Die CSV für ein menschenwürdiges Lebensende

Es wird immer wieder behauptet, die CSV wisse nicht mehr, ob sie für oder gegen die Euthanasie ist! Hat sie keine Meinung mehr? Oder hat sie sich von den Meinungsumfragen, dass rund 80 % der Bürger für die Euthanasie eintreten, umdrehen lassen? Diese Fragen stehen in letzter Zeit regelmäßig im Blickfeld. Dazu einige Klarstellungen. CSV Profil 21. April 2008

Für eine flächendeckende Palliativmedizin 

Meinungsumfragen sind Stimmungsbilder und beantworten Fragen. Fragen, die nicht gestellt werden, können die Bürger nicht beantworten. Viele Bürger – und das ist eigentlich selbstverständlich – treten dafür ein, dass sie selbst über ihr Lebensende bestimmen können und nicht leiden müssen. Diese Sorge teilt die CSV. Deshalb setzen wir uns seit 1989 nicht nur für das Recht ein, eine künstliche Lebensverlängerung abzulehnen, sondern wir wollen vor allem eine flächendeckende Palliativmedizin. 

Palliativmedizin bedeutet nicht nur, das Leiden durch schmerzstillende Medikamente einzudämmen, sondern vor allem den Menschen und seine Angehörigen an seinem Lebensende medizinisch, psychologisch, sozial und geistig zu begleiten. Tatsache ist allerdings, dass bislang viele Bürger nicht auf Palliativmedizin zurückgreifen können. So mussten Nahestehende daher oft mit erleben, , wie Menschen, die ihnen lieb waren, das Lebensende als Hölle erfahren haben. Viele sehen somit Euthanasie als einzige Alternative gegen das Leiden. Dabei kann in den allermeisten Fällen die Palliativmedizin das Leiden verhindern: Die Fortschritte in der Palliativmedizin sind in diesem Punkt gewaltig. Die CSV wird weiterhin für eine flächendeckende Palliativmedizin kämpfen. 

Err-Huss-Vorlage über Euthanasie nicht zufriedenstellend 

Auch deshalb kann die CSV weder gestern, noch heute oder morgen für ein allgemeines Recht auf Euthanasie eintreten. Denn die „Freiheit“ Euthanasie einzuklagen, schränkt die Freiheit anderer ein, vor allem der Ärzte. Die Frage, ob der Staat einen Dritten, also den Arzt, verpflichten kann, einem Menschen den Tod zuzufügen, muss gestellt werden. 

Am 19. Februar hat eine – wohl knappe – Mehrheit (30 Abgeordnete stimmten mit Ja, 26 mit Nein, bei 3 Enthaltungen) des Parlamentes, das Recht auf Euthanasie eingeführt. 

Die CSV kann die Vorlage in ihrer aktuellen Form, weil sie trotz formaler Einschränkungen im Text und dementsprechender Aussagen ihrer Protagonisten, nicht nur extrem schwierige Grenzfälle betrifft, sondern unterschwellig ein Recht auf Euthanasie, ja sogar ein Recht auf Beihilfe zum Selbstmord einführen kann. In der Tat sind wohl einschränkenden Bedingungen vorgesehen, Euthanasie einzufordern. Allerdings wird die Erfüllung dieser Bedingungen nicht vor der Euthanasie kontrolliert, sondern erst nachdem der Mensch tot ist! Gerade teilt sie auch die Bedenken der Ärztegewerkschaft gegen die aktuelle Euthanasie-Gesetzvorlage aus. Darüber hinaus ist der Mensch am Lebensende oft nicht „frei“, um selbst über seinen Tod zu bestimmen. Ältere Mitmenschen sollten nicht dem Druck ausgesetzt werden zwischen einer für die Gesellschaft „teuren“ Palliativmedizin und „billigen“ Euthanasie entscheiden zu müssen. 

Die Regeln der Demokratie 

Aus dem Votum ergibt sich die Schlussfolgerung, dass eine Mehrheit demokratisch entschieden hat. Das ist nun eben so und das hat ein Politiker zu respektieren. Die Euthanasie wird wohl gesetzlich straffrei werden. 

Doch die Euthanasie-Vorlage wurde im Plenum, im Gegensatz zum Palliativmedizingesetz nicht im Detail ausdiskutiert. Sie muss, genau wie das Palliativmedizingesetz einem zweiten Votum zugeführt werden. 

Auf einer allgemeinen Ablehnung wie am 19. Februar zu beharren, würde todsicher zu einer Euthanasie-Regelung führen, die zur Unterwanderung der Palliativmedizin führen könnte und viele gravierende ethische und juristische Probleme aufwerfen würde. 

Deshalb hat die CSV beschlossen, dem nicht tatenlos zuzuschauen und alles zu tun, damit die Euthanasie nur in den extrem schwierigen Grenzfällen zur Wirkung kommen soll, in denen die Palliativmedizin nicht oder nicht mehr wirken kann. Übrigens haben viele Anhänger der Err-Huss-Vorlage auch immer betont, es gehe ihnen nur um die Lösung von Grenzfällen, und nicht um ein allgemeines Recht auf Euthanasie Die CSV unterstreicht in diesem Sinn die Forderung der Ärzteschaft, dass Euthanasie einer Vorabkontrolle und nicht einer Mitteilung an ein „Kontrollgremium“ nach erfolgtem Akt bedarf.. 

Gewissensfreiheit bleibt angesagt 

Übrigens war die CSV sich aber auch vor dem Votum bewusst, dass es Grenzfälle gibt, in denen Palliativmedizin nicht oder nicht mehr wirken kann, und dass es wohl in der Praxis Fälle geben kann, in denen die Euthanasie praktiziert wird. Wir vertraten dabei den Standpunkt, dass diese Fälle nicht gesetzlich geregelt zu werden brauchen, da es sich um ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten und dem Arzt handelt und die Justiz im Nachhinein aufgrund allgemeiner Bestimmungen des Strafrechts den Arzt freisprechen kann. Allerdings muss man zugeben, dass diese Situation keine Rechtssicherheit gibt und Euthanasie so im Dunkeln stattfinden kann, jenseits aller Transparenz und formaler Nachvollziehbarkeit. 

Deshalb hat die CSV in diesem einzigen Punkt ihre Meinung abgeändert, und das nach Abstimmung im Nationalvorstand. Euthanasie soll nur in extrem schwierigen Grenzfällen zulässig sein. Die Legalität und Rechtfertigung einer Euthanasie soll jedoch nicht im Nachhinein durch die Justiz, sondern im Vorfeld durch eine aus Medizinern, Juristen und anderen Experten zusammengesetzte Kommission geprüft werden. 

Die CSV wird auch weiterhin auf die Gewissensfreiheit pochen. Abgeordnete, denen diese Haltung zu weit oder nicht weit genug geht, werden bei der definitiven Abstimmung im Parlament ihrem Gewissen gemäß abstimmen können.