Von echten und vermeintlichen Prioritäten

Wenn man (fast) allen Parteien und den meisten Presseorganen folgt, so haben die Luxemburger scheinbar nur ein Problem, eine große Sorge: die so genannte „Gesellschaftspolitik“, bei der es außer der CSV natürlich nur „ fortschrittliche“ Kräfte gebe. CSV Präsident François Biltgen im Profil

 Wichtigstes Anliegen einer solchen Politik sei es, den Religionsunterricht aus der Schule und generell alles Religiöse in die Privatatmosphäre zu verbannen.

Die CSV, die als einzige Partei auch zwischen den Wahlgängen regelmäßig den Dialog mit den Bürgern sucht (siehe „CSV on tour“) hat vielmehr den Eindruck, dass für die Luxemburger sozialpolitische Themen im Vordergrund stehen

Welches sind meine Chancen und die meiner Kinder auf einen Arbeitsplatz bei permanenter Arbeitslosigkeit trotz steigender Beschäftigungszahl? 

Warum verlassen so viele Kinder unsere Schule ohne Diplom und somit ohne reelle Zukunftsperspektiven auf dem Arbeitsplatz? 

Hat man heute noch die Aussicht auf eine Eigentumswohnung, wenn man selbst bzw. seine Eltern keine Baulandbesitzer sind? 

Wie kann man mit kleinen bis mittleren Einkommen seinen Kindern eine Zukunft bieten? 

Die Regierung geht diese Fragen offensiv an, mit dem „Pacte logement”, mit Schulreformen, mit arbeitsmarktpolitischen Reformen, mit der von Jean-Claude Juncker jüngst angekündigten familienpolitischen Ausgleichszulage, usw. 

Das sind die Prioritäten wie sie auch die Bürger sehen. Natürlich sind diese Reformen umstritten, da ehrgeizig. Und so wird flugs versucht, auf Nebenschauplätze abzudriften. 

Dieser ach so einladende Nebenschauplatz scheint nunmehr die Debatte über den Werteunterricht zu sein. Werteunterricht in der Schule liegt vielen Bürgern am Herzen. Toleranz, Verantwortungsgefühl, Solidarität werden leider nicht immer in der Praxis gelebt. 

Diese Werte werden heute sowohl im katholischen Religionsunterricht, der schon lange kein Katechismusunterricht mehr ist, als in der staatlichen Moral- und Sozialerziehung angeboten. Außerdem hat die CS V mit dem Koalitionspartner abgemacht im „Neie Lycée“ ein Pilotprojekt einzuführen, das einen gemeinsamen Werteunterricht anbietet, in dem die Religionen – auch der Islam – zu Wort kommen, genau wie die laizistische Weltanschauung. Denn die Religionen gehören in den Schulunterricht, wenn ihre integrative und nicht ihre spaltende Kraft genutzt werden soll. Dieses Pilotprojekt soll laut Gesetz nach fünf Jahren evaluiert werden. Warum vor den Wagen laufen? 

Doch es scheint, der versammelten Opposition, angeführt von den Kirchenhassern der ADR nicht um den Werteunterricht an sich, sondern viel mehr um die Verbannung des Religionsunterrichts aus der Schule zu gehen. Oder geht es sogar nur um kleinkarierte parteipolitische Spielchen. Wie bringe ich Streit in die LSAP? Naja dann. 

Für die CSV bleibt es dabei: „Politik ass kee Spill.

François Biltgen, Parteipräsident