„Keine Parteipolitik“

Vor einem Monat verabschiedete das Parlament einstimmig den Gesetzentwurf über Palliativbetreuung und mit knapper Mehrheit den Gesetzvorschlag zur Legalisierung der aktiven Sterbehilfe. Die Christlich-Soziale Volkspartei hat in den vergangenen Wochen eine „Denkpause“ eingelegt und ihren Standpunkt den neuen Gegebenheiten angepasst. Im Rahmen einer Pressekonferenz bezogen Parteipräsident François Biltgen, Fraktionspräsident Michel Wolter und die CSV Abgeordnete Martine Stein-Mergen Stellung

„Das Parlament hat mit knapper Mehrheit den Err/Huss-Gesetzvorschlag angenommen. Diese Entscheidung nehmen wir zur Kenntnis und respektieren sie“, so Parteipräsident François Biltgen. Für die CSV sei aber weiterhin klar, dass es kein „Recht auf Beihilfe zum Freitod“ geben kann. „Aber der Mensch soll an seinem Lebensende nicht leiden müssen“, so Biltgen weiter.

Die Palliativmedizin ermögliche eine optimale menschenwürdige Betreuung. Daher stehe die CSV nach wie vor für eine zügige Inkraftsetzung des Palliativgesetzes, um die Sterbebegleitung flächendeckend im Großherzogtum anbieten zu können. Allerdings, so François Biltgen, verkenne die CSV nicht, dass in einigen, wenigen Ausnahmefällen die Palliativmedizin die Leiden gar nicht oder nicht mehr lindern könne. Nur in diesen „dramatischen Extremfällen“ könne man sich vorstellen, eine aktive Sterbehilfe in Betracht zu ziehen. Prinzipiell sei die CSV der Auffassung, dass der Gesetzgeber nicht von Grenzfällen allgemein gültige Regeln ableiten solle. Medizinische Grenzfälle könnten demnach kein allgemein gültiges Recht auf aktive Sterbehilfe begründen.

Die Regierungspartei will der politischen Lage nach der Abstimmung im Parlament Rechnung tragen. Da beide Gesetzvorlagen vom Staatsrat nicht von einer zweiten Abstimmung entbunden wurden, gelte es nun, die Widersprüche festzustellen und die Bestimmungen in Einklang zu bringen. So wie es vom Gesundheitsausschuss des Parlaments festgehalten wurde. Die christlich-soziale Fraktion will sich nach den Worten ihres Vorsitzenden Michel Wolter „konstruktiv – in den Grenzen der grundsätzlichen Position – einbringen“. Martine Stein-Mergen wiederholte, dass für die CSV eine aktive Sterbehilfe nur in Ausnahmefällen denkbar sei. Ein Recht auf Beihilfe zum Suizid, ein Anspruch gegenüber Dritten, getötet zu werden, sei mit den Christlich-Sozialen nicht durchsetzbar.

Es bleibt jetzt zu klären, ob die anderen Fraktionen dies auch so sehen. François Biltgen wies darauf hin, dass die Anpassung des Standpunkts der CSV ohne Gegenstimme vom Nationalvorstand gebilligt wurde. Die Christlich-Sozialen gehen davon aus, dass nun auch die anderen Parteien bereit sind, sich zu bewegen und so ein möglichst breiter Konsens gebildet werden kann. „Wir wollen keinen Kulturkampf“, so Parteipräsident François Biltgen, der hofft, dass die weiteren Arbeiten an den beiden Gesetzvorlagen nicht für Parteipolitik missbraucht werden.

Quelle: Wort, 21. März 2008, Laurent Zeimet