Solare Energieversorgung „Mare Nostrum“ – eine nachhaltige Option

Die nachhaltige und sichere Energieversorgung Europas wird sich immer stärker auf die folgenden Säulen: der Einsatz der erneuerbaren Energien, die effiziente Energienutzung, das Bewusstsein um die Endlichkeit der fossilen Energieträger fokussieren. Die Erkenntnis, dass der aktuelle Energieverbrauch die Lebensressourcen Boden, Luft und Wasser in eine nicht zukunftsfähige Lage bringt, steht im Mittelpunkt der Bali-Konferenz. Freie Tribüne von Dr.-Ing. Marcel Oberweis

Die Überschwemmungen, das Abschmelzen der Gletscher und der polaren Eismassen und der Meeresspiegelanstieg aufgrund der Erderwärmung lassen die Menschen aufhorchen. Einzelne Staaten, die „kleinen Inselstaaten“ im Pazifik und in der Karibik, welche dem Anstieg des Meeresspiegels ausgesetzt sind, klagen die Industrieländer bereits an, dies war auch Gegenstand der Umweltkonferenz in Bali im Dezember 2007. Die Diskussion um den Klimawandel und den Naturschutz fordert die reichen Industrieländer umgehend zur Gerechtigkeit gegenüber den Entwicklungsländern auf. 

Viele Wissenschaftler und Politiker werden nicht müde, auf die Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und dem Verbrauch an fossilen Energien hinzuweisen. Als wirksame Maßnahmen zum verbesserten Umweltschutz werden demzufolge die Verbrauchsverringerung an fossilen Brennstoffen, die erhöhte Energieeffizienz und die gesteigerte Nutzung der erneuerbaren Energien angeführt. Laut dem jüngsten Bericht der EU-Kommission wird vorausgesagt, dass der jährliche Anstieg des weltweiten Energiebedarfs auf etwa 1,8 Prozent bis 2030 geschätzt wird. Trotz guter Ansätze werden der Energieverbrauch und die Emissionen um weitere 60 Prozent bis 2030 ansteigen; Erdöl, Erdgas und Kohle werden immer noch etwa 83 Prozent des weltweiten Energiehungers decken.

Afrika – unser Partnerkontinent in der nachhaltigen Energieversorgung 

Auch wenn sich in Europa die ersten Anzeichen des Klimawandels bemerkbar machen, so stehen die Menschen in Afrika diesem Wandel, angesichts der knappen finanziellen Mittel, machtlos gegenüber. Man möge sich des Weiteren vor Augen halten, dass 2 Mrd. Menschen von den 6.6 Mrd. auf dem Planeten mit weniger als 2 € pro Tag auskommen müssen, 1,1 Mrd. Menschen keinen sicheren Zugang zu ausreichend Trinkwasser haben und nahezu 2 Milliarden nicht über kommerzielle Energien verfügen. 

In der Abschlusserklärung der Konferenz Europa-Mittelmeer in Barcelona vom 27. und 28. November 1995 wurde beschlossen, die Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Mittelmeerländern in Nordafrika im Hinblick auf eine neue Partnerschaft aufzubauen. Insbesondere sollten die Bereiche: Förderung des Dialogs, Zusammenarbeit in der Energiepolitik und dem Umweltschutz, 

Wasserbewirtschaftung und Modernisierung der Landwirtschaft im Mittelpunkt stehen.Die nachhaltige Energieversorgung durch die Nutzung der erneuerbaren Energien Wind und Sonne in den Ländern des nördlichen Afrikas aufzubauen, sollte zu einem wichtigen Anliegen der Europäischen Union werden, dies unter Einbeziehung der Wirtschaft und der Hochschulen. 

Da es in Afrika aufgrund der Besiedlung der Länder nicht sinnvoll erscheint, ein Energieversorgungssystem wie in Europa zu errichten, wäre es wirtschaftlich und ökologisch angebracht, auf die dezentrale Energieversorgung zu setzen. Mittels Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagenparks im GW-Bereich könnten diese Länder elektrische Energie erzeugen, um die Lebensqualität ihrer Bewohner zu erhöhen. Noch leben 55 Prozent der Bevölkerung Nordafrikas in ländlichen Gebieten ohne Strom und fließendes Wasser. Gleichzeitig entwickeln diese Staaten eine unglaubliche wirtschaftliche Dynamik u.a. der aufblühende Tourismus führt zu einem ständig wachsenden Energieverbrauch. Durch die Eigenerzeugung elektrischer Energie in dezentralen Erzeugungsanlagen schaffen die Länder im nördlichen Afrika den wirtschaftlichen Aufschwung, welcher Konsequenzen auf die anliegende Sahelzone haben wird. 

Wenn die durch in Barcelona eingeläutete wirtschaftliche Zusammenarbeit Früchte tragen soll, dann würde es Sinn machen, technisch ist es möglich, den Überschuss an elektrischer Energie nach Europa zu leiten. Die dezentrale Stromerzeugung würde den dortigen Arbeitsmarkt beflügeln und die Schaffung unzähliger Arbeitsplätze bewirken. Außerdem kann man die Abwärme aus den küstennahen Parabolrinnen-Solarkraftwerken mit einer Leistung von 200 MW in angelagerten Meeresentsalzungsanlagen das dringend benötigte Trinkwasser gewinnen und dieses großflächig verteilen. Die Landwirtschaft wäre de große Nutznießer dieser Aktivitäten. Aufgrund der thermischen Speicherung der Solarenergie könnte auch elektrische Energie während der Nacht erzeugt. werden.

Die elektrische Energie in die Europäische Union einspeisen 

Die elektrische Energie aus erneuerbaren Energien in Nordafrika gewinnen und in die Europäische Union exportieren, ist keineswegs Wunschdenken, vielmehr ein nachwirtschaftliches Unternehmen. Dabei kann auf die bereits bestehende Verbindung zwischen Spanien und Afrika, die 2.000 MW-Leitung zwischen Spanien und Afrika zurückgegriffen werden. Die durchschnittliche solare Globalstrahlung in Nordafrika beträgt etwa 2.500 kWh/m² jährlich, davon sind 375 kWh/m² technisch nutzbar, im Gegensatz zu 1.100 kWh/m², davon 185 kWh/m² technisch nutzbar in unseren Gegenden. Zusätzlich bieten Tausende von km an der Westküste ideale Verhältnisse zum Bau von Windenergieanlagen, wehen doch an den Küsten Marokkos und Mauretaniens die konstanten Passatwinde 1).

Da die Drehstromtechnik wegen der Distanzen aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr benutzt werden kann, muss auf die Hochspannungsgleichstromübertragung HGÜ zurückgegriffen werden. Diese 500 kV-Gleichspannungsleitungen weisen nur drei bis fünf Prozent Energieverlust pro 1.000 Kilometer auf. Durch den Bau des Hochspannungsversorgungsnetzes rund um das Mittelmeer, dem sogenannten „Mare Nostrum“ kann die überschüssige elektrische Energie nach Europa gebracht werden, unsere Energieversorgung würde nachhaltiger werden. 

Dieses Netz mit einer Übertragungskapazität im Bereich von einigen GW elektrische Leistung würde auch den innereuropäischen Stromaustausch erhöhen, könnte außerdem die Funktion übernehmen, die stark schwankenden Einspeiseleistungen der Windenergie, insbesondere die off-shore Windparks, aus allen Gegenden auszugleichen und die Spitzenlastkraftwerke einbeziehen. Sicher bedarf es noch viel Forschung auf diesem Gebiet, die Universität Kassel mit ihrem angelagerten Forschungslabor „iset“ ist auf diesem zukunftsträchtigen Gebiet bereits tätig 2). 

Insbesondere das Element „Clean Development Mechanism“ aus dem Kyoto-Protokoll könnte voll zum Tragen kommen, da auf diese Weise Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union gegengerechnet werden könnten. Die stabilisierenden Auswirkungen auf das Klima sowie die sozioökonomischen und technologischen Impulse für die beteiligten Länder in Afrika und in Europa, geben der Nutzung der Solarenergie und der Windkraft eine neue Bedeutung. 3) 

Die Klimapolitik wird vom Erfolg gekrönt werden, wenn wir sie als eine Entwicklungsaufgabe verstehen. Nord und Süd werden ihre Entwicklungsinteressen abstimmen müssen und wir werden unsere konkrete Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels in Afrika anbieten müssen, daran führt kein Weg vorbei, denn Wegschauen ist die falsche Lösung.

Quellennachweis
1) http://www.power4africa.de/energie.
2) Universität Kassel iset Dr.-Ing. Dipl.-Phys. Gregor Czisch
3) http://www.desertec.org/de

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Bild zeigt eine mögliche Infrastruktur für die nachhaltige grenzüberschreitende Versorung an elektrischer Energie „Mare Nostrum“