Wenig nationaler Spielraum

Die Luxemburger Wort Sommerserie: Schwarz-Rot unter der Lupe: “Wenig nationaler Spielraum” – Agrargesetz als Schwerpunkt der Legislaturperiode

VON DANI SCHUMACHER

 

Als die aktuelle Regierung 2004 ihre Arbeit aufnahm, litt die Landwirtschaft noch unter den Spätfolgen der BSE-Krise und der Schweinepest. Politisch stellte die Umsetzung der EU-Agrarreform mit der Loskoppelung der Prämien von der Produktion den Agrarsektor vor große Herausforderungen. Auf nationalem Plan stehen die Neuauflage des Agrargesetzes und des ländlichen Entwicklungsplans ins Haus.

 

Für die Gestaltung der Agrarpolitik bleibt auf nationaler Ebene nur wenig Spielraum. Die großen Richtlinien werden von Brüssel vorgegeben, lediglich Detailfragen können noch in Luxemburg geklärt werden. Dementsprechend vage liest sich denn auch das Regierungsprogramm aus dem Jahr 2004 zum Thema Landwirtschaft. Da geht die Rede von Multifunktionalität, Nachhaltigkeit, Rückverfolgbarkeit und von der Qualitätsproduktion, die gefördert werden soll.

Die beiden Schwerpunkte der Legislaturperiode, das neue Agrargesetz und der neue Entwicklungsplan für den ländlichen Raum, finden keine explizite Erwähnung im Koalitionsabkommen. Dies ist umso erstaunlicher, da Landwirtschaftsminister Fernand Boden gleich eine ganze Reihe der Zielsetzungen aus dem Regierungsprogramm mit diesen beiden Großprojekten in die Tat umsetzen konnte. 

Das Agrargesetz ließ allerdings auf sich warten. Eigentlich hätte es bereits am 1. Januar 2007 in Kraft treten sollen. Schließlich wurde es am 20. März dieses Jahres mit den Stimmen von ADR, CSV, LSAP und DP verabschiedet, die Grünen enthielten sich. Das Agrargesetz steckt den Rahmen für die nationale Agrarpolitik bis 2013 ab und sieht insgesamt Beihilfen in Höhe von 415,5 Millionen Euro (davon 90 Millionen Euro aus Brüssel) vor. Eckpfeiler sind die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die Förderung der ländlichen Entwicklung, Umweltschutzmaßnahmen und die Verwirklichung von Leader-Projekten. Das neue Agrargesetz schreibe über weite Strecken die Politik der letzten Jahre fort, betonte Fernand Boden bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs im August letzten Jahres. 

Auf wenig Zustimmung seitens der Bauern trifft die Absenkung der Subventionen um fünf Prozent. Als Ausgleich werden allerdings die Obergrenzen für die hauptberuflichen Landwirte aufgehoben. Das freut vor allem die größeren Betriebe.

Junglandwirte können sich ebenfalls über höhere Prämien freuen. Wie in der Regierungserklärung angekündigt, wird die Ausbildung forciert: Wer eine Zusatzausbildung vorzeigen kann, erhält eine höhere Erstinstallierungsprämie. Nicht eingehalten wurde bislang das Versprechen, dass in Anlehnung an das Handwerk eine Meisterprüfung im Fach Landwirtschaft eingeführt werden soll. Die Modernisierung und der Ausbau der Ackerbauschule, ebenfalls eine Zielsetzung des Koalitionsabkommens, sind in die Wege geleitet. 

Die Verzögerung beim Agrargesetz hat zum Teil verwaltungstechnische Ursachen. Denn bevor das Gesetz die parlamentarischen Hürden nehmen kann, muss die EU-Kommission erst einmal den ländlichen Entwicklungsplan gutheißen, der als Basis für das Agrargesetz dient. Und hier musste sich Landwirtschaftsminister Boden in Geduld üben: Erst nach fast einem Jahr und nach langem Hin und Her erteilt Brüssel schließlich Ende September 2007 grünes Licht. Der Finanzrahmen bis 2013 umfasst 368,457 Millionen Euro. Für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit stehen 127,715 Millionen Euro zur Verfügung, Umweltschutzmaßnahmen werden mit 212,014 Millionen Euro gefördert, 15.514 Millionen Euro stehen für die ländliche Entwicklung und landwirtschaftliche Diversifizierung bereit und die Leader-Programme werden mit 13,213 Millionen Euro unterstützt. 

Sowohl das Agrargesetz als auch der Plan de developpement rural (PDF) wollen Akzente in Sachen Umweltschutz setzen. So hatte es das Koalitionsabkommen festgehalten, und so schreibt es Brüssel vor. Den Biolandbau wollte die CSV/ LSAP-Koalition ebenfalls fördern: Das Agrargesetz sieht bis 2013 eine Anhebung der Fläche von heute 3 000 auf 6 000 Hektar vor. 

Was den Umgang mit genetisch veränderten Organismen anbelangt, heißt es im Regierungsabkommen: "Le Gouvernement se laissera guider par les principes de precaution". Ende Januar wurde denn auch das Koexistenzgesetz vom Parlament verabschiedet, mit dem das Nebeneinander von traditioneller, biologischer und Genlandwirtschaft geregelt werden soll. Ganz verbieten konnte die Regierung die ungeliebten GVO’s nicht, das lässt Brüssel nicht zu. 

Das angekündigte veterinärmedizinische Laboratorium befindet sich in der Planungsphase, bis zur endgültigen Fertigstellung wird es allerdings noch dauern. Ebenfalls in Planung befindet sich die Gartenbauzone. Nachdem der Staat bereits mehrere Grundstücke in Contern gekauft hatte, hat sich das erste Konzept zerschlagen. Nun soll eine dezentrale Lösung gefunden werden: Das Freilandgelände bleibt in Contern, die Treibhäuser sollen übers Land verteilt an Biogasanlagen angegliedert werden. 

Das Regierungspapier beschäftigt sich nicht zuletzt mit den Tieren. Mit der Verabschiedung des Hundegesetzes wurde ein Punkt eingelöst. Nicht umgesetzt wurde bislang die Zusage, den Tierschutz in die Verfassung einzuschreiben. 

Die Hausaufgaben:

Erledigt:
– Ländlicher Entwicklungsplan
– Agrargesetz
– Koexistenzgesetz
– Hundegesetz

Auf dem Instanzenweg:

Veterinärmedizinisches Labor

 Ausbau und Modernisierung der Ackerbauschule

Noch nicht umgesetzt:
 Meisterbrief für Landwirte
 Gartenbauzone
 Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung

Quelle: Luxemburger Wort, 21. Juli 2008, Seite 2