitig zu wenig Personal zur Verfügung stünde. Kritisiert wurde auch, dass die Regierung beim Bau auf die Erstellung eines Plan d’aménagement particulier verzichtet hat. Bautenminister Wiseler erklärte diese Vorgehensweise schließlich mit der gebotenen Eile. Am 10. Juni 2007 erhielt das 11,2 Millionen teure Projekt auf Findel die Zustimmung des Parlaments.
Mit der Verabschiedung des Immigrationsgesetzes am 8. Juli dieses Jahres konnten die Minister Asselborn und Schmit eine weitere Großbaustelle erfolgreich zu Ende bringen. Das Gesetz soll die Zuwanderung so regeln, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Landes garantiert und der langjährigen Tradition des Großherzogtums als Einwanderungsland Rechnung tragen wird. Zudem werden mit dem Gesetz gleich sechs EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt.
Das Gesetz unterscheidet zwischen EU-Bürgern und Personen aus Drittstaaten, für die die Hürden bei der Einwanderung etwas höher liegen. Sonderregeln sind u. a. für hochspezialisierte Arbeitnehmer, Sportler, Forscher, Schüler und Studenten vorgesehen.
Auch für dieses Gesetz gab es prinzipielle Zustimmung, die Kritik machte sich eher an Detailfragen wie der Familienzusammenführung, der erlaubten Arbeitszeit für Studenten und der Definition der Eigenmittel fest. Lediglich die Menschenrechtskommission ging mit dem Gesetzentwurf etwas härter zu Gericht. Der Ermessungsspielraum des Ministers sei zu groß und zu viele Fragen würden über großherzogliche Erlasse geregelt, so die Kritik. Am Ende haben die Parlamentarier der Gesetzesinitiative trotz der Einwände ein einstimmiges Votum erteilt.
Bleiben noch das Integrationsgesetz und die Reform der Staatsbürgerschaft, um das Zusammenleben von Luxemburgern und Ausländern endgültig zu regeln. Aber die fallen unter die Zuständigkeit des Integrations- bzw. des Justizministeriums und kommen erst nach der Sommerpause zur Abstimmung.
Die Hausaufgaben
Erledigt:
– Asylgesetz
– Immigrationsgesetz
Im Bau:
– Auffanglager für abgelehnte Asylbewerber
Quelle: Luxemburger Wort, 5. August 2008, Seite 2