Sterben in Würde

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie muss auch in den letzten Wochen, Tagen und Stunden eines menschlichen Lebens gewahrt bleiben. Der Mensch hat ein Recht auf Sterben in Würde. Das ist für die CSV eine Selbstverständlichkeit. Deshalb haben wir das Gesetz zur Palliativmedizin einstimmig mitgetragen, deshalb haben wir für ein flächendeckendes Angebot dieser Medizin gekämpft. Freie Tribüne von Michel Wolter, CSV-Fraktionspräsident im “Soziale Fortschrett”

 Andere Parteien und ihre Vertreter sehen jenseits der Notwendigkeit einer stets verfügbaren palliativen Betreuung am Lebensende auch den Bedarf einer gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe. Der Gesetzvorschlag zur Euthanasie hat im Parlament eine knappe Mehrheit bekommen. Dieser Text geht der CSV jedoch zu weit. Wir wollen, dass im Respekt der Voten vom 19. Februar dieser Gesetzvorschlag so überarbeitet wird, dass er für eine breite parlamentarische Mehrheit akzeptabel sein kann. LSAP, DP und Grüne scheinen es allerdings darauf anzulegen, uns von der Mitarbeit an einer solchen Neufassung des Textes abzuhalten. Wir werden uns allerdings von einer aktiven Beteiligung an diesem parlamentarischen Prozess nicht abhalten lassen!

Der Gesetzvorschlag „Err-Huss“ schafft praktisch ein Recht auf Euthanasie. Wer zum Beispiel palliative Betreuung nicht will, soll verlangen können, dass ein Arzt ihn „euthanasiert“. Das ist für die CSV nicht akzeptabel. Wir erkennen an, dass Palliativmedizin nicht alles bewirken kann, dass es Fälle gibt, gegenüber denen auch sie machtlos ist. Medizinisch ausweglose Situationen von Menschen, deren Lage mit keinem medizinischen Mittel verbessert werden kann. Diesen Menschen wollen wir die Möglichkeit zugestehen, Sterbehilfe zu verlangen und auch zu erhalten. Das ist kein Recht auf Euthanasie. Das ist Hilfe für Menschen, die keinen anderen Weg mehr sehen, als dass sie ihrem Leben ein Ende bereiten können. In den Fällen, um die es uns geht, ist die Hilfe beim Sterben ein Akt der Barmherzigkeit. Das wird auch von vielen Moraltheologen so verstanden.

Damit ein Arzt eine solche Hilfe geben kann, muss er sich im rechtssicheren Rahmen bewegen. Er muss die Gewissheit besitzen, dass sein Akt der Sterbehilfe, auf eindringlichen Wunsch des betroffenen Patienten und unter strengen Auflagen durchgeführt, straffrei bleibt. Es muss demnach von unabhängiger Stelle geprüft werden, dass alle Bedingungen für eine Euthanasie erfüllt sind. Deshalb will die CSV eine Kommission VOR jedem Akt von Sterbehilfe einbinden, die diesen Akt genehmigt. „Err-Huss“ will eine solche Kontrolle lediglich akzeptieren, nachdem eine Euthanasie durchgeführt wurde. Das ist keine Kontrolle mehr, das ist lediglich eine Mitteilung. Die CSV wird einem Text, der nur eine Mitteilung nach erfolgter Euthanasie vorsieht, nicht zustimmen. Wir werden uns bis zum Ende der parlamentarischen Prozedur dafür einsetzen, dass ein Kontrollmechanismus jedem Akt von Euthanasie vorausgeschaltet wird.

Die CSV ist sich bewusst, dass eine parlamentarische Mehrheit sich für das Prinzip der Sterbehilfe ausgesprochen hat. Das ist zu respektieren. Es wird jedoch ein zweites Votum über den betreffenden Text geben. Bis dahin kann, soll und muss dieser so abgeändert werden, dass er Missbräuche ausschließt und nur wirklich medizinisch hoffnungslose Fälle von einer Euthanasie betroffen sein können. Dafür wollen wir in der parlamentarischen Arbeit der kommenden Wochen sorgen!

Michel Wolter

Quelle: Soziale Fortschrett, April 2008